Schulden stellen stets ein großes Risiko dar – so viel ist klar. Dennoch nehmen jedes Jahr viele Menschen in Deutschland einen Kredit auf, sei es für ein Eigenheim, für das neue Auto oder Möbel. Doch auch Schulden aufgrund ausstehender Miet- oder Unterhaltszahlungen oder schlicht unbezahlter Rechnungen sind leider alles andere als selten. Wer seine Schulden nicht zurückzahlen kann, muss unter Umständen mit einer Lohnpfändung rechnen.

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Definition Lohnpfändung

Es handelt sich hierbei um eine besondere Art der Zwangsvollstreckung, bei welcher zum Zwecke der Tilgung von Schulden direkt das Arbeitsentgelt des Schuldners angetastet wird. Eine solche Lohnpfändung kann dann vom Gläubiger veranlasst werden, wenn er zuvor erfolglos die Pfändung materieller Gegenstände aus dem Besitz des Schuldners versucht hat.

Bei der Lohnpfändung handelt es sich demnach um eine vollstreckbare Forderung (im Rechtsdeutsch: „vollstreckbarer Titel“), mit Hilfe derer sich ein Gläubiger sein Geld direkt vom Arbeitgeber des Schuldners holen kann.

Ein Teil des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers wird dann vom Arbeitgeber direkt an den Gläubiger ausgezahlt. Aufgabe des Arbeitgebers ist allerdings auch, die pfändbaren Anteile des Arbeitseinkommens zu ermitteln, damit dem Schuldner noch ein Existenzminimum bleibt. Der Lohn kann also niemals vollständig, sondern stets nur anteilig gepfändet werden. Für eine Lohnpfändung erwirkt der Gläubiger bei Gericht einen sogenannten „Pfändungs- beziehungsweise Überweisungsbeschluss“, der anschließend dem Arbeitgeber zugestellt wird.

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Warum kommt es zur Lohnpfändung?

Die Lohnpfändung gehört zu einer der häufigsten Arten der Zwangsvollstreckung in Deutschland. Dies liegt einerseits daran, dass viele Schuldner über nicht (ausreichend) materiellen Besitz verfügen, um ihre Schulden inklusive Zinsen tilgen zu können. Der Lohn beziehungsweise das Gehalt stellt hingegen einen regelmäßigen Zahlungseingang dar. Seine Höhe ist einfach festzustellen und Schulden können bei Bedarf über Monate oder sogar Jahre hinweg nach und nach abbezahlt werden. Dafür muss sich der Gläubiger nicht einmal mit dem Schuldner auseinandersetzen, sondern er macht seine gerichtlich erwirkten Ansprüche direkt beim Arbeitgeber geltend.

Allerdings ist das Gehalt natürlich nicht in voller Höhe pfändbar. Ansonsten bliebe dem Schuldner schließlich kein Geld mehr zum Leben, was Armut oder weitere Schulden bedeuten würde. Bei der Lohnpfändung gelten Freigrenzen, welche dem Schuldner ein Existenzminimum sichern sollen. Der Gläubiger kann daher nur eine Lohnpfändung beantragen beziehungsweise durchsetzen, wenn das Einkommen des Schuldners über der Pfändungsfreigrenze liegt. Selbiges gilt übrigens für Renten, Krankengeld oder Arbeitslosengeld.

Pfändungsfreigrenze: Welcher Lohnanteil ist pfändbar – und welcher nicht?

Diese Pfändungsfreigrenze entspricht, wie bereits erwähnt, dem Existenzminimum, welches der Schuldner benötigt, um den Lebensunterhalt für sich selbst sowie eventuell seine Familie bestreiten zu können. Die Pfändungsfreigrenzen sind in § 850c ZPO festgelegt und wurden zum 1. Juli 2022 wie folgt angepasst:

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Quelle: Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung

Ausnahme: Unpfändbares und bedingt pfändbares Einkommen

Unser Rechenbeispiel bezog sich bislang nur auf das reine Nettoarbeitseinkommen des Schuldners, sprich den regulären Lohn. Doch was ist eigentlich mit Sondervergütungen für Überstunden, Schicht- oder Feiertagsarbeit, dem Bezug von Witwenrente oder dem Weihnachtsgeld? Laut Gesetz wird zwischen voll pfändbaren, bedingt pfändbaren und unpfändbaren Einkommensanteilen unterschieden:

