Wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben geht, streben viele Arbeitnehmer die sogenannte Work-Life-Balance an. Gemeint ist ein harmonisches Gleichgewicht beider Pole, die in friedlicher Koexistenz zueinander leben. Was in der Theorie ziemlich gut klingt, erweist sich in der Praxis häufig als sehr kompliziert. Nicht selten steht die Work-Life-Balance auch in der Kritik. Der (allgemein formulierte) Grund hierfür: Arbeit und (Privat-)Leben können mittlerweile nicht mehr klar voneinander getrennt werden. Immer mehr Menschen sprechen sich daher für die Work-Life-Integration aus.

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Inhalt
1. Von der Work-Life-Balance zur Integration
2. Schluss mit Schuldgefühlen
3. Arbeitszeit und Freizeit effektiver nutzen
4. Work-Life-Integration in der Praxis
5. Die Auswirkungen der Work-Life-Integration
6. Arbeitgebern attraktive Anreize bieten

Von der Work-Life-Balance zur Integration

Was die Work-Life-Integration von der Work-Life-Balance unterscheidet, wird am deutlichsten, wenn man sich die beiden Begriffe „Balance“ und „Integration“ einmal genauer anschaut.

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Balance bedeutet, einen Ausgleich zu finden und beide Bereiche – also Work und Life – getrennt voneinander zu betrachten. Das Prinzip kann sehr gut verdeutlicht werden, indem man sich eine altmodische Waage mit zwei Gewichten vorstellt. Im besten Fall ergeben die Wichtigkeit von Arbeit und Privatleben ein Gleichgewicht.

Integration wiederum geht nicht von zwei getrennten Bereichen aus, sondern sieht vor, beide miteinander zu verbinden beziehungsweise zu vereinbaren. Es geht nicht darum, Arbeit auf der einen und das private Leben auf der anderen Seite zu haben, sondern eine integrative Verbindung herzustellen. Diese Ansicht entspricht der Philosophie immer mehr Menschen.

Fakt ist nämlich, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben mehr und mehr verschwimmen. Wir arbeiten im Home Office und sind dank Smartphone permanent erreichbar. Die Cloud ermöglicht es uns, auch nach Feierabend noch zu arbeiten – immerhin nutzen wir die Arbeitszeit auch, um private Mails zu checken und online zu shoppen. Wer selbstständig ist, kennt eh häufig keinen Unterschied zwischen Berufs- und Privatleben. Ob diese Entwicklung begrüßenswert oder eher bedenklich ist, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Es geht vielmehr darum, darauf hinzuweisen, dass der aktuelle Trend nach diversen Maßnahmen verlangt. Wenn die Bereiche Work und Life nicht mehr getrennt betrachtet werden können, gilt es, die Integration zu fördern.

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Schluss mit Schuldgefühlen

Jeder von uns hat schon mal mehrere Minuten (oder gar Stunden) während der Arbeitszeit auf Facebook, Instagram und Co. verbracht und mit schlechtem Gewissen gehofft, dass der Chef nichts mitbekommt. Auf der anderen Seite sind die schuldbewussten Blicke, die wir unseren Partnern zuwerfen, ehe wir das berufliche Email-Postfach während des Familienurlaubs aufrufen. Von welcher Seite man es auch betrachtet – die zunehmende Verschmelzung von Arbeit und Privatleben sorgt in vielen Fällen für Schuldgefühle.

Die Work-Life-Integration sieht vor, diese Gefühle zu beseitigen. Wer nach diesem Prinzip lebt und arbeitet, findet es vollkommen okay, Privates während der Arbeitszeit und Berufliches während der Freizeit zu erledigen. Dies zu akzeptieren ist der erste Schritt hin zu gelebter Work-Life-Integration.

Arbeitszeit und Freizeit effektiver nutzen

Ein anderes Problem, auf das die Work-Life-Integration eingeht, ist die Zeit, die wir im Büro mit Nichtstun verschwenden. Mal sind es mangelnde Aufgaben, mal ist es das Ziel, das schneller als gedacht erreicht wird, häufig ist es die pure Unterforderungen vom eigenen Job, die dazu führt, dass wir Däumchen drehend am Schreibtisch sitzen und darauf warten, dass der Feierabend kommt. Es muss nicht explizit erklärt werden, dass Effektivität definitiv anders aussieht.

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Wenn jedoch Arbeit und Privatleben in der Praxis integriert werden, spricht nichts dagegen, das Büro auch mal deutlich früher zu verlassen und die dadurch erlangte Zeit für private Dinge zu nutzen. Im Gegenzug sollte man jedoch auch bereit sein, die Zeit nach dem Feierabend hin und wieder für Berufliches zu opfern. Ziel ist es, seine Kapazitäten genau so einzusetzen, wie es am sinnvollsten ist und dadurch die 24 Stunden des Tages möglichst effektiv zu nutzen.

