Hast auch du Freunde, Verwandte oder Kollegen, die einfach immer zu spät kommen? Oder gehörst du vielleicht selbst zu den Menschen, welche – egal wie sehr sie es versuchen – das mit der Pünktlichkeit einfach nicht hinkriegen? Doch warum ist das eigentlich so und wie kannst du das Pünktlich sein erlernen?

Arroganz, Rebellion oder einfach schlecht organisiert?

Ja, es gibt viele von diesen „Dauerzuspätkommern“ und nein, es sind nicht nur Frauen. Das Problem ist, dass Menschen, die quasi immer zu spät kommen, früher oder später im Privat- und vor allem im Berufsleben anecken.

Doch solltest du selbst zu diesem Typ Mensch gehören, weißt du, dass das andauernde Zuspätkommen dich selbst vielleicht sogar am meisten nervt. Absicht steckt nämlich in der Regel nicht hinter dem Unpünktlich sein.

Bist du uhrzeitorientiert oder eigenzeitorientiert?

Der Zeitforscher Dr. Marc Wittmann hat hierzu nun eine ganz neue, spannende These aufgestellt. Er behauptet, es gäbe schlichtweg zwei verschiedene Personengruppen:

  1. Menschen, die uhrzeitorientiert leben und in der Regel sehr pünktlich sind und
  2. Menschen, die eigenzeitorientiert leben und zum Zuspätkommen neigen.

Während erstere Personengruppe mehr oder weniger selbsterklärend ist, stellt sich nun die Frage: Wieso sind eigenzeitorientierte Menschen eigentlich so häufig zu spät und können sie gar nichts dagegen tun?

Warum ist Pünktlichkeit überhaupt so wichtig?

Der Theorie des Zeitforschers zufolge lebt jeder Mensch eigentlich nach einer inneren Uhr, richtet sich aber an der äußeren Uhr aus, weil er es in der Kindheit, Jugend oder auch im Berufsleben so erlernt hat.

Uhrzeitorientierte Menschen halten deshalb stets den Verlauf der Zeit im Blick. Vermutlich ist ein Großteil der deutschen Arbeitnehmer uhrzeitorientiert erzogen. Pünktlichkeit gilt daher weltweit als eine der berühmten deutschen Tugenden. Und siehst du dich einmal in anderen Ländern um, bietet sich hierbei je nach Kultur tatsächlich ein anderes Bild: In Spanien, Thailand oder Brasilien kannst du dch nicht unbedingt darauf verlassen, dass der Supermarkt pünktlich öffnet, dein Auto in der Werkstatt am nächsten Tag repariert ist oder Deadlines immer eingehalten werden. Für eine funktionierende Wirtschaft ist Pünktlichkeit eminent wichtig.

Das bedeutet automatisch, dass uhrzeitorientierte Menschen im Berufsleben bessere Chancen haben. Wer nämlich immer zu spät kommt, kann damit unter Umständen seine Karriere sowie die gute Beziehung zu Kollegen und Vorgesetzten aufs Spiel setzen.

Wenn die innere und äußere Uhr nicht zusammenpassen

Wie der Name bereits sagt, haben eigenzeitorientierte Menschen größere Schwierigkeiten damit, ihre innere an die äußere Uhr anzupassen. Zwar gibt es auch hier mal einen Blick auf die Uhr, doch in der Hektik des Alltags oder der Freude des Moments wird dann schnell wieder vergessen, dass die Sekundenzeiger nicht einfach stehen bleiben.

Das bedeutet: Du siehst um 6:20 Uhr auf die Uhr müsstest eigentlich los zur Arbeit. Dann fällt dir ein, dass du noch die Spülmaschine einschalten wolltest oder du findest den Autoschlüssel nicht und plötzlich bist du schon wieder zu spät dran. Viele Menschen würden das nun als unorganisiert bezeichnen. Das Problem ist allerdings, dass eigenzeitorientierte Menschen sich schlichtweg an ihrer inneren Uhr orientieren und diese läuft bei den einen eben schneller und bei den anderen langsamer.

Können eigenzeitorientierte Menschen uhrzeitorientiert werden?

Ja, natürlich können auch eigenzeitorientierte Menschen mit viel Geduld und Übung uhrzeitorientiert leben. Allerdings stehen hinter diesen beiden Modellen zwei komplett unterschiedliche Persönlichkeitstypen. Während uhrzeitorientierte Menschen in der Regel nüchterner, organisierter sowie rationaler durchs Leben gehen, sind eigenzeitorientierte Menschen tendenziell impulsiver, emotionaler und nehmen den Moment bewusster wahr.

Die Frage ist also, ob ein eigentlich eigenzeitorientierter Mensch jemals so pünktlich werden kann wie ein uhrzeitorientierter Mensch und ob er dann damit überhaupt glücklich wäre? Im Berufsleben mag das Zuspätkommen zwar nerven oder sogar karrierehinderlich sein, doch prinzipiell bringen beide Menschentypen zahlreiche Vorteile und verschiedene Qualitäten mit sich, die für ein Unternehmen gleichermaßen wertvoll sind.

Also ist Zuspätkommen völlig in Ordnung?

Bedeutet das nun also, dass du als eigenzeitorientierter Mensch gar nicht unbedingt pünktlich sein musst? Nein, leider nicht! Auch wenn die mangelnde Pünktlichkeit in der Theorie gar nicht so schlimm ist, setzt du damit in der Praxis häufig deine Karriere aufs Spiel.

Lese-Tipp:Sorry fürs Zuspätkommen: Das Königreich der Ausreden

Gemäß der Theorie von Dr. Marc Wittmann mag das Zuspätkommen zwar nicht in der Schuld der eigenzeitorientierten Menschen liegen, das Verständnis und die Akzeptanz für diese „Eigenart“ jedoch, sind begrenzt. Wer sich also auf Dauer nicht bei den Kollegen und Vorgesetzten unbeliebt machen möchte, sollte im Berufsleben das Zuspätkommen vermeiden. Selbst als eigenzeitorientierter Mensch solltest du also Pünktlichkeit erlernen. Aber wie?

Eigenzeitorientierter Mensch? Fünf Tipps für mehr Pünktlichkeit

Deutsche Pünktlichkeit ist fünf Minuten vor der Zeit. Das lernen Kinder hierzulande bereits in der Schule. Nach der guten Beherrschung von Rechtschreibung und Grammatik sowie einer guten Allgemeinbildung liegt die Pünktlichkeit in einer aktuellen Umfrage auf dem dritten Platz, wenn es um die Frage geht: „Welche Kompetenzen sollte die Schule ihrer Meinung nach vermitteln?“
Statistik: Welche Kompetenzen sollte die Schule Ihrer Meinung nach vermitteln? | Statista
Mehr Statistiken findest du bei Statista

Offensichtlich funktioniert das aber nicht bei allen Schülern. Verwunderlich ist das nicht, schließlich tickt die innere Uhr bei jedem von uns unterschiedlich. Daher braucht auch jeder Mensch verschiedene Mechanismen oder Übungen für mehr Pünktlichkeit. Versuche es doch einmal mit den folgenden fünf Tipps:

Tipp 1: Die Unpünktlichkeit schrittweise reduzieren

Die erste Möglichkeit liegt darin, nicht direkt von dem Zuspätkommen zur absoluten Pünktlichkeit zu wechseln, sondern sich in kleinen Schritten an die neue Lebensweise heranzutasten.

Für dich als eigenzeitorientierter Mensch bedeutet dies, dass du dich langsam von der zum Beispiel durchschnittlichen Viertelstunde, welche du chronisch zu spät kommst, zu zehn Minuten, anschließend zu fünf Minuten und schlussendlich vielleicht sogar zu fünf Minuten vor der Zeit verbessern könntest. Achte wieder bewusster auf die Uhrzeit und beginne ein effizientes Pünktlichkeitstraining.

Tipp 2: Einen Wecker verwenden

Der bloße Wille alleine reicht dafür aber häufig nicht aus. Das grundlegende Problem der eigenzeitorientierten Menschen liegt schließlich darin, dass sie die Zeit schlichtweg vergessen. Du brauchst also einen Mechanismus, der dich immer wieder daran erinnert auf die Uhr zu achten. Hierfür kannst du einen Wecker, zum Beispiel in deinem Smartphone, verwenden. Plane also einen ausreichenden Zeitpuffer ein und stelle den Wecker entsprechend.

Wichtig ist, dass du dann einen festen Rhythmus wählst, in welchem sich die Uhr immer und immer wieder meldet. Wenn vorhanden, kannst du dafür den Snooze-Modus nutzen. Klingelt der Wecker also rechtzeitig und dann alle fünf Minuten wieder, erlangst du früher oder später ein besseres Gespür für die Uhrzeit und gewöhnst dich daran, bewusster auf sie zu achten.

Tipp 3: Auf Klassiker zurückgreifen

Unser dritter Tipp lautet: Stelle die Uhr ein paar Minuten vor. Ja, besonders kreativ ist dieser Tipp nicht, sondern er fällt eher in den Bereich „Pünktlichkeits-Klassiker“. Aufbauend auf den ersten beiden Tipps jedoch, ist und bleibt er absolut wirksam. Nun hast du als eigenzeitorientierter Mensch nämlich bereits gelernt, sich mehr auf die Zeit zu konzentrieren und immer wieder auf die Uhr zu blicken. Geht diese dann fünf, zehn oder auch 15 Minuten vor, trickst du dich selbst aus und beeilst dich. Allerdings gilt hierfür noch eine weitere Grundvoraussetzung: Du darfst niemals denken: „Ach stimmt, die Uhr geht ja zehn Minuten vor“, denn dann hebelst du deinen eigenen Mechanismus wieder aus.

Tipp 4: Wecker niemals in Reichweite platzieren

Die Devise lautet also: Starte morgens pünktlich in den Tag und nutze die Chance, den Tagesablauf ebenfalls ohne Verspätung zu meistern. Du musst für dich einen Mechanismus finden, der dich zwingt am Morgen rechtzeitig aufzustehen. Altbewährt ist dafür der Wecker am anderen Ende des Raums. Wähle einen nervigen Klingelton sowie einen Dauermodus, sprich der Wecker schaltet sich nicht von selbst wieder aus. Klingt anstrengend? Ja, aber es wirkt! Du wirst sehen: Nach spätestens zwei oder drei Minuten erträgst du das Geplänkel nicht mehr und stehst auf, um den Wecker endlich auszuschalten. Dann gilt nur noch:

  1. Nicht wieder ins Bett legen und
  2. nicht die Laune verderben lassen!

Tipp 5: Manchmal ist Unpünktlichkeit Symptom statt Ursache

Haben all diese Tipps nicht gegen das Zuspätkommen geholfen? Dann ist es vielleicht an der Zeit zu prüfen, ob die Unpünktlichkeit Symptom einer tieferliegenden Problematik sein könnte. Sie resultiert zum Beispiel häufig aus einer krankhaften Prokrastination, welche wiederum Ausdruck einer Depression oder eines beginnenden Burnout-Syndroms sein kann. Betreibe also Ursachenforschung. Nur so kannst du das ursprüngliche Problem in Angriff nehmen und dann auch das Symptom „Unpünktlichkeit“ wieder loswerden.

Vielleicht kommst du aber auch schlichtweg zu dem Ergebnis, dass du ein unorganisierter oder eben eigenzeitorientierter Mensch bist und damit leben kannst. In diesem Fall ist das völlig in Ordnung und du weißt ja: Du bist dafür impulsiver, kreativer und erlebst den Moment sowie die Emotionen intensiver als die meisten „Pünktlichen“. Das klingt doch auch irgendwie gut, oder?

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