Viele Beschäftigte wissen nicht, dass sie für Fehler am Arbeitsplatz unter Umständen privat haften – sprich nicht über ihren Arbeitgeber. Damit dir das nicht passiert, haben wir die wichtigsten Informationen zum Thema zusammengetragen.

Privathaftung: Grundsatz „Jeder haftet für sich selbst“

Prinzipiell haftet in Deutschland jeder Mensch für sich selbst. Das bedeutet: Begehst du eine Straftat oder auch nur einen Fehler, der jedoch einen Dritten schädigt, musst du dafür die rechtlichen Konsequenzen tragen. Dennoch gibt es natürlich Ausnahmen von dieser Regel, zum Beispiel die Haftung der Erziehungsberechtigten für Minderjährige oder eben die Haftung des Arbeitgebers für seine Arbeitnehmer. Doch was hat es mit letzterem Punkt auf sich?

Haftet der Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer – oder nicht?

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass sie bei allen Tätigkeiten im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses automatisch über ihren Arbeitgeber versichert sind. Das bedeutet: Machst du einen Rechenfehler, der die Firma anschließend viel Geld kostet, musst du nicht selbst dafür aufkommen. Oder beschädigst du aus Versehen Ware, welche daraufhin zu spät beim Kunden ankommt und bei ihm einen Produktionsstillstand verursacht, zahlst nicht du die Entschädigung, sondern dein Arbeitgeber. Aber stimmt das eigentlich? Jein!

„§ 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.“
(Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

Das bedeutet: Für Sach-, Vermögens- und Personenschäden, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses entstehen und Kunden, Mitarbeiter, den Arbeitgeber oder sonstige Dritte schädigen, ist die Privathaftung des Beschäftigten stark eingeschränkt. Das liegt in erster Linie daran, dass die Schadenssumme häufig in keinem zumutbaren Verhältnis zum Verdienst des Arbeitnehmers steht. Einfach gesagt, sieht es das Gesetz also als ungerecht an, wenn ein Beschäftigter mit einem Bruttojahresverdienst von 60.000,- Euro eine Entschädigung für einen Produktionsstillstand in Höhe von 200.000,- Euro zahlen müsste (Anmerkung: Zahlen willkürlich gewählt). Also zahlt kurzerhand der Arbeitgeber? Ganz so einfach ist es leider doch nicht!

Wann haftet der Arbeitgeber…

Zwar ist die Privathaftung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis prinzipiell eingeschränkt, doch genießt er natürlich keine völlige Narrenfreiheit. Aus diesem Grund sind im Arbeitsvertrag die jeweiligen Rechte und Pflichten sowohl des Arbeitnehmers als auch des Arbeitgebers festgeschrieben. Erfüllt ein Arbeitnehmer diese Pflichten nicht (ausreichend), muss er dafür selbst geradestehen. Passiert der Fehler hingegen im Rahmen seiner vertraglichen Tätigkeit, geht die Haftung unter Umständen auf den Arbeitgeber über. Zur Vereinfachung wurden deshalb drei verschiedene Stufen der Fahrlässigkeit definiert:

  1. Leichte(ste) Fahrlässigkeit: Wenn ein Arbeitnehmer keine oder nur geringfügige Verletzungen an seinen Pflichten begangen hat, muss er dafür auch nicht haften. Sind dadurch Dritte zu Schaden gekommen, geht die Haftung auf den Arbeitgeber über. Als geringfügig gelten Fehler, Schäden o.ä., die im Rahmen der „normalen“ Ausübung seiner Tätigkeit theoretisch jedem Arbeitnehmer passieren könnten.
  2. Mittlere Fahrlässigkeit: Eine mittlere Fahrlässigkeit beschreibt ein Vergehen, welches zwar hätte vorhergesehen und verhindert werden können, das zugleich aber nicht als schwerwiegend und unentschuldbar einzustufen ist. Es bewegt sich also zwischen der leichten und der groben Fahrlässigkeit. Also haftet der Arbeitgeber bei mittlerer Fahrlässigkeit oder nicht? Die Antwort lautet: teilweise. Bei der mittleren Fahrlässigkeit wird die Haftung für alle entstandenen Schäden auf Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Diese Aufteilung ist allerdings anteilig und nicht mittig vorzunehmen – aber stets zugunsten des Arbeitnehmers.
  3. Grobe Fahrlässigkeit: Eine grobe Fahrlässigkeit bezeichnet ein Vergehen, welches mit „normalem Menschenverstand“ hätte vorhergesehen und verhindert werden können. Wenn der Arbeitnehmer also zum Beispiel betrunken in den Dienstwagen steigt, muss er für alle daraus resultierenden Schäden privat haften. Grob fahrlässige Pflichtverletzungen gelten als schwerwiegendes und unentschuldbares Vergehen gegenüber dem Arbeitgeber (und Dritten).
  4. Vorsatz: Wer vorsätzlich handelt, ein Vergehen also bewusst plant oder in Kauf nimmt, haftet dafür natürlich selbst. Der Arbeitgeber haftet bei einem vorsätzlichen Vergehen seines Arbeitnehmers nicht!

Handelt es sich um eine schwere Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz, kann der Arbeitgeber ihn zudem abmahnen oder unter Umständen (fristlos) kündigen.

…und wann der Arbeitnehmer privat?

Wie bereits erwähnt, greift die Privathaftung des Arbeitnehmers, wenn ihm eine mittlere bis grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz nachgewiesen werden kann. Er muss seine vertraglich vereinbarten Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber erfüllen – und zwar nicht nur die sogenannten „Hauptpflichten“, sondern auch die darin ausgewiesenen „Nebenpflichten“. Dazu können zum Beispiel gehören:

Verletzt der Arbeitnehmer seine Pflichten bewusst oder unbewusst über den Grad der leichten Fahrlässigkeit hinaus, muss er mit einer Privathaftung für alle daraus entstandenen Schäden rechnen. Allerdings obliegt die Beweispflicht für den Grad der Fahrlässigkeit dem Arbeitgeber.

㤠619a Beweislast bei Haftung des Arbeitnehmers
Abweichend von § 280 Abs. 1 hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden nur zu leisten, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat.“
(Quelle: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB))

Zusätzlich wird bei der Privathaftung des Arbeitnehmers aber nach dem Geschädigten unterschieden. Ist der Geschädigte

  • der Arbeitgeber selbst, haftet der Arbeitnehmer nur beschränkt, abhängig vom Grad der Fahrlässigkeit.
  • ein Dritter (zum Beispiel ein Kunde, haftet der Arbeitnehmer nur beschränkt, abhängig vom Grad der Fahrlässigkeit.
  • ein Arbeitskollege (Personenschaden), haftet der Arbeitnehmer prinzipiell nicht. In diesem Fall springt die Unfallversicherung ein. Handelt der Arbeitnehmer allerdings vorsätzlich oder grob fahrlässig, kann er gemäß § 110 SGB privat belangt werden.

„§ 110 Haftung gegenüber den Sozialversicherungsträgern
(1) Haben Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 beschränkt ist, den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt, haften sie den Sozialversicherungsträgern für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Statt der Rente kann der Kapitalwert gefordert werden. Das Verschulden braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.
(1a) Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, erstatten den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a des Vierten Buches bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.
(2) Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten.“
(Quelle: Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung)

Fazit: Arbeitnehmer sollten sich zusätzlich absichern

Als Arbeitnehmer solltest du dich deshalb unbedingt frühzeitig darüber informieren, ob eventuelle Schäden im Rahmen deiner beruflichen Tätigkeit in deiner Privathaftpflichtversicherung abgesichert sind. Ansonsten empfiehlt sich eine zusätzliche Berufs- und Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, wie sie für viele Berufe bereits Pflicht ist, zum Beispiel für Hebammen, Steuerberater oder Physiotherapeuten. Auch als Arbeitnehmer musst du nämlich trotz der Haftungseinschränkung damit rechnen, für Fehler und Vergehen rechtlich belangt zu werden. Und eine Privathaftung kann sehr teuer werden. Das Motto lautet deshalb: Lieber Vorsicht als Nachsicht!

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