Work-Life-Integration in der Praxis

Damit die Work-Life-Integration auch wirklich funktioniert, sind natürlich ein paar Maßnahmen erforderlich. In erster Linie müssen sowohl Arbeitgeber als auch -nehmer bereit sein, Wege zu gehen, die nicht als normal oder traditionell bezeichnet werden können. Die Work-Life-Integration bringt nur dann den erwünschten Effekt mit sich, wenn man ihr gegenüber offen eingestellt ist und auch neue Möglichkeiten ausprobiert. In der Praxis handelt es sich hierbei zum Beispiel um:

  • flexible Arbeitszeiten: Wie weiter oben bereits beschrieben, ermöglichen es flexible Arbeitszeiten, das Büro zu verlassen, wenn nichts mehr zu tun ist beziehungsweise ein paar Stunden dran zu hängen, wenn das Projekt fertig werden muss. Das Credo der Work-Life-Integration lautet „Vertrauensarbeit statt Stechuhr“.
  • Home Office: Für viele ist Home Office die Maßnahme schlechthin, wenn es um Work-Life-Integration geht. Tatsächlich lassen sich Arbeit und Privatleben hierdurch ausgezeichnet miteinander verknüpfen.
  • Telearbeit: Telearbeit ermöglicht das Arbeiten außerhalb des Büros. Anders als Home Office wird es häufig als dauerhafte Lösung eingesetzt. Mehr zum Thema Telearbeit liest du in diesem Beitrag von meiner Kollegin Mirijam Franke.
  • Rückzugsorte im Unternehmen: Immer häufiger bieten Unternehmen ihren Mitarbeitern verschiedene Rückzugsmöglichkeiten an. Einige Arbeitgeber haben sogar Schlafräume im Angebot.
  • Gesundheitsangebote: Yoga am Arbeitsplatz? Eine kurze Meditation zwischen den beiden Meetings? In immer mehr Firmen ist das keine Zukunftsmelodie mehr, sondern gelebte Realität. Auch hier können Ansätze der Work-Life-Integration erkannt werden.
  • Kinderbetreuung: Betriebskindergärten sind sicher keine Neuerfindung der Work-Life-Integration, müssen in diesem Zusammenhang jedoch definitiv genannt werden. Sie sorgen dafür, dass Eltern trotz des Nachwuchs ihrer Arbeit nachgehen und im Notfall schnell reagieren können. Für Selbstständige gibt es beispielsweise Angebote in Form von familienfreundlichen CoWorking Spaces.
  • Jobsharing: In Teilzeit arbeiten und dennoch eine anspruchs- und verantwortungsvolle Führungsposition innehaben? Für viele klingt das nach einem großen Widerspruch. Das Arbeitszeitmodell Jobsharing macht es möglich und fördert die Work-Life-Integration.

Die Auswirkungen der Work-Life-Integration

Geht es um das Thema Work-Life-Integration, fürchten viele Menschen, dass es bald gar keinen Unterschied mehr zwischen Arbeit und Privatleben gibt. Oder anders ausgedrückt: Man hat nie Feierabend und ist immer bereit, eine Aufgabe für den Vorgesetzten zu erledigen.

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Das ist selbstverständlich nicht das Ziel der Work-Life-Integration. Es geht nicht darum, das Stresslevel in die Höhe zu treiben, sondern es zu senken – indem man die beiden Bereiche, die unser Leben maßgeblich beeinflussen, auf „natürliche“ Weise miteinander vereint.

Gelebte Work-Life-Integration sorgt dafür, dass

  • du deine Zeit effektiver nutzet
  • du weniger Stress hast
  • du weniger Schuldgefühle hast
  • du gesünder lebst
  • du wieder mehr Freude am Arbeiten hast
  • du gern über deine Arbeit und deinen Arbeitgeber redest
  • du nicht immer 40 Stunden pro Woche arbeiten musst und dennoch dein Ziel erreichst
  • du langfristig motiviert bist
  • du (wieder) mehr Leistungsbereitschaft zeigst

Arbeitnehmern attraktive Anreize bieten

Als es hier vor einigen Monaten um die Generation Y ging, wurde unter anderem deren neuer Anspruch an die Arbeitswelt thematisiert. Kurz zusammengefasst: Den sogenannten Millennials reicht es nicht, „nur“ Geld zu verdienen. Sie wollen von ihrem Arbeitgeber verschiedene Anreize, die wiederum einer Work-Life-Integration dienlich sind. Da es sich bei der Generation Y um die qualifizierten Arbeitskräfte von morgen handelt, ist es durchaus sinnvoll, wenn Unternehmen die Anforderungen ernst nehmen und auch entsprechend reagieren. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass sich genügend Young Professionals für eine Anstellung interessieren.

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Wie lautet deine Meinung zur Work-Life-Balance? Ist es ein Schritt in die richtige Richtung oder müssen Arbeit und Privatleben aus deiner Sicht strikt getrennt werden? Wir freuen uns auf eine angeregte Diskussion.

Bildnachweis: Black Salmon/Shutterstock.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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