Bröckelt die Zukunft der Bäckereien in Deutschland? Viele Traditionsbetriebe stehen vor dem Aus, Filialen schließen, Nachwuchs fehlt. Gleichzeitig machen Discounter und Backautomaten den Handwerksbäckern das Leben schwer. Doch es gibt auch kreative Lösungen und neue Konzepte. Ein Blick auf eine Branche im Umbruch.
Wie viele Bäckereien gibt es noch in Deutschland?
Laut dem Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks gab es 2023 noch rund 9.242 handwerkliche Bäckereien (Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, 2023). Vor zwanzig Jahren waren es fast doppelt so viele. Besonders kleine Familienbetriebe haben es schwer, sich gegen Supermarktketten und Backwaren-Discounter zu behaupten. In manchen Regionen Deutschlands ist die Zahl der Betriebe dramatisch gesunken – vor allem in ländlichen Gebieten.
Gleichzeitig ist die Zahl der Beschäftigten gesunken. Im Jahr 2023 arbeiteten rund 235.000 Menschen im Bäckerhandwerk (Statistik zur Beschäftigtenentwicklung, 2023), ein Rückgang gegenüber den Vorjahren. Während die Zahl der Betriebe sinkt, bleibt die Anzahl der Verkaufsstellen relativ stabil, da größere Unternehmen ein breiteres Filialnetz betreiben.
Warum geben viele Bäckereien auf?
Die Ursachen sind vielfältig. Steigende Rohstoff- und Energiekosten setzen die Betriebe unter Druck, zusätzlich fehlen qualifizierte Fachkräfte. Auch die veränderten Konsumgewohnheiten tragen zur Krise bei. Viele Kunden greifen lieber zu den günstigeren, industriell gefertigten Backwaren aus dem Supermarkt. Handwerklich hergestellte Brötchen und Brote sind teurer – und werden von preissensiblen Verbrauchern zunehmend gemieden.
Zudem zwingt der Fachkräftemangel viele Bäcker, ihre Öffnungszeiten zu reduzieren oder ganz aufzugeben. Ein weiteres Problem: Die gestiegenen Preise für Gas, Getreide und Zucker. Während der Weltmarktpreis für Weizen deutlich gesunken ist und sich stabilisiert hat, sind die Energiekosten weiter gestiegen, was sich natürlich direkt auf die Produktionskosten auswirkt.
Welche Herausforderungen betreffen das Backhandwerk?
Der Bäckermangel ist kein Einzelfall, sondern spiegelt ein generelles Problem vieler Handwerksberufe wider. In Deutschland fehlen laut IW Köln insgesamt etwa 113.000 Fachkräfte im Handwerk. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung in diesem Bereich. Der Trend zur Akademisierung hat dazu geführt, dass Handwerksberufe oft als unattraktiv angesehen werden. Dabei hieß es noch zu Großmutters-Zeiten „Handwerk ist Gold wert“. Zudem sind die Arbeitszeiten in der Bäckerei – sehr frühes Aufstehen, lange Schichten – für viele abschreckend. Die steigenden Lohnkosten stellen eine zusätzliche Belastung dar, da Tarifsteigerungen in den letzten Jahren überdurchschnittlich hoch ausgefallen sind. Diese Kosten werden oft auf die Produktpreise umgelegt, was wiederum preisbewusste Kunden abschrecken kann.
Welche Rolle spielt das geänderte Essverhalten?
Immer mehr Menschen setzen auf kohlenhydratarme Ernährung und verzichten teilweise auf Brot. Dennoch bleibt Brot ein integraler Bestandteil des Speiseplans vieler Deutscher: Die durchschnittliche Einkaufsmenge lag zuletzt bei etwa 41,6 Kilogramm je Haushalt. Besonders beliebt sind Toast- und Mischbrot. Ein großer Teil des Brots wird jedoch mittlerweile als vorverpackte SB-Ware oder aus SB-Backstationen gekauft. Bedientheken kamen 2022 nur noch auf ein Drittel des Absatzes. Zudem sind die Verbraucherpreise für Brot und Brötchen 2023 um etwa 12,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2023), was sich ebenfalls auf die Kaufentscheidungen auswirkt. Interessanterweise profitieren Landwirte kaum von den gestiegenen Preisen – ihr Anteil an den Verkaufserlösen ist in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gesunken.
Wie können sich Bäckereien für die Zukunft aufstellen?
Trotz der Herausforderungen gibt es innovative Ansätze, mit denen sich Bäckereien behaupten können. Einige setzen stark auf Regionalität und Transparenz: Kunden wollen wissen, woher ihre Zutaten stammen. Andere Bäcker reduzieren ihre Öffnungszeiten, um Kosten zu sparen, oder verkaufen Brot und Brötchen über besagte Automaten, die rund um die Uhr zugänglich sind. Auch der Online-Verkauf von Spezialbroten boomt.
Trotz des Rückgangs der Betriebe gibt es positive Entwicklungen: Der Branchenumsatz ist im Jahr 2023 auf 17,55 Milliarden Euro gestiegen (Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, 2023), ein Zuwachs von 7,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch der durchschnittliche Umsatz pro Betrieb ist von 1,