  • Voll pfändbar sind reguläre Löhne inklusive Sondervergütungen wie Schicht- oder Feiertagszuschläge, Essenszulagen oder geldwerte Vorteile.
  • Bedingt pfändbar sind hingegen Unterhalts-, Witwen- oder Waisenrenten, Zahlungen aus Hilfs- und Krankenkassen sowie Einkünfte aus Stiftungen. Diese dürfen unter Umständen dann gepfändet werden, wenn der pfändbare Einkommensanteil ansonsten nicht zur Tilgung der Schulden ausreicht.
  • Unpfändbar sind hingegen 50 Prozent der Überstundenvergütungen, Urlaubszulagen, Aufwandsentschädigungen, Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen, Weihnachtsgeld bis zu 500 Euro sowie Erziehungs-, Studien-, Heirats- und Geburtsbeihilfen, Sterbebezüge oder Blindenzulagen. Darüber hinaus sind seit Februar 2007 private Beiträge zur Altersvorsorge wie eine Riester-Rente vor Pfändung geschützt.

Tipps für Arbeitgeber: So gehst du bei der Lohnpfändung vor

Als Arbeitgeber kannst du die Auszahlung einer Lohnpfändung an den Gläubiger mit der vollstreckbaren Forderung nicht einfach verweigern. Sobald du einen sogenannten Pfändungs- oder Überweisungsbeschluss erhältst, wirst du rechtlich gesehen zum sogenannten Drittschuldner und bist fortan verpflichtet, den pfändbaren Teil des Einkommens eines Arbeitnehmers (Schuldner) an den Gläubiger auszuzahlen. Hierbei gehst du wie folgt vor:

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  1. Berechne den pfändbaren Einkommensanteil.
  2. Verlangt der Gläubiger von dir als Arbeitgeber eine sogenannte Drittschuldnererklärung, gibst du ihm Auskunft über mögliche weitere vorliegende Lohnpfändungen, zu erwartende Lohnzahlungen sowie bereits verpfändete Anteile des pfändbaren Einkommens des Schuldners.
  3. Du teilst dem Gläubiger also mit, ob er mit Zahlungen von dir rechnen kann, wann und in welcher Höhe.
  4. Suche bestenfalls auch das Vieraugengespräch mit deinem Mitarbeiter. Dieser wird zwar ebenfalls mittels Überweisungs- beziehungsweise Pfändungsbeschluss über die anstehende Lohnpfändung informiert, doch kann ein persönliches Gespräch Missverständnisse verhindern und das Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis verbessern.
  5. Bestehen mehrere vollstreckbare Forderungen für eine Lohnpfändung, sprich von verschiedenen Gläubigern, so gilt das Prinzip „First Come, First Served“! Ausschlaggebend ist hierbei das Datum des Eingangs des Pfändungs- beziehungsweise Überweisungsbeschlusses oder aber einer sogenannten Vorpfändung.

Ausnahme „Unterhaltspfändung“: Strengere Regeln und geringere Freibeträge

Die einzige Ausnahme des „First Come, First Served“-Prinzips stellt die Unterhaltspfändung dar. Zahlt ein Schuldner seinen Unterhalt für ein oder mehrere Kinder nicht, hat diese Lohnpfändung gegenüber anderen Gläubigern Vorrang. Bei der Unterhaltspfändung

  • müssen also andere Forderungen bei der Lohnpfändung zurückgestellt werden.
  • sind bis zu 75 Prozent der Überstundenzuschläge pfändbar.
  • erhältst du ein Schreiben, in welchem eindeutig festgesetzt ist, welcher Freibetrag dem Schuldner bleiben darf. Dieser liegt in der Regel unter der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze.

Schritt für Schritt: Wie läuft die Lohnpfändung ab?

Um rechtlich gültig zu sein, läuft das Verfahren einer Lohnpfändung stets in denselben zehn Schritten ab:

  1. Der Gläubiger erwirkt vor Gericht eine vollstreckbare Forderung über die Lohnpfändung.
  2. Bis dahin „reserviert“ er die Lohnpfändung gegebenenfalls mittels Vorpfändung.
  3. Daraufhin lässt er sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer den Überweisungs- beziehungsweise Pfändungsbeschluss in Schriftform zukommen.
  4. Der Arbeitgeber ist nun gesetzlich in der Pflicht, den pfändbaren Einkommensanteil fortan nicht mehr an den Arbeitnehmer, sondern direkt an dessen Gläubiger auszuzahlen.
  5. Kommt der Arbeitgeber dieser Forderung nicht nach, kann der Gläubiger sie gerichtlich geltend machen.
  6. Der Arbeitgeber hat zudem die Pflicht, den pfändbaren Anteil des Einkommens korrekt zu berechnen.
  7. Hierbei hat er den Vorrang bereits bestehender Pfändungen oder des Sonderfalls „Unterhaltspfändung“ zu berücksichtigen.
  8. Innerhalb einer 14-tägigen Frist muss der Arbeitgeber dem Gläubiger nun die sogenannte Drittschuldnererklärung zukommen lassen.
  9. Der Arbeitgeber kann (und sollte) sich die Lohnpfändungen schriftlich quittieren lassen.
  10. Im Falle einer Privatinsolvenz des Arbeitnehmers wird die Lohnpfändung ungültig und ist vom Arbeitgeber unmittelbar einzustellen.

