Die Patchwork-Karriere ist ein noch relativ neuer Begriff auf dem Arbeitsmarkt, mit dem bislang nur wenige Menschen etwas anfangen können. Aber das wird sich schon bald ändern, denn die Patchwork-Karriere ist laut zahlreicher Experten das Zukunftsmodell für deutsche Arbeitnehmer. Doch was versteckt sich eigentlich hinter dem eingedeutschten Wort und wie kannst du das Modell optimal für deinen Karriereaufschwung nutzen? Wir verraten es dir…

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Inhalt
1. Kompetenz und Wissen statt Routine
2. Wie verändert sich die Arbeitswelt?
3. Was ist eine Patchwork-Karriere?
4. Welche Branchen sind von den Veränderungen am meisten betroffen?
5. Vorteile der Patchwork-Karriere
6. Wie wirst du zum Patchworker?
7. Die Patchwork-Karriere planen
8. Den Patchwork-Lebenslauf richtig gestalten

Kompetenz und Wissen statt Routine

Derzeit befindet sich die Arbeitswelt in einem Wandel: Während noch vor 20 oder 30 Jahren viele Arbeitnehmer langjährig, häufig sogar bis zur Rente in nur einem Unternehmen arbeiteten, werden häufige Jobwechsel, das sogenannte Jobhopping, jetzt und in Zukunft immer mehr zur Regel. Die Unternehmenstreue verliert an Bedeutung, stattdessen sind Wissen und eine einzigartige Kompetenz gefragt. Die Mitarbeiter der nächsten Jahre seien kreativ, mündig, autonom und planen ihre Karriere selbstbestimmt, so Peter Kern, Direktor des Fraunhofer Instituts. Demnach seien Patchwork-Karrieren schon bald ein fester Bestandteil der Arbeitswelt.

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„Um sich beruflich umorientieren zu können, wird der Einzelne immer wieder unterschiedliche Phasen durchlaufen müssen. Dies sind Phasen des Tankens von Kompetenz und Wissen“, führt Kern seine These aus.

Wie verändert sich die Arbeitswelt?

Unsere Väter und Großväter lebten laut Kern früher vor allem vom „Vorratswissen“. Das Gelernte in der Ausbildung oder dem Studium reichte aus, um eine unbefristete Stelle in der Großindustrie zu erhalten. Dort blieben sie auf Lebenszeit, ganz im Sinne „Learning by Doing“. Natürlich gab es auch hier schon große Branchenunterschiede, doch das Konzept des „Industrie-Beamten“ scheint tatsächlich heutzutage nicht mehr aufzugehen. Fort- und Weiterbildungen sind für eine Karriere unerlässlich, Jobwechsel nichts Außergewöhnliches mehr und über acht Prozent der Deutschen haben zudem mindestens einen Nebenjob.

Die Gründe für diese Veränderung in der Arbeitsmarktstruktur liegen vor allem in der zunehmenden Globalisierung, Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt. An die Arbeitnehmer werden schlichtweg neue Anforderungen gestellt. Die Werte ändern sich.

Der strukturelle Wandel in der Gesellschaft wirkt sich auch auf die Beschäftigungs- und Karrieremuster im westlichen Arbeitsmarkt aus: Die Laufbahnzyklen, also die Verweildauer in einem Unternehmen, verkürzen sich und die Arbeitszeiten werden flexibler. Befristete Arbeitsverträge, Lebensarbeitszeitkonten oder Job-Sharing sind nur einige der neuen Modelle, die dazu führen, dass die traditionellen unbefristeten Vollzeitstellen nach und nach abgeschafft werden. Schon bald sei dadurch weniger Arbeit für die „Dummen“ auf dem Markt, so Kern provokativ. Wer Informationen und Wissen nicht regelmäßig durch eine Fort-, Weiterbildung oder berufliche Neuorientierung erweitert, werde auf dem Arbeitsmarkt schon bald nur noch schlechte Karten haben.

Was ist eine Patchwork-Karriere?

Viele Experten sehen daher die sogenannte Patchwork-Karriere als Modell der Wahl, wenn es um eine erfolgreiche Zukunft für deutsche Arbeitnehmer geht. Sie umfasst dabei nämlich zweierlei wichtige Komponenten:

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  1. Kompetenzerweiterung innerhalb eines Unternehmens und
  2. Unternehmenswechsel auf (inter-) nationaler Ebene.

Definiert wird die Patchwork-Karriere als eine Vielzahl an einzelnen Karriereschritten, welche als großes Ganzes ein einheitliches Karrieremuster ergeben. Es kann nicht mehr von nur einer Berufsphase ausgegangen werden. Stattdessen sind Brüche, Berufswechsel, Unternehmens- und Jobhopping im Lebenslauf mehr und mehr Normalität.

Eine Patchwork-Karriere ist nicht kontinuierlich, sie hat Höhen und Tiefen, umfasst verschiedene Aufgabenfelder, Nebentätigkeiten und regelmäßige Neuorientierungen, auch in andere Branchen – aber sie hat stets einen roten Faden.

Du durchläufst in deinem Arbeitsleben schlichtweg nicht mehr nur eine Karriere, sondern gleich mehrere, welche aufeinander aufbauen und als Patchwork wie ein Teppich zusammengefügt werden.

Welche Branchen sind von den Veränderungen am meisten betroffen?

Die Entwicklung, weg von der Kontinuität und hin zur Patchwork-Karriere, lässt sich zwar umfassend beobachten, ist aber vor allem bei internationalen Unternehmen, in der Großindustrie sowie in kreativen Branchen, der Kommunikation und Medienwelt zu beobachten.

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KMUs hingegen, vor allem die national orientierten, scheinen sich dem Trend bislang noch etwas mehr zu widersetzen. Für Führungskräfte wird hier immer noch vermehrt auf interne Mitarbeiter mit einer langen Karriere im eigenen Unternehmen gesetzt. Die Gründe dafür liegen in der genauen Kenntnis der Firma sowie ihrer internen Abläufe.

Doch auch hier erwarten die Experten nach und nach dieselben Veränderungen. Weshalb? Weil die Flexibilität des Arbeitsmarktes, wie sie mit der Patchwork-Karriere einhergeht, langfristig ein wichtiger Grundstein für den Erfolg der deutschen Wirtschaft in einer globalisierten Welt ist.

Wer auf Konjunkturschwankungen nicht mehr ausreichend flexibel reagieren kann, wird schon bald gegenüber internationalen Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Das gilt übrigens nicht nur für die Firmen, sondern auch für die Mitarbeiter. Schließlich kommen immer mehr multinationale Fachkräfte im Zuge eines Auslandsjobs oder für eine internationale Karriere nach Deutschland. Wer sich behaupten will, muss deshalb mithalten…

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Vorteile der Patchwork-Karriere

Viele Arbeitnehmer sehen die Patchwork-Karriere erst einmal als eine schlechte Entwicklung an. Schließlich bietet sie weniger Sicherheit als der unbefristete Arbeitsvertrag und ist aufgrund der regelmäßigen Weiterbildung und Umorientierung aufwändiger und anstrengender. Allerdings bringt das neue Modell auf den zweiten Blick zahlreiche Vorteile mit sich, sowohl für die Wirtschaft als auch die Beschäftigten:

1. Abwechslung und Förderung

Kannst du dir wirklich vorstellen 20, 25 oder gar 30 Jahre ein und denselben Beruf auszuüben? Ohne Veränderung? Wohl kaum. Denn der Mensch braucht Veränderungen in seinem Leben, um auf Dauer nicht in Langeweile zu versinken. Diese kann sogar zur gesundheitlichen Belastung werden: Das sogenannte Boreout führt genauso häufig zur Depression wie eine Überlastung. Boreout kann jedoch nicht nur auftreten, weil ein Arbeitnehmer zu wenig Arbeit hat, sondern auch durch eine Unterforderung aufgrund von zu viel Routine.

Früher oder später sehnen sich die meisten Arbeitgeber daher nach einer Veränderung und danach, ihre grauen Zellen mal wieder ein wenig zu fordern. Durch die Patchwork-Karriere wird das (Berufs-) Leben spannender und du kannst all deine Talente gleichermaßen und regelmäßig fördern. Ganz nach dem Motto „Be the best you can be“.

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2. Mehr Know-How in Unternehmen und Führungsetagen

Auch in die Führungsetagen schaffen es so keine reinen „Fachidioten“ mehr, wie man auf Deutsch so schön sagt. Im Gegenteil: Eine moderne Patchwork-Karriere folgt zuerst einem horizontalen Weg, bevor es vertikal die Karriereleiter hinauf geht. Es gibt keine reinen Führungskarrieren mehr. Im Gegenteil: Nur wer ein breit gefächertes Know-How aufweisen kann, hat Chancen auf die Führungsetage. So profitieren die Unternehmen, aber auch die Mitarbeiter, von gut ausgebildeten und erfahrenen Führungskräften mit einem zeitaktuellen Know-How und einer höheren Anpassungs- sowie Einsatzfähigkeit.

Ein Vorteil, der übrigens nicht nur in den Führungsetagen, sondern auch bei jedem anderen Mitarbeiter bis hin zum Praktikanten positiv zum Tragen kommt. So ergibt sich innerhalb des Unternehmens durch den modernen, mündigen Angestellten sowie den immer wieder neuen Input durch Mitarbeiterwechsel im Team nämlich auch eine ganz neue Wechselwirkung.

3. Familienfreundlichkeit

Es ist ein Grundproblem der westlichen Wirtschaft:

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Durch die Familiengründung können vor allem Frauen häufig nicht in die oberen Führungsetagen aufsteigen.

Sie stehen bis heute vor der Entscheidung: Kind oder Karriere? Dank der Patchwork-Karriere könnte sich hier endlich ein Wandel abzeichnen. Brüche und Neuorientierungen im Lebenslauf werden immer besser akzeptiert, die Rolle der Mitarbeiter als individueller, selbstbestimmter und mündiger Angestellter tritt in den Vordergrund und die Work-Life-Balance gewinnt an Bedeutung.

Als Mutter, oder auch als Vater, musst du dir daher nicht mehr nur zwischen der Karriere in diesem einen Unternehmen oder deiner Familie entscheiden. Im Gegenteil: Du kannst die einzelnen Optionen in Einklang bringen, aufeinander abstimmen, das Positive dieser Lebensphase hervorheben und sich so zu einer noch qualifizierteren Arbeitskraft weiterbilden. Ja, auch die Brüche oder Pausen durch die Familiengründung. Die neue Flexibilität ist daher ein großer Vorteil hinsichtlich der Familienfreundlichkeit deutscher Arbeitgeber. Alternative Beschäftigungsformen werden immer mehr zur Norm, selbst Teilzeitarbeit für Führungskräfte wurde bereits in manchen Betrieben genehmigt.

Die Karrieren von Mann und Frau müssen demnach nicht mehr nur als einzelne Faktoren gesehen werden, sondern können schon bald im Sinne der Patchwork-Karriere als gemeinschaftliche Laufbahn gestaltet sein. Momentan ist dies zwar eine Idealvorstellung, doch wer weiß, wie lange noch…

Wie wirst du zum Patchworker?

Wenn du dich bereits jetzt für die Patchwork-Karriere entscheidest, bist du deiner Konkurrenz bereits einen großen Schritt voraus. Dann hst du verstanden, worauf es im Arbeitsmarkt der Zukunft ankommt und wie du gezielt und selbstbestimmt eine Karriere planen kannst, auch in den unsicheren Zeiten der Flexibilität, Mobilität und Globalisierung.

Während viele Personaler Bewerber mit Patchwork-Biographie immer noch sehr argwöhnisch beäugen, erkennen immer mehr auch den Wert dieser Persönlichkeiten, nämlich Know-How, Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Selbstbewusstsein. Durch den Wechsel zwischen Betrieben, Branchen und Aufgabenfeldern weisen Patchworker meist viel umfassendere Kenntnisse auf als die klassischen „Industrie-Beamten“. Hinzu kommen eine ständige Lernbereitschaft, ein hohes Maß an Motivation sowie oft auch eine gut ausgebildete emotionale Intelligenz.

Die Patchwork-Karriere planen

Doch Vorsicht: Auch eine Patchwork-Karriere will sorgfältig geplant sein. Sie bedeutet nämlich nicht, willkürlich einen Job nach dem anderen anzunehmen. Stattdessen braucht sie einen roten Faden, die erworbenen Kompetenzen müssen zusammenpassen und du brauchst Ziele, kurz-, mittel- und langfristig. Es geht darum, dein (Berufs-) Leben in die eigene Hand zu nehmen und deinen individuellen Weg zu gehen, wodurch du später bei dem Unternehmen umfassende und vor allem einzigartige Referenzen und Kenntnisse vorzuweisen hast.

Ein Mix eben, welchen die Personaler bei den anderen Bewerbern vergeblich suchen. Wenn du diesen roten Faden deiner Patchwork-Karriere, die daraus resultierenden Vorteile sowie deine persönlichen Ziele in der Bewerbung und im persönlichen Vorstellungsgespräch glaubhaft vermitteln kannst, hast du eine rosige berufliche Zukunft vor dir.

Den Patchwork-Lebenslauf richtig gestalten

Zuletzt haben wir daher noch wichtige Tipps und Tricks für dich, wie du deinen Patchwork-Lebenslauf in die richtige Form bringst:

  • Gehe ehrlich und selbstbewusst mit deiner Laufbahn um.
  • Arbeite den roten Faden heraus und verdeutliche ihn inhaltlich wie graphisch kreativ in deiner Bewerbung (z.B. ein Zeitstrahl der erworbenen Kompetenzen).
  • Welche Erfahrungen und Kompetenzen wurden systematisch erlernt, vertieft und erweitert? Wie?
  • Vermittele eindeutig, welcher der daraus resultierende Mehrwert für das Unternehmen ist.
  • Welche sind deine einzigartigen Qualifikationen?
  • Setze die einzelnen Stationen nicht unbedingt chronologisch, sondern geschickt sinnvoll zusammen, um ein dennoch einheitliches und stimmiges Bild zu erwirken. Es handelt sich um dein persönliches Berufsmosaik.
  • Arbeite heraus, wie du deinen neuen Arbeitsplatz positiv beeinflussen könntest: Was bringst dumit? Wo läge dein Beitrag? Wie profitiert dein Arbeitgeber davon?
  • Bilde die Kompetenzen, welche deinen „roten Faden“ ausmachen, gezielt aus. So kannst du beispielsweise Phasen der Arbeitslosigkeit optimal für eine Fort- oder Weiterbildung nutzen.

Fremdsprachen? Soziale Kompetenzen? Computerkenntnisse? Was auch immer deine einzigartigen Qualifikationen sind: Mit der Patchwork-Karriere kannst du diese optimal entwickeln. Nutze diese Chance, wirst du ein Vorreiter in der modernen Arbeitswelt und beweist Ausdauer: Wenn du auch einmal gegen den Strom schwimmst und deine Karriere aktiv planst, wirst du sowohl von der horizontalen als auch der vertikalen Karrierephase der Patchwork-Biographie profitieren und bleibst auch in vielen Jahren noch eine gefragte Fachkraft auf dem (inter-) nationalen Arbeitsmarkt.

Was denkst du: Patchwork-Karriere, ja oder nein?

Bildnachweis: AscentXmedia/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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