Täglich starren wir stundenlang auf Monitore, tippen in grellem Licht E-Mails, springen zwischen Tabs. Die Folgen? Müde Augen, Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme. Und trotzdem schauen wir nicht genau hin.
Der überanstrengte Blick
Arbeiten tut man heute meist vor einem Bildschirm. Mal sechs, mal zehn, manchmal mehr als zwölf Stunden täglich. Das Problem ist: Unsere Augen sind für Dauerfokus auf kurze Distanzen nicht gemacht. Der Mensch stammt nicht vom Laptop ab.
Doch wir ignorieren diese Tatsache. Stattdessen hetzen wir von Task zu Task, das Licht flimmert, der Blick bleibt starr. Pausen? Fehlanzeige. Symptome wie Trockenheit, Brennen, Rötung, Nackenverspannung oder Kopfschmerzen gelten als normal. Sind sie aber nicht.
Gesetzlich geschützt – aber kaum gelebt
Dabei gäbe es längst klare Vorgaben. Nur: Wer setzt sie wirklich um? Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) besteht ein klarer Rahmen: Arbeitgeber müssen Bildschirmarbeitsplätze so gestalten, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden nicht gefährdet wird. Das heißt konkret: ergonomische Möbel, gute Beleuchtung und regelmäßige Augenpausen.
Doch gerade im Homeoffice bleibt vieles ungeregelt – und damit ungesehen. Wer in der Küche am Laptop arbeitet, aus Meetings in Calls fällt und E-Mails nachts beantwortet, hat mit Arbeitsschutz wenig zu tun.
Der Körper reagiert
Bildschirm-Müdigkeit äußert sich nicht immer laut. Oft schleicht sie sich ein: trockene Augen, der ständige Griff zur Schläfe, das Gefühl, sich „durch den Tag zu drücken“. Wer täglich so arbeitet, spürt schnell mehr als nur Erschöpfung. Konzentration lässt nach, die Schlafqualität sinkt, das Gefühl für Grenzen geht verloren.
Eine im Februar 2025 veröffentlichte Meta-Analyse im Fachjournal JAMA Network Open belegt zusätzlich: Mit jeder zusätzlichen Stunde Bildschirmzeit pro Tag steigt das Risiko für Kurzsichtigkeit (Myopie) im Erwachsenenalter um durchschnittlich 21?Prozent. Die Untersuchung basiert auf über 25 internationalen Einzelstudien und unterstreicht die gesundheitliche Relevanz auch für langfristige Veränderungen.
Wer setzt es wirklich um?
Was hilft, ist nicht neu – aber wird selten konsequent umgesetzt. Ergonomisch arbeiten heißt: Den Monitor auf Augenhöhe platzieren. Einen Stuhl nutzen, der eine stabile Haltung ermöglicht. Für ausreichend Licht sorgen, Reflexionen vermeiden. Blaulichtfilter aktivieren. Schriftgrößen anpassen. Und: den Körper regelmäßig in Bewegung bringen.
Auch die berühmte 20-20-20-Regel hat ihre Berechtigung: Alle 20 Minuten für 20 Sekunden auf etwas in 6 Meter (etwa 20 Fuß) Entfernung schauen. Sie bringt Entspannung, Reizreduktion und neue Fokussierung. Kleine Übung, große Wirkung.
Hilfreich sind auch digitale Tools: Apps wie „Eye Rest Reminder“ erinnern regelmäßig an kurze Pausen, Augenübungen oder kleine Bewegungseinheiten. Wer will, kann sich diese Erinnerungen sogar als Widget auf den Bildschirm holen.
Bewegung am Arbeitsplatz muss nicht viel Raum einnehmen: Schulterkreisen, Nackenrollen, kurz aufstehen, dehnen – zwei Minuten reichen, um die Durchblutung anzuregen und Verspannungen vorzubeugen.
Und wer Blaulicht am Bildschirm reduzieren will, muss nicht gleich zur Spezialbrille greifen. Ein aktivierter Nachtmodus, Bildschirmfilter oder die Nutzung von systemeigenen Funktionen kann bereits viel bewirken.
Wenn Gewöhnung zum Problem wird
Fred Eichwald, Unternehmer, verbringt täglich mindestens zwölf Stunden vor dem Bildschirm. Seine Strategie: nie länger als eine Stunde am Stück arbeiten, regelmäßige Augenpausen und tägliche Spaziergänge in der Natur. „Ich habe gelernt, dass mein Kopf nur klar bleibt, wenn meine Augen durchatmen dürfen“, sagt er.
Erst mit konkreten Veränderungen – von Bildschirmfolien bis zu mehr Pausen – besserte sich die Situation. Nicht sprunghaft. Aber spürbar. Schritt für Schritt.
Nicht nur Erwachsene auch Kinder sind betroffen
Laut den Studien des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest verbringen Kinder und Jugendliche in Deutschland zunehmend Zeit mit Bildschirmmedien. Die steigende Nutzung wird kritisch bewertet, da sie mit einem erhöhten Risiko für Adipositas verbunden ist. Gründe hierfür sind Bewegungsmangel und der Konsum energiedichter Lebensmittel während der Mediennutzung. Besonders Jungen verbringen signifikant mehr Zeit mit digitalen Spielen als Mädchen. Quelle: RKI Themenblatt Bildschirmmedien
Wer nicht hinschaut, wird blind für die Folgen
Bildschirmarbeit ist Alltag. Und genau deshalb ist sie gefährlich. Denn was alltäglich ist, wird selten hinterfragt. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Beschäftigte haben Rechte, aber auch die Verantwortung, für sich selbst einzustehen. Wer gesund bleiben will, muss Prioritäten setzen.