Die Babyboomer verabschieden sich in die wohlverdiente Rente. Höchste Zeit, als Generation Y über eine Führungsposition nachzudenken. Oder auch nicht.

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Die Generation der Babyboomer (1946-1964) war fleißig: Bildung, eine sinkende Arbeitslosenquote, die Perspektive auf ein besseres Leben durch harte Arbeit – typisch für diese Generation, die sich teilweise bereits im Ruhestand befindet und bisher in den Chefetagen gesessen hat.

Viele der heutigen Führungskräfte entstammen der Generation X (1965-1979). Sie sind die Nachfolger der Babyboomer. Jetzt geht es aber langsam um die Nachrücker: Es heißt, dass vor allem die Millennials nicht daran interessiert seien, einen führenden Platz in den Chefetagen Deutschlands einzunehmen. Woran liegt das?

Wie Personal- und Führungsexperte Dr. Stefan Mauersberger in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) verrät, gäbe es die Tendenz, auf Führungsposition zu verzichten, nicht erst seit gestern. Eine Studie mit dem Titel „Human Centered Lead“ bestätigt diesen Gedanken: Nur 14 Prozent der Umfrageteilnehmer aus Deutschland würden eine Chefposition einnehmen wollen, obwohl viele der Deutschen gleichzeitig nicht ganz glücklich mit den Leistungen ihrer Vorgesetzten seien.

Das ist ein Problem. Weil auch Führungskräftemangel, neben dem Fachkräftemangel, ein Thema ist. Laut Korn Ferry gaben 30 Prozent von insgesamt 1.100 HR-Verantwortlichen in einer Befragung an, dass ein Engpass herrschen würde, weil es an Nachwuchskräften fehlen würde.

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Lese-Tipp: Die Millenials: So tickt die Generation Y

Millennials verstehen: Einblicke in ihre Denkweisen und Bedürfnisse

Den Millennials werden bestimmte Eigenschaften zugeschrieben, die es zu verstehen gilt. Denn die speziellen Denkweisen, Eigenheiten und Bedürfnisse, die unverstanden bleiben, machen es für die älteren Generationen so schwer, einen Zugang zu ihnen zu finden.

Typisch für die Millennials ist Folgendes:

  • Viele von ihnen legen Wert auf Wertschätzung, Offenheit und Wachstum.
  • Sie identifizieren sich nicht mit der Führungskultur älterer Generationen, die eher konservative Strenge zeigt.
  • Die Millennials prägten die Arbeitswelt bedeutend, als die Digitalisierung begann.
  • Sie sind auch bekannt dafür, eine gute Bildung genossen zu haben, bisherige Denkweisen der anderen Generationen kritisch zu hinterfragen und Innovationen zu fördern.

Anforderungen an Führungskräfte wachsen

Gen Y ist auch bekannt dafür, die Generation des „Coachens“ zu sein. Sie geben nicht vor, sondern stehen für eine individuelle Prozessbegleitung ein. Sie möchten keine Lösung diktieren, sondern unterstützende Orientierung geben. Werte, die anders sind als die einer klassischen Führungskraft, wie es sie bisher gab.

Was zunächst positiv klingt, kommt mit viel Konfliktpotenzial daher. Denn an Veränderungen müssen ältere Generationen sich gewöhnen, sie zulassen. Sie befinden sich zwar in Führungspositionen und haben den Weg für die kommenden Generationen geebnet. Aber sie stehen hinter ihren Führungsstilen, die sich vom Wunsch der Gen Y, Beschäftigte lieber zu begleiten und zu fördern, unterscheiden.

Wenn Generation Babyboomer und X an diesen festhalten, besteht die Schwierigkeit, Nachfolger aus der Generation Y zu finden, die den Idealen der älteren Generationen entsprechen. Dann gilt: eine Position als Führungskraft lieber ablehnen – anstatt Werte vorzuleben, hinter denen man selbst nicht steht.

Mit den Konflikten wachsen die Anforderungen an die Führungskräfte von heute. Es bedeutet, dass die Rolle einer Führungskraft neu gedacht werden muss – auch ein möglicher Grund, weshalb sich weniger Beschäftigte, die sich in der Theorie für eine Karriere als Chef interessieren, nicht mehr an diese Herausforderung herantrauen. Denn in der Praxis müssen Führungskräfte immer mehr den Wünschen ihrer Beschäftigten entsprechen, welche häufiger und direkter aussprechen, was ihnen nicht passt.

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Ist Generation Y zu „faul“, um zu führen?

Auch mit diesem Vorurteil haben die Millennials zu kämpfen: Sie seien einfach zu verwöhnt und faul, ähnlich wie Gen Z. Selbstverwirklichung und Work-Life-Balance würden einen besonders großen Platz im Leben einnehmen. Weltreisen seien wichtiger. Und Freunde auch.

Was klar ist: Mentale Gesundheit spielt eine wichtige Rolle, auch wenn nicht geleugnet werden kann, dass auch der Leistungs- und Konkurrenzdruck groß ist. Es ist nicht mehr das ultimative und größte, Chef zu sein – sondern ein Leben zu haben, das auch gefühlsmäßig zufrieden macht. Dafür reichen Status und ein fetter Dienstwagen nicht aus.

Es stimmt zum Teil. Dank der Millennials, die den Ausgleich zur Arbeit eingefordert haben, gibt es nicht mehr den klassischen 9-to-5-Job. Es soll mehr Zeit für das Privatleben bleiben. Die Arbeit ist lange nicht mehr der einzige Sinn im Leben.

Apropos Sinn: Dieser Generation wird auch nachgesagt, dass sie vor allem auf der Sinnsuche seien. Dass das nicht mit einer klassisch-autoritären Führungsrolle konformgeht, ist fast logisch. Denn strenge Regeln der älteren Generationen besagen, auch wenn sie unausgesprochen bleiben, dass es dort oben keinen Platz für Zweifel, Fehler oder dem Zeigen von Schwäche gibt. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass das Ablehnen einer Führungsrolle, deren Identität gerade neu geformt wird, nichts mit Faulheit zu tun hat. Sondern mit einem Wertekonflikt, der groß und sichtbar mitten im Raum steht.

Was braucht es, um Millennials für Führungspositionen zu begeistern?

Wie aus einem Bericht der Welt hervorgeht, würden Millennials eher die Zusammenarbeit mit „tollen“ Menschen priorisieren, anstatt das Karriereziel „Führungsposition“ zu verfolgen. Aber gerade die Millennials sind es, die begeistert werden müssen für diese Rollen – denn andernfalls müsste man eine Generation überspringen.

Wie also kann das gelingen? Weil Unternehmen nach Führungskräften suchen und diese nicht finden, gilt es, die Millennials zu durchblicken. Es funktioniert nicht anders: Wenn Generationen sich weigern, an einen Tisch zu kommen, um über Wertvorstellungen, Mentalitäten und Prioritäten zu sprechen, bleibt die Kommunikation feindselig – oder sie bleibt aus. Selbstbestimmung, Sinnhaftigkeit, Mobilität und Flexibilität sind der Generation Y wichtig. Das direkte Gespräch oder auch Stimmungsumfragen im Unternehmen können dabei helfen, ihre Vorstellungen und Bedürfnisse besser zu verstehen.

Auch für die nachfolgenden Generationen könnte es heute von Bedeutung sein, eine Führungskultur zu etablieren, die es einfacher macht, berufliche Verantwortung und Familie zu vereinen, wenn Kinder in Planung sind. Heißt: Private Interessen von potenziellen Führungskräften (und auch die der anderen Angestellten) spielen eine Rolle bei der Entscheidungsfindung und dürfen nicht unbeachtet bleiben. Dazu gehört eben die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Tipps für die Gewinnung von potenziellen Führungskräften

Business as usual, das ist vorbei. Solange Unternehmen nicht bereit sind, diesen Bedingungen potenzieller Führungskräfte nachzukommen und eher unflexibel reagieren, wird sich auch an der Situation nichts ändern: Dann suchen die potenziellen Führungskräfte aus der Generation Y weiterhin das Weite.

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#1: Stellenbeschreibung muss passen

Es hört bereits dort auf, wo es beginnen sollte: Stellenbeschreibungen, die suggerieren, dass eine eierlegende Wollmilchsau gesucht wird, sind out. Niemand wird als perfekte Führungskraft geboren. Der Fokus sollte auf Wachstumsmöglichkeiten für Führungskräfte und Nachwuchskräfte liegen.

#2: Ehrlichkeit und Transparenz

Unternehmen und Topmanagements sollten auf die ehrliche Karte setzen: Transparenz auf der Arbeit und in Geschäftsbeziehungen nimmt heute eine große Rolle ein, um das Vertrauen von Nachwuchskräften zu gewinnen. Sie wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben und ob ihre Werte mit denen des Unternehmens vereinbar sind.

#3: Weg mit den Vorurteilen

Besonders schwierig wird es, wenn Generationen mit Vorurteilen zu kämpfen haben, und das spüren auch Babyboomer sowie Gen X und Z. Offenheit und Toleranz sind in einer Zeit, in der Führungskultur neu gedacht wird, besonders bedeutende Werte.

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Bildnachweis: Anchiy/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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