Sollte man sich in chaotischen Krisenzeiten von einem unsicheren oder toxischen Arbeitsplatz verabschieden und kündigen? Oder tapfer durchhalten?

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Milliardär und Unternehmer Elon Musk sorgte jüngst mit einem sogenannten „Hardcore“-Ultimatum, welches er Beschäftigten seines Unternehmens Twitter stellte, für Schlagzeilen:

Entweder sollten die Mitarbeiter extremen Arbeitseifer zeigen. Oder sie sollten gehen.

Daraufhin sollen Hunderte von Beschäftigten das Weite gesucht haben. Denn „extrem hardcore“ zu arbeiten – das ist zugegebenermaßen nichts, was sich mit einer gesunden Work-Life-Balance vereinen lässt. Und auch zum Trend des Quiet Quittings, dem Arbeitnehmer sich in letzter Zeit immer mehr angeschlossen haben, passt die geforderte Arbeitsmoral nicht.

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Welche Forderungen dein Arbeitgeber auch stellen mag: Wie entscheidest du, ob es Zeit wird, den Job hinzuschmeißen – oder einfach durchzuhalten? Gerade in Krisenzeiten finden viele Umbrüche statt. Der Arbeitsmarkt zeigt zunehmend chaotische Züge. Auf der einen Seite sehen wir Entlassungen und Einsparungen statt. Auf der anderen Seite entsteht gerade ein Arbeitnehmermarkt, weshalb Fachkräfte und Beschäftigte einige Vorzüge genießen und sie in eine bessere Verhandlungsposition bringen.

Du kämpfst mit deiner Entscheidung? Hier kommt Hilfe

Möglicherweise befindest auch du dich gerade (wie viele andere Beschäftigte) in einem Kampf mit dir selbst: „Kündigung einreichen? Gehen? Bleiben?“ Auch wenn es gerade schwierig auf der Arbeit ist, du frustriert bist oder eine Situation dich nervt: Es gibt gute Gründe, dennoch weiter durchzuhalten und sich trotz Struggles an die guten Seiten des Arbeitsplatzes zu erinnern. Aber auch genügend eindeutige Argumente, die gegen den Job und das Unternehmen sprechen. Heute sind viele Beschäftigte bereit, sich nach neuen Möglichkeiten am Arbeitsmarkt umzuschauen, denn die Optionen nehmen stetig zu. Hier kommt eine Entscheidungshilfe für dich.

Pro-Argumente: „Ich bleibe und halte weiter durch!“

#1: Sicherheit wird wichtiger

Du bist sattelfest und sicher in deinem derzeitigen Job und das Unternehmen, für das du arbeitest, bietet Stabilität – auch wenn du wegen der aktuell unsicheren Zeiten vielleicht eine persönliche Krise durchlebst oder mit Ängsten kämpfst. Grundsätzlich bist du aber zufrieden. Das kann nicht jeder von sich behaupten: Viele deutsche Beschäftigte wünschen sich einen Jobwechsel, weil sie unzufrieden sind.

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Zudem mussten allen voran junge Unternehmen Personal entlassen, um zu sparen. Ein guter, sicherer Arbeitsplatz – den du vielleicht schon hast – ist gerade in unsicheren Krisenzeiten Gold wert. Halte an diesem fest, wenn du dir Sicherheit und Beständigkeit wünschst und überzeugt bist, dass du beides schon bekommst.

#2: Work-Life-Balance, Lob und Wertschätzung sind für deine Vorgesetzten keine Fremdwörter

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Erholungszeiten, Gesundheitsangebote und ein wertschätzendes Miteinander werden am Arbeitsplatz – aus Arbeitnehmersicht – immer wichtiger. Dennoch gibt es genügend Negativbeispiele, die beweisen, dass einige Führungskräfte die New-Work-Kultur nicht annehmen können. Wenn dein Boss nicht zu diesen Negativbeispielen zählt, kannst du dich glücklich schätzen – denn so hast du einige gute Argumente, um zu bleiben, auch wenn chaotische Zeiten die Atmosphäre etwas aufwirbeln.

Contra-Argumente: „Ich schmeiße hin!“

1#: Dein Arbeitsplatz ist toxisch, aber du hältst an ihm fest

Extremer Leistungsdruck, viel Kritik, Überstunden en masse: Wenn das dein realer Alltag ist, bist du definitiv nicht mehr dort, wo du sein willst. Ein toxischer Arbeitsplatz ist für viele deutsche Beschäftigte heute ein wichtiger Grund, um hinzuschmeißen.

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Auch wenn du dir fest vorgenommen hattest, es so lange wie möglich auszuhalten: Mache dir deine Grenzen bewusst. Mit der Hilfe des sogenannten „psychosocial safety climate“ haben australische Wissenschaftler mit der Hilfe von Forscherin Dr. Amy Zadow von der University of South Australia herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen schlechter Führungskultur, den jeweiligen Werten des Unternehmens und einer schlechten mentalen Gesundheit von Arbeitnehmern gibt.