Tipps für Arbeitnehmer: Lohnpfändung – und jetzt?

Für viele Arbeitnehmer stellt die Lohnpfändung erst einmal einen Schock dar. Sie fürchten, von dem Existenzminimum (Pfändungsfreigrenze) nicht mehr leben zu können. Diese Sorge ist in der Regel unbegründet. Wer einen Pfändungsbescheid erhält, sollte dennoch dringend eine professionelle Schuldnerberatung aufsuchen. Unter Umständen hast du nämlich die Möglichkeit, deine Pfändungsfreigrenze (nachträglich) anzuheben, wenn die finanzielle Belastung durch zusätzliche Krankheits- oder Werbungskosten zu groß wird oder die Lohnpfändung zu einer Sozialhilfebedürftigkeit führen würde.

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Ist eine Lohnpfändung ein Kündigungsgrund?

Übrigens ist eine Lohnpfändung generell kein (!) Kündigungsgrund. Nur bei zahlreichen Lohnpfändungen ist eine ordentliche Kündigung ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn dem Arbeitgeber dadurch ein so hoher Arbeitsaufwand entsteht, dass betriebliche Arbeitsabläufe erheblich gestört werden. Auch eine fristlose Kündigung kommt nur dann infrage, wenn der Arbeitnehmer eine besondere Vertrauensposition im Unternehmen innehat (zum Beispiel als Kassierer) und aufgrund seiner Schuldverhältnisse dafür nicht mehr als geeignet anzusehen ist.

Lese-Tipp:Gesetzliche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer & Arbeitgeber

Pfändungsfreigrenze anheben lassen: Wie funktioniert der Pfändungsschutzantrag?

Prinzipiell solltest du natürlich so viel Lohn pfänden lassen wie irgend möglich, um deine Schulden schnellstmöglich zu tilgen und die Zinsen gering zu halten. Reicht der Pfändungsfreibetrag allerdings nicht für deinen Lebensunterhalt aus, solltest du einen Antrag auf die Anhebung der Pfändungsfreigrenze stellen:

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  • Stelle schriftlich oder mündlich einen formlosen Antrag auf die Anhebung der Pfändungsfreigrenze beim Vollstreckungsgericht.
  • Auf diesem formlosen Pfändungsschutzantrag vermerkst du deine persönlichen Angaben sowie jene über deinen Arbeitgeber sowie den Gläubiger.
  • Der Antrag muss zudem das gerichtliche Geschäftszeichen enthalten.
  • Du musst also für jeden Lohnpfändungsbeschluss einen eigenen Antrag stellen.
  • Anschließend prüft das Vollstreckungsgericht deinen Pfändungsschutzantrag und holt sich gegebenenfalls weitere Informationen ein (Bescheinigung des sozialhilferechtlichen Existenzminimums).
  • Lege dem Pfändungsschutzantrag zudem einen Antrag auf die einstweilige Einstellung der Pfändung bei, damit bis zum endgültigen Beschluss keine weiteren Lohnpfändungen durch den Arbeitgeber vorgenommen werden (müssen).

Einen Antrag auf die Erstellung einer solchen Bescheinigung über dein sozialhilferechtliches Existenzminimum reichst du beim zuständigen Sozialamt ein. Wichtig ist allerdings, dass du dem Sachbearbeiter direkt erläuterst, ob du aufgrund der Lohnpfändung

  1. nur eine Bescheinigung für den Pfändungsschutzantrag benötigst oder
  2. in eine finanzielle Notlage geraten bist und du deshalb übergangsweise ALG II beantragen müssen.

P-Konto: Wie du aus deinem Girokonto ein Pfändungsschutzkonto machst

Zuletzt hast du als Arbeitnehmer auch noch die Möglichkeit, aus deinem Girokonto ein Pfändungsschutzkonto, das sogenannte „P-Konto“, zu machen. Dieses schützt dich vor einer (kompletten) Pfändung deines Kontos. Wenn du ein solches Pfändungsschutzkonto einrichten möchtest, holst du dir weitere Informationen bei deiner Bank ein und stellst den entsprechenden Antrag.

Achtung: In Deutschland ist pro Person nur ein Pfändungsschutzkonto erlaubt

Bildnachweis: jemastock/iStock.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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