Neugierde ist eine Eigenschaft, die in der Regel vor allem Kindern zugeschrieben wird und im Erwachsenenalter nicht selten als unhöflich abgetan wird. Dabei ist es gar nicht so gut, deinem Kind die Neugierde abzuerziehen. Wieso? Weil sie als wichtige Eigenschaft für ein erfolgreiches Berufsleben gilt.

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Definition: Was bedeutet es eigentlich, neugierig zu sein?

Die Neugier beziehungsweise Neugierde ist ein Zustand, in welchem ein Mensch besonders wissensdurstig ist, sprich großes Interesse für neue Informationen, neues Knowhow, neue Fähigkeiten o.ä. besitzt. Jeder Mensch befindet sich in der Regel hin und wieder in diesem neugierigen Zustand. Bei einigen ist die Neugierde jedoch als Charaktereigenschaft fest im Wesen verankert, während sie bei anderen nur hin und wieder zu Tage tritt. Zudem mag es die ein oder andere Person geben, welche Neugier gänzlich abgelegt hat oder sie bewusst unterdrückt. Aber wieso?

In unserer Gesellschaft ist die Neugier leider eher negativ behaftet. Sie gilt als kindliches, „unkontrolliertes“ Verhalten und wird mit negativen Redewendungen assoziiert, wie: Sich in fremde Angelegenheiten einmischen oder nach Dingen zu fragen, „die einen nichts angehen“. Laut Wikipedia wird die Neugier daher noch einmal in zwei verschiedene Komponenten unterteilt:

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  1. Neugier kann ein innerer Trieb sein, den Geist durch ständige Sensationen zu unterhalten. Solch neugierige – quasi „sensationsgeile“ – Menschen stochern dann gerne im Leben ihrer Mitmenschen herum, probieren sich in actionreichen neuen Hobbys oder versperren als Schaulustige bei Unfällen den Rettungskräften den Weg. Diese Art der Neugier ist vor allem emotional angetrieben und wird in unserer Gesellschaft als äußerst negativ abgestempelt.
  2. Anders verhält es sich bei der verstandesgemäß angetriebenen Neugier. Sie ist als Streben nach Informationen und Wissen anzusehen, ohne dabei emotionale (Mangel-) Bedürfnisse befriedigen zu müssen. Als Synonym wird daher häufig auch die „Wissbegierde“ genannt. Diese Art der Neugierde ist als positiv zu bewerten und kann zu einer wichtigen Schlüsselkompetenz für ein erfolgreiches Berufsleben werden.

Psychologie: Und am Anfang war die Neugierde…

William McDougall, geboren am 22. Juni 1871, war einer der ersten Psychologen, welcher sich intensiv mit der Erforschung von Instinkten beschäftigte – und damit auch der Neugier. Er fand heraus, dass die Neugier im Kleinkindalter bereits vor der Entdeckung des Sprachvermögens auftritt. Seine Schlussfolgerung lautete daher: Neugierde ist ein angeborener Instinkt und keine (!) erworbene Charaktereigenschaft.

Die Neugier ist bei der Geburt also in jedem Menschen fest verankert und wird später durch Erziehung, Gesellschaft und Kultur geprägt. In Deutschland gilt sie – wie bereits erwähnt – als „unerwünschte“ oder gar „unhöfliche“ Eigenschaft und wird den Kindern daher nicht selten im Kindes- oder Jugendalter aberzogen.

Eine Unterscheidung zwischen der beschriebenen positiven und negativen Neugier hingegen, findet nur in den seltensten Fällen statt. Während die Kontrolle der „emotional angetriebenen“ und als negativ angesehenen Neugier nämlich durchaus wünschenswert ist, wäre eine Förderung der „Wissbegierde“ bereits in frühem Alter sinnvoll. Doch keine Sorge: Da ein Instinkt niemals verloren geht, kannst du diesen auch im Erwachsenenalter wieder wecken. Aber wofür und vor allem: wie?

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Neugier und Motivation: Die Soft Skills von morgen?

Die Neugierde steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der (intrinsischen) Motivation eines Menschen. Sie wird daher nicht selten unter dem Namen Motivationsfähigkeit, Wissendurst oder Lernbegierde als einer der wichtigen Soft Skills gelistet.

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Auch William McDougall kam im Rahmen seiner Forschungen zu dem Ergebnis: Neugier ist die wichtigste Grundlage der Motivation. Und zwar handelt es sich hierbei um die sogenannte intrinsische Motivation.

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Diese intrinsische Motivation gilt als Grundlage aller kulturellen, intellektuellen und wissenschaftlichen Leistungen der Menschheit. Sprich: Der technologische Fortschritt, unser medizinisches Knowhow, sämtliche Forschung und vieles mehr – all das erreichte die Menschheit schlicht und ergreifend aufgrund ihrer angeborenen Neugier.

Gäbe es sie nicht, säßen wir wohl alle noch in Höhlen. Diese Neugier beziehungsweise intrinsische Motivation benötigt nicht einmal einen „Stimulus“ von außen. An dieser Stelle unterscheidet sie sich von der extrinsischen Motivation, welche stets aus einer zu erwartenden Bestrafung oder Belohnung resultiert. Am einfachsten lässt sich das an dem berühmten Beispiel vom störrischen Esel erklären: Nehmen wir an, du möchtest einen störrischen Esel dazu bringen, sich fortzubewegen. Er aber rührt sich nicht von der Stelle. Du hast nun zwei Möglichkeiten, ihn „anzutreiben“:

  1. Du kannst ihn von hinten treten beziehungsweise mit einem Stock schlagen, in der Hoffnung, dass er sich aus Schreck oder um weitere Schmerzen zu vermeiden in Bewegung setzt. Du agierst also mittels Bestrafung.
  2. Oder aber du hältst eine Möhre in seine Sichtweite, sodass er beginnt, sich auf die Belohnung zuzubewegen.

In beiden Fällen hast du gute Chancen, dass sich der Esel in Bewegung setzt. Allerdings resultiert seine Motivation aus einem Stimulus von außen, der Belohnung oder der Bestrafung. Versiegt dieser Antrieb – hörst du also mit dem Treten auf oder hat er die Möhre verspeist – so wird er wieder stehen bleiben und zum störrischen Esel.

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Bei der intrinsischen Motivation hingegen, schafft es der Mensch immer wieder, sich selbst „von innen heraus“ zu motivieren. Er benötigt keinen Stimulus von außen. Wer also auch im Erwachsenenalter – wie ein Kind – noch „intrinsisch neugierig“ ist, sprich motiviert, neue Dinge zu entdecken, sich Wissen anzueignen und sich weiterzuentwickeln, ist meist nicht nur zufriedener im Berufsleben, sondern auch erfolgreicher.

Was hat intrinsische Motivation mit Karriere zu tun?

Diesen Mechanismus möchten wir dir noch einmal tiefergehend erläutern: Unsere westliche Geschäftswelt baut auf extrinsischer Motivation auf. Die meisten Menschen gehen Tag für Tag zur Arbeit, um am Ende des Monats genügend Geld auf dem Konto zu haben, um die Miete zu bezahlen, die Familie zu ernähren oder sich einen Urlaub zu gönnen (Belohnung). Oder aber, weil sie sich vor einer Kündigung fürchten, vor Armut oder dem sozialen Abstieg (Bestrafung). Der Grund, jeden Morgen aufzustehen und den Weg zum Arbeitsplatz anzutreten, liegt also für viele Menschen entweder in der Angst vor einer Bestrafung oder der Genugtuung einer Belohnung, seien es Geld, Macht oder soziales Ansehen.

Dies erklärt auch, weshalb so viele Narzissten oder gar Psychopathen in den Führungsetagen zu finden sind: Sie sind außergewöhnlich (extrinsisch) motiviert, resultierend aus Minderwertigkeitskomplexen, Machtstreben, Risikobereitschaft & Co. Dadurch arbeiten sie nicht selten mehr, härter und rücksichtsloser sowohl sich selbst als auch ihrem sozialen Umfeld gegenüber – und steigen schneller sowie höher in die Hierarchie auf.

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Gerade die extrinsische Motivation kann also zur „Sucht“ nach der Belohnung – oder auch krankhaften Angst vor der Bestrafung – mutieren und dadurch einen negativen Teufelskreis auslösen. Die Folge ist nicht selten eine stressbedingte psychische oder physische Erkrankung wie das Burnout-Syndrom.

Anders gestaltet sich das bei der intrinsischen Motivation: Wer aus Neugier und Spaß an der Arbeit sowie dem Lernen selbst heraus agiert – und damit unabhängig von Belohnungen oder Bestrafungen – muss sich in der Regel am Morgen nicht aus dem Bett quälen. Du schläfst stattdessen besser, fühlst dich morgens ausgeruhter, stehst freudiger auf und fährst gelassener zur Arbeit.

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Du arbeitest motivierter, bist weniger stressanfällig und schlichtweg zufriedener. Dies wiederum bedeutet, dass du auf Dauer gesünder und leistungsfähiger bleibst als deine (rein) extrinsisch motivierten Kolleginnen und Kollegen – und diese auf der Karriereleiter überholen. Intrinsische Neugier beziehungsweise Motivation hängt also untrennbar mit beruflichem Erfolg auf einer gesunden Basis zusammen.

So kannst du den „Instinkt“ wiederentdecken

Immerhin fast die Hälfte der Deutschen bezeichnet sich selbst auch im Erwachsenenalter noch als neugierigen beziehungsweise lernbegierigen Menschen:

Wie bereits erwähnt, ist die Neugier als eine Art Instinkt in jedem Menschen verwurzelt. Wenn sie bei dir im Laufe der Jahre „verlorengegangen“ ist oder dir aberzogen wurde, ist sie also nicht unwiederbringlich verloren, sondern du kannst deine Neugierde wiederfinden und erneut wecken. Hier kommen fünf einfache Tipps, um deine Neugier zu „trainieren“:

Tipp 1) Überwinde dich zu neuen Erfahrungen:

Tatsächlich kann Neugier schmerzhaft werden, wenn du als Kind zum Beispiel austesten wolltest, wie sich das heiße Bügeleisen anfühlt, während die Mutter kurz unaufmerksam war. Gerade mit zunehmendem Alter machen es sich daher viele Menschen in ihrer Routine gemütlich, mit den immer gleichen Freunden, Orten, Hobbys & Co. Breche aus genau dieser Routine aus und überwinde dich, wieder neue Erfahrungen zu machen. Du musst nicht gleich deinen Job kündigen oder einen Fallschirmsprung wagen. Wechsel einfach den Radiosender, fahre woanders in den Urlaub als die letzten zehn Jahre oder trete einem neuen Verein bei.

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Tipp 2) Lasse dich beraten:

Wie wäre es, wenn du dich zukünftig vor jeder deiner (wichtigen) beruflichen sowie auch privaten Entscheidungen ausführlich beraten lässt? Wecke deine Neugier, welches Wissen dir ein Spezialist mit auf den Weg geben kann und erweitere dadurch deinen Horizont – sowie dein Netzwerk.

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Auch, wenn du deiner bereits vorab gebildeten Meinung beziehungsweise Entscheidung treu bleibst, hast du dennoch deine Neugier trainiert, dein Allgemeinwissen erweitert und wichtige neue Kontakte geknüpft – wer weiß, wofür diese zu einem späteren Zeitpunkt noch nützlichen sein werden.

Tipp 3) Verbringe Zeit mit Kindern:

Wer sind die neugierigsten Menschen, die du kennst? Vermutlich Kinder! Je jünger ein Kind, umso ausgeprägter ist noch sein Instinkt namens „Neugier“. Achte daher ab sofort bewusster auf das neugierige Verhalten deiner Kinder, Enkelkinder, Nichten, Neffen & Co und versuche, dich auf das Spiel einzulassen. Ahme die Neugier der Kinder nach und entdecke dadurch selbst die Welt wieder aus einem neuen Blickwinkel. Kinder können eine tolle Inspiration sein – nicht nur, wenn es um Neugierde geht!

Tipp 4) Spiele das „Warum-Spiel“:

Hinterfrage die Dinge mit einem „Warum?“. Viele Arbeitnehmer, Unternehmen und Organisationen halten nämlich an eigentlich unproduktiven oder unlogischen Routinen, Abläufen und Traditionen fest. Wieso? Weil niemand nach dem Warum fragt und es dadurch auch weder ein Problembewusstsein noch Fortschritt gibt.

Beginne dadurch, dein (Arbeits-) Leben mit einer neugierigen Einstellung zu optimieren. Allerdings solltest du deinen Kollegen oder Vorgesetzten damit nicht auf die Nerven gehen. Auch hier gilt, wie immer im Leben.

Tipp 5) Chancen ergreifen, ohne Angst vor dem Risiko:

Zuletzt solltest du auch im Berufsleben stets Chancen ergreifen und mit Neugier an die Sache gehen, statt vor einem angeblichen Risiko zurückzuschrecken. Sei neugierig, wohin dieser neue Weg dich führen wird und betrachte Niederlagen als wichtige Lektion.

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Fazit: Neugier ist nur was für Kinder? Von wegen!

Es ist an der Zeit, dass du dich von der negativen Sicht auf die Neugier befreist und ihre positiven Seiten wiederentdeckst. So wirst du nämlich nicht nur zufriedener, motivierter und erfolgreicher im Job, sondern du probierst auch wieder öfter neue Dinge aus, stärkst dadurch dein Selbstbewusstsein und entwickelst dich als Persönlichkeit weiter. Ohne Neugier würdest du noch heute in der Wiege liegen und könntest weder sprechen noch essen.

Bildnachweis: ferrantraite/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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