Zadow betont beispielsweise, dass unangemessene Anforderungen – denken wir hierbei an das Hardcore-Ultimatum von Elon Musk – dazu führen können, dass sich für Beschäftigte ein höheres Depressionsrisiko ergibt. Dabei ist deine mentale Gesundheit ein wichtiges Fundament für Zufriedenheit und Produktivität. Bröckelt das Fundament, wird es Zeit, sich nach gesünderen Alternativen umzuschauen.

#2: Der temporäre Stillstand wird zum Dauerzustand

Am Anfang dachtest du: „Es ist nur eine Phase.“ Mittlerweile ist aus dem Gefühl, im Job einfach nicht mehr vom Fleck zu kommen, ein Dauerzustand geworden. Wenn dein Leidensdruck sich erhöht hat und es keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten – etwa mit der Hilfe von Job-Rotation oder durch die Übernahme von wichtigen Projekten – gibt, steckst du definitiv fest. Es fällt dir schwer, diesen Zustand weiter aufrechtzuerhalten.

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Das musst du auch nicht mehr. Stillstand sollte immer eine Phase sein, und wenn sie es nicht mehr ist, wird es Zeit, sich Gedanken über Alternativen zu machen. Schaue dich nach neuen Herausforderungen um.

#3: Du wirst nicht fair vergütet – und eine Gehaltsverhandlung ist aussichtslos

Geld spielt für die meisten Arbeitnehmer eine bedeutende oder gar die wichtigste Rolle, weil eine zu niedrige Vergütung oft als Top-Wechselgrund angegeben wird. Das ist auch nicht verkehrt: Auch die Höhe von Lohn und Gehalt demonstrieren, ob Beschäftigte von ihren Arbeitgebern wertgeschätzt werden. Zwar ist es meist in vielen Unternehmen noch immer ein „Tabu“, über Geld zu sprechen. Und diese Kultur hat sich über Jahre etabliert. Dennoch kann die bewusste Auseinandersetzung mit diesem Thema dir dabei helfen, deinen Marktwert besser einzuschätzen, für dich einzustehen und das zu fordern, was dir zusteht. Solltest du keine realistischen Chancen haben, dass dein Arbeitgeber wirklich darauf eingeht, ist das ein legitimer Grund, um den aktuellen Job hinzuschmeißen.

Wäge gut ab: Ist eine Kündigung tragbar?

Ein guter Grund, um doch zu bleiben, ist für Beschäftigte oft der Gedanke, dass es sich lediglich um eine „chaotische Phase“ handelt, die vorübergeht – nicht aber um einen Arbeitgeber, der nicht transparent genug kommuniziert, ob es Entlassungen geben wird oder Kollegen, welche die Atmosphäre vergiften. Wäge vor deiner Entscheidung ab, ob es sich wirklich um eine Phase handelt und ob du dir eine Kündigung „leisten“ kannst. Grundsätzlich: Arbeitnehmer haben heute bessere Jobchance denn je. Viele Stellen stehen offen und auch Jobs für Quereinsteiger sind eine Art eigener Markt geworden.

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Falsche Tapferkeit musst du jedenfalls nicht beweisen. Wenn es nicht mehr geht und du deine Grenzen erreicht hast, ist das ein guter Grund, hinzuschmeißen. Überlege dir, ob zum Beispiel eine Bewerbung aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus Sinn ergibt. Denn so sicherst du dir vielleicht schon einen neuen Posten, bevor du deine Kündigung einreichst. Das schafft Gewissheit und nimmt dir die Sorge um deine berufliche Zukunft.

Unser Zusatztipp für dich

Sollte deinen Überlegungen ein grundsätzliches Problem zugrunde liegen, welches du beispielsweise mit Autoritätspersonen oder in sozialen Situationen hast, ist es nicht immer sinnvoll, über einen Jobwechsel nachzudenken. Denn so schleppst du das Problem von Arbeitgeber zu Arbeitgeber mit – ohne es für dich zu lösen.

Eine Verschleppung solltest du vermeiden, um die berufliche Sackgasse endgültig zu verlassen. Zwar hängt deine Arbeitszufriedenheit auch vom Arbeitgeber ab. Viele Konflikte tragen wir aber auch in uns, die es zu lösen gilt, um unsere Zufriedenheit zu erhöhen. Ob Kommunikation, Teamarbeit oder das Auftreten vor größeren Gruppen: Trainiere deine Skills, um dich sicherer und auch zufriedener zu fühlen. Je selbstsicherer du dich fühlst, desto weniger hängt deine Zufriedenheit von äußeren Umständen ab, zu denen oft Stressoren am Arbeitsplatz gehören.

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Bild: Rowan Jordan/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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