Flexibilität – also die Fähigkeit, schnell auf neue Situationen zu reagieren und sich entsprechend anzupassen – gehört zu den klassischen Soft Skills, die mittlerweile in keiner Stellenausschreibung mehr fehlen dürfen. Flexibel sein bedeutet, schnell zu agieren, spontane Richtungswechsel einzulegen und universell einsetzbar zu sein. Die Eigenschaft gilt als wichtige Voraussetzung für beruflichen Erfolg und wird daher von nahezu jedem angestrebt. So weit, so gut – doch was, wenn aus der allseits gefeierten Flexibilität plötzlich Anpassungszwang wird.

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Inhalt
1. Flexible Arbeitsbedingungen verlangen nach flexiblen Mitarbeitern
2. Was versteht man unter Anpassungszwang?
3. Was ist so schlimm am Anpassungszwang?
4. Warum neigen wir zum Anpassungszwang?
5. So schützt du dich vor dem Anpassungszwang

Flexible Arbeitsbedingungen verlangen nach flexiblen Mitarbeitern

Wenn man so will, gehört Flexibilität mittlerweile zum guten Ton in der Arbeitswelt. Unzählige Entwicklungen des beruflichen Alltags bieten dem Arbeitnehmer nicht nur Flexibilität – sie fordern sie auch von ihm. Wer von den verschiedenen Ausprägungen der New Work profitieren will, muss sich auf die Veränderungen einlassen und bereit sein, alte Verhaltensmuster abzulegen. Du ahnst es vielleicht schon: Diese Entwicklung kann nicht ausschließlich positiv bewertet werden.

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Das wohl größte Problem: Indem wir ständig darauf vorbereitet sind, uns auf neue Situationen einzustellen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren, entsteht früher oder später ein Gefühl permanenter Überforderung. Weitaus schonender ist es, sich auf gewisse Konstanten im Arbeitsalltag verlassen zu können und diese als eine Art „Insel der Entspannung“ zu betrachten.

Ein weiteres Resultat der wachsenden Bedeutung der Flexibilität ist, dass immer mehr Arbeitnehmer einem gewissen Anpassungszwang verfallen. Sie wollen es ihrem Arbeitgeber um jeden Preis recht machen und lassen dabei außer Acht, dass unentwegtes Ja-Sagen nichts mit flexibel sein zu tun hat.

Was versteht man unter Anpassungszwang?

Flexibilität ist gut – solang man selbst sein Rückgrat bewahrt und auch mal auf der eigenen Meinung beharrt. Wie gerade schon erwähnt, bedeutet es nicht, zu allem „ja“ und „amen“ zu sagen und sich immer den Vorstellungen anderer zu beugen. Wer dies ausschließlich tut, um sich beispielsweise mit dem Chef gut zu stellen oder nicht negativ aufzufallen, der neigt mit großer Wahrscheinlichkeit zum sogenannten Anpassungszwang.

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Hierunter versteht man das stark ausgeprägte Bedürfnis, es immer allen recht machen zu wollen und somit in einem möglichst guten Licht dazustehen. Anpassungszwang entsteht häufig dann, wenn die Forderung nach (mehr) Flexibilität ein bisschen zu ernst genommen wird.

Was ist so schlimm am Anpassungszwang?

Davon abgesehen, dass allein das Wort „Anpassungszwang“ schon wenig schmeichelhaft klingt, sei vor allem auf die folgenden Probleme verwiesen:

  • Verlust der eigenen Meinung: Dein Chef plant ein neues Projekt, das deiner Meinung nach ein riesiger Reinfall wird. Um dennoch weiterhin in seiner Gunst zu stehen, gibst du dich dem Anpassungszwang hin und bejahst all seine Vorschläge. Deine persönliche Meinung bleibt dabei natürlich auf der Strecke – genauso wie dein Rückgrat.
  • Verlust der Glaubwürdigkeit / Authentizität: Wer immer nur „ja“ sagt, wird früher oder später damit zu kämpfen haben, weniger glaubwürdig beziehungsweise authentisch zu sein. Im weiteren Verlauf deiner Karriere könnte dir das noch zum Verhängnis werden.
  • Verlust der Individualität: Wer immer dem Zwang nachgibt, sich der breiten Masse anzupassen, wird früher oder später in dieser untergehen. Wer flexibel ist, passt sich zwar an, achtet aber dennoch auch darauf, als Individuum wahrgenommen zu werden. Hierin findet sich ein ganz entscheidender Unterschied zwischen Flexibilität und Anpassungszwang.

Unterm Strich kann gesagt werden, dass Anpassung in ihrer extremsten Form alles andere als beliebt ist in der Arbeitswelt. Ja-Sager, Mit-dem-Strom-Schwimmer und A***h-Kriecher gelten als schwach, wenig kompetent und erst recht nicht in der Lage, eine leitende Position zu übernehmen. Hieraus resultiert demnach die Erkenntnis, dass Anpassungszwang aktiv an der Torpedierung deiner Karriere beteiligt sein kann. Aus der anfänglich geforderten weichen Fähigkeit Flexibilität kann also unter Umständen ein echter Stolperstein werden.

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Warum neigen wir zum Anpassungszwang?

Der Mensch ist ein Rudeltier, das sich in der Gruppe am wohlsten und auch am sichersten fühlt. Um Mitglied einer Gruppe zu werden, passen wir uns dieser (unbewusst oder bewusst) an. Bis zu einem gewissen Punkt ist das auch überhaupt nicht schlimm und absolut natürlich. Bedenklich wird es erst, wenn aus dem Wunsch der Anpassung ein Zwang wird – beispielsweise aus Angst, ausgegrenzt oder verstoßen zu werden. Dieses Phänomen kann nicht nur im Privatleben, sondern auch in der Arbeitswelt beobachtet werden.

Außerdem kann gesagt werden, dass ein angepasster Weg häufig auch einfach der Weg des geringsten Widerstandes ist. Indem wir mit dem Strom schwimmen, können wir uns mehr oder weniger treiben lassen. Ganz anders würde es sich verhalten, wenn wir ganz bewusst unsere Andersartigkeit betonen – beispielsweise indem wir auf unsere Meinung beharren und nicht immer zu allem „ja“ sagen, um als möglichst flexibel eingestuft zu werden. In diesem Fall kann der Anpassungszwang schlicht und ergreifend auch mit Faulheit gleichgesetzt werden. Jemand, der sich zwanghaft anpasst, ist zu faul, sich als Individuum zu positionieren.

So schützt du dich vor dem Anpassungszwang

Flexibilität ist hervorragend – solang die Individualität nicht darunter leidet. Wenn du in berufliche Situationen gerätst, in denen es darum geht, sich anzupassen, solltest du stets darauf achten, trotzdem weiterhin du selbst zu sein. Höre in dich hinein und achte auf eventuelle Warnsignale. Ist es wirklich das, was du willst? Kannst du damit leben, deine eigene Meinung zu einem bestimmten Thema immer wieder herunterzuschlucken? Anpassungszwang entsteht, wenn du dich selbst und die aktuelle Situation nicht mehr reflektierst, sondern alles an unveränderlich hinnimmst. Das darf auf keinen Fall passieren.

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Trotz des immer flexibler werdenden Arbeitsmarktes hast du weiterhin ein Recht darauf, Rückgrat zu beweisen, authentisch zu sein und auch einmal „nein“ zu sagen. Das bedeutet nämlich nicht automatisch, dass du nicht flexibel – oder noch schlimmer – nicht für einen bestimmten Job geeignet bist.

Du hast eine Anmerkung zu diesem Thema? Gern kannst du uns dazu einen Kommentar hinterlassen.

Bildnachweis: Pretty Vectors/Shutterstock.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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