Unternehmenswerte werden zum Dealbreaker: Gen Z und Young Professionals wechseln lieber den Job, als sich den dürftigen Werten einiger Arbeitgeber zu fügen.

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Generation Z: Fast alle zeigen hohe Wechselbereitschaft

Die Zahlen sind eindeutig, die Prognosen treffen immer wieder ins Schwarze: Laut Gallup möchten nur 55 Prozent der deutschen Berufstätigen in den nächsten 12 Monaten bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber bleiben. Fast die Hälfte zeigt sich wechselbereit und will frische Perspektiven ausloten. Es ist schier unmöglich, die hohe Wechselbereitschaft der deutschen Arbeitnehmer zu ignorieren.

Unter den Wechselbereiten tummeln sich viele junge Leute. Dealbreaker könnten hier die Unternehmenswerte sein. Einer LinkedIn-Umfrage nach, auf die sich CNBC bezieht, neige ein eindrucksvoller Großteil der Gen-Z-ler – insgesamt 87 Prozent – dazu, den aktuellen Job hinzuschmeißen, wenn sie stattdessen bei einem Arbeitgeber mit Wertvorstellungen landen, die kompatibler sind.

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Deshalb sind vor allem miese Unternehmenswerte ein Garant, um junge Nachwuchstalente gekonnt zu vertreiben. Das können zum Beispiel fehlende Integrität, eine Kultur der Schuldzuweisungen oder Intransparenz sein. Auch fehlende Fairness und wenig Wertschätzung führen zum Aus.

Moderne Unternehmen reagieren aktiv auf den Wandel

Insgesamt seien es fast 60 Prozent der Fachkräfte in Europa, die es sich nicht vorstellen könnten, für Arbeitgeber tätig zu sein, deren Werte sie selbst nicht repräsentieren könnten. Die Mehrheit möchte ihren eigenen Vorstellungen treu bleiben und lieber eine andere Stelle suchen, die mit ihren Werten im Einklang sind.

Eine gute Nachricht gibt es: Die Umfrage zeigt auch, dass immer mehr Unternehmen Stellen ausschreiben, welche ihre Unternehmenswerte berücksichtigen, damit Bewerber es einfacher haben, zuzusagen. Um ganze 154 Prozent seien Ausschreibungen dieser Art angestiegen. Der positive Effekt sei laut LinkedIn spürbar, denn die Unternehmen, die auf ihre Werte eingehen, erhalten im Vergleich zu den vergangenen Jahren fast 50 Prozent mehr Bewerbungen.

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New Work: Werteorientierte Unternehmensführung und ihre Bedeutung

Eine vertrauensvolle Pflege der Kunden- und Geschäftsbeziehung, der Fokus auf Innovationskraft und Nachhaltigkeit, die Bildung von Mitarbeitern: Immaterielle Vermögenswerte werden wichtiger. Das bedeutet zugleich, dass Unternehmenswerte an Bedeutung gewinnen.

Werte verschaffen Orientierung, sind Basis jeden Handelns und verhelfen zu Entscheidungen. Unternehmenswerte haben deshalb die wichtige Funktion, ein starkes Fundament für Mitarbeiter zu bilden und auch die Außenwahrnehmung des Unternehmens zu formen. Gelebte Werte setzen Maßstäbe, die dazu verhelfen, die Unternehmensführung nach ihnen auszurichten.

Unternehmen mit starken Werten, die sich sozialen und ethischen Grundsätzen widmen, profitieren bereits. Sie gewinnen in einer brisanten Zeit Nachwuchstalente für sich, die heute häufig soziale Werte wie Nachhaltigkeit, Fairness und den Kampf gegen Ungerechtigkeit vertreten, während solche Unternehmen, die keine Veränderungsbereitschaft zeigen, sich weiterhin mit der Personalnot herumschlagen. Deshalb priorisieren immer mehr Unternehmen ihre Wertearbeit, die Einfluss auf die gesamte Unternehmenskultur nimmt.

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Stimmen die Werte nicht, ziehen entsprechende Arbeitgeber junge Talente weniger an, weil Deutschland wegen des Fachkräfte- und Personalmangels in großen Schritten auf einen Arbeitnehmermarkt zugesteuert ist, der Ansprüche hat.

Welche Unternehmenswerte sind jungen Menschen wichtig?

Es gibt kein Patentrezept, um jede einzelne Fachkraft und jeden Young Professional für sich zu gewinnen, denn Arbeitnehmer und ihre Bedürfnisse unterscheiden sich. Wohl aber gibt es eine Tendenz, die junge Menschen zeigen und die sich anhand der hohen Wechselbereitschaft belegen lässt. Vor allem folgende Werte gewinnen an Bedeutung:

1. Achtsamkeit, Gesundheit und Work-Life-Balance

Es mag sein, dass Post-Millennials und Millennials im Vergleich zu anderen Generationen „anders“ ticken, was ihr psychisches und körperliches Wohlbefinden angeht. Die Gen Y war es, die die Work-Life-Balance eingefordert hat. Dass Gesundheit und Achtsamkeit zu wichtigen Werten geworden sind, ist jedoch positiv zu bewerten. Auf Herzinfarkte und chronischen Stress können sie getrost verzichten. Denn Arbeit auf Kosten der Gesundheit kann nicht das sein, was Menschen sich als Leben vorstellen. Auch wenn es in vielen altbackenen Unternehmen immer noch der Praxisfall ist und in vielen Generationen über Jahre hinweg der Fall war – es wird Zeit für eine Neuausrichtung.

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2. Transparenz, Klarheit und Mitgestaltung

Entscheidungen hinter verschlossenen Türen, welche die Belegschaft ausschließen und ihnen nicht die Möglichkeit bieten, sie nachzuvollziehen, gehören einer überholten Unternehmenskultur an. Dass die Hierarchien flacher werden, sollte deshalb nicht nur Floskel bleiben. Es heißt nicht, Autorität abzusprechen, sondern Führungskultur „nachvollziehbar“ zu leben – transparenter, klarer und verständlicher.

3. Verantwortung statt Schuldkultur

„Ich habe mich vertan – und ich stehen dazu.“ Es wird wichtiger, einen transformativen Umgang mit den Themen Schuld und Verantwortung zu finden. Denn es ist kein Geheimnis, dass es in vielen Berufen und Branchen noch immer gängig ist, mit der Schuldsuche zu beginnen, um den Übeltäter ausfindig zu machen, anstatt auf Lösungssuche zu gehen und von gemeinsamen Learnings zu profitieren.

Lese-Tipp: Post-Mortem-Kultur: Fehlermanagement ohne Schuldvorwürfe

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4. Gemeinsame Mission statt Gewinnmaximierung

Hinter der Bezeichnung „gemeinsame Mission“ verbirgt sich ein großer Berg an Interpretationsmöglichkeiten. Gemeint ist aber der Wert, das große Ganze zu sehen – anstatt nur das kleine Bild, bei dem es um individualistische Bedürfnisse oder Gewinnmaximierung geht. Und das mag angesichts der Tendenz der heutigen Welt paradox klingen, denn wir leben in einer individualistischen Gesellschaft. Dennoch zeigen vor allem Gen-Z-ler ihre ausgeprägte soziale Ader und ihr Bewusstsein für soziale Themen in Bezug auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft.

Eine gemeinsame Mission ist deshalb vor allem sinnstiftend – und viele junge Menschen suchen nach Arbeit, die Sinnhaftigkeit in sich trägt, um nicht einfach nur einem „Job“ nachzugehen, sondern einem echten Beruf und einer echten Berufung.

5. Förderung, Innovation und persönliches Wachstum

Der Fokus auf dem immateriellen Wert „Bildung“ gewinnt an Bedeutung. Nicht alle Unternehmen kennen die Skills ihrer Mitarbeiter so gut, dass sie konkret auf sie eingehen könnten. Viele junge Talente zeigen sich jedoch offen, betreiben Jobhopping, möchten wachsen, sich verwirklichen, neugierig sein dürfen und lernen. Dabei in einer Position zu verharren, gehört oft nicht zum Plan. Unternehmen, die ihre Mitarbeiter individuell fördern, ihre Stärken kennen und sie zu schätzen wissen, machen Wachstum möglich.

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6. Akzeptanz und Wertschätzung

Ob in Pflegeberufen, in der sozialen Arbeit, im Handwerksjob oder im Büro: In vielen Branchen mangelt es an Anerkennung. Menschen sind Individuen mit unterschiedlich ausgeprägten Stärken und viele geben alles, um im Job die beste Leistung zu erbringen. Die Bewegung Quiet Quitting zeigt aber auch, dass junge Arbeitnehmer einen Gegenwert dafür fordern. Neben fairer Bezahlung, weniger Arbeitsüberlastung, Sinnhaftigkeit und Klarheit bestehen sie auf Akzeptanz und echte Wertschätzung für das, was sie sind – als Mensch und Arbeitnehmer – und für das, was sie tagtäglich leisten.

Gelebte Unternehmenswerte beeinflussen Image und Glaubwürdigkeit

Die Unternehmenswerte sollten im Übrigen nicht einfach nur im Stelleninserat als „Lückenfüller“ und Lockvogel dienen, sondern gelebt werden. Denn es gibt auch eine Kehrseite der Medaille: Wer Mitarbeiter und schließlich auch Kunden täuscht, indem versucht wird, die Außenwahrnehmung gezielt durch Schönrederei zu beeinflussen, muss sich auf einen Imageschaden des Unternehmens gefasst machen.

Werden Unternehmenswerte hingegen gelebt, gelingt damit die Steigerung der eigenen Glaubwürdigkeit. Das weckt Vertrauen, vermitteln Sicherheit und wirkt attraktiv auf Mitarbeiter und Bewerber – vor allem auf junge Nachwuchstalente der Gen Z, die sich nach einer höheren Kompatibilität in Sachen Wertvorstellung sehnen.

Bildnachweis: Foto von cottonbro studio/Pexels.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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