Es ist eines der klassischen Probleme beim Vorstellungsgespräch: Wonach darf der Personaler Sie fragen und wann haben Sie das Recht auf eine Notlüge? Fakt ist: Sie müssen im Bewerbungsgespräch keine Auskunft über Ihre Familienplanung geben. Die rechtliche Grundlage sowie hilfreiche Tipps hierzu finden Sie im Artikel „Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch – Haben Lügen wirklich kurze Beine?“ Doch was, wenn Sie bereits schwanger sind? Ändert sich dadurch die Rechtsgrundlage? Müssen Sie dem Personaler im Vorstellungsgespräch vielleicht sogar von selbst sagen, dass Sie schwanger sind?

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 Inhalt

1. Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch und das Recht auf Lüge
2. Ausnahmefälle vom Recht zur Lüge
3. Weshalb Sie im Vorstellungsgespräch Ihre Schwangerschaft verschweigen sollten
4. Wichtige Gerichtsurteile und ihre Folgen
5. Wie gehen Sie nach Ihrer Einstellung vor?

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Unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch und das Recht zur Lüge

Es gibt eine ganze Reihe an Fragen, welche Ihnen der Personaler im Bewerbungsgespräch nicht stellen darf, um eine mögliche Diskriminierung auszuschließen. Hierzu gehören neben Fragen zur Religion oder politischen Einstellung auch jene zu Ihrer Familienplanung. Eine solche unzulässige Frage müssen Sie nicht beantworten. Allerdings ist Schweigen auf eine ja häufig Antwort genug und kann dazu führen, dass die Stelle anderweitig vergeben wird. Das Gesetz räumt Ihnen deshalb bei einer unzulässigen Frage das sogenannte „Recht zur Lüge“ ein. Das bedeutet, Sie dürfen bewusst eine Falschantwort geben, wenn Sie aufgrund der Wahrheit diskriminiert werden würden. Kommt die Wahrheit später ans Licht, darf der Arbeitgeber Sie nicht deshalb kündigen.

Doch Achtung: Dies gilt nur für die unzulässigen Fragen. Sonstige Lügen im Bewerbungsgespräch oder den Bewerbungsunterlagen können eine fristlose Kündigung nach sich ziehen.

Ausnahmefälle vom Recht zur Lüge

Allerdings gibt es bekanntlich von jeder Regel auch eine Ausnahme. So können prinzipiell unzulässige Fragen im Einzelfall dennoch erlaubt sein, wenn der Arbeitgeber ein „berechtigtes Interesse“ an der Antwort hat. So darf zum Beispiel nach einer Vorstrafe wegen Veruntreuung gefragt werden, wenn es sich um eine Anstellung bei einer Bank handelt, oder nach einem Gesundheitszeugnis, falls Sie im Lebensmittelbereich tätig sind. Nun ist die Frage:

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„Haben Sie ein Recht zur Lüge, wenn Sie bereits im Vorstellungsgespräch schwanger sind? Oder müssen Sie den Arbeitgeber gar selbständig darüber unterrichten?“

Die Antwort lautet: Ja, Sie haben ein Recht zur Lüge und nein, Sie müssen Ihre Schwangerschaft im Bewerbungsprozess nicht offenlegen. Hiervon gibt es nur eine einzige Ausnahme, und zwar wenn Sie selbst als Schwangerschaftsvertretung eingestellt werden sollen. Denn dann ist davon auszugehen, dass das Nichtvorliegen einer Schwangerschaft als entscheidende Anforderung für die Besetzung der Stelle anzusehen ist.

Weshalb Sie im Vorstellungsgespräch Ihre Schwangerschaft verschweigen sollten

Sofern das noch möglich ist, also Ihr Schwangerschaftsbauch nicht offensichtlich erkennbar ist, sollten Sie Ihre Schwangerschaft im Bewerbungsgespräch deshalb lieber verschweigen und auf eine entsprechende Frage mit einer Notlüge antworten, zum Beispiel:

„Ich habe zwar einen festen Lebenspartner, derzeit haben wir aber keine konkreten Nachwuchspläne.“

Weshalb? Ganz einfach: Wenn Sie bereits im Vorstellungsgespräch schwanger sind, werden Sie die Stelle mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht bekommen. Schließlich muss das Unternehmen dann nicht nur die zusätzlichen Kosten tragen, sondern sich direkt auch wieder um einen Ersatz für Sie kümmern. Aus Arbeitgebersicht mag das nachvollziehbar sein, für die Bewerberin handelt es sich aber um eine geschlechtsbezogene Diskriminierung. Und das Gesetz zu den unzulässigen Bewerbungsfragen wurde schließlich nicht ohne Grund verabschiedet…

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Wichtige Gerichtsurteile und ihre Folgen

Natürlich sorgte das Thema Schwangerschaft im Bewerbungsgespräch bereits in der Vergangenheit für zahlreiche Streitigkeiten vor Gericht. Vor dem Jahr 2003 war das BAG (Bundesarbeitsgericht) noch der Ansicht, der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse daran über eine aktuelle Schwangerschaft der Bewerberin Bescheid zu wissen. Da aus dem Mutterschutzgesetz das Beschäftigungsverbot resultiere, welches die Nichteinstellung erwirke, handele es sich dabei nicht um eine geschlechtsbezogene Diskriminierung.

Der Europäische Gerichtshof allerdings, entschied im Jahr 2003, dass das Beschäftigungsverbot nicht als Einwand gelte, da es lediglich zeitlich befristet sei. Das bedeutet: Nach dem Mutterschutz kann die Bewerberin ihrer Tätigkeit wieder in vollem Umfang nachgehen. Es handelt sich also nicht um eine dauerhaft fehlende Eignung der Bewerberin. Die Nichteinstellung aufgrund einer Schwangerschaft ist deshalb stets als geschlechtsbezogene Diskriminierung zu beurteilen: Was das nun für Sie bedeutet?

Sie müssen Ihre Schwangerschaft im Bewerbungsprozess nicht offenlegen und auch keinerlei Fragen hierzu beantworten, weder bei einem befristeten noch einem unbefristeten Arbeitsvertrag.

Wie gehen Sie nach Ihrer Einstellung vor?

Nachdem Sie Ihren Arbeitsvertrag unterschrieben haben, müssen Sie ja dann doch irgendwann mit der Wahrheit zu Ihrem Vorgesetzten gehen. Doch Sie fragen sich gewiss, wann dafür der richtige Zeitpunkt ist? In der Regel haben Sie nun schließlich erst einmal eine Probezeit mit gemindertem Kündigungsschutz zu absolvieren, welche meist zwischen einem und sechs Monaten dauert.

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Doch keine Sorge: Als Schwangere genießen Sie immer den strengen Kündigungsschutz, auch in der Probezeit. Sie müssen daher keine Angst mehr vor einer Kündigung haben. Sie sollten deshalb so früh wie möglich das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten suchen, damit der alle Maßnahmen des Schutzes für die Mutter und das ungeborene Kind vornehmen kann. Eine Kündigung wegen arglistiger Täuschung ist nicht möglich. Sie können sich daher nun unbesorgt auf Ihren Familiennachwuchs freuen…

Bildnachweis: Photo by Kelly Sikkema on Unsplash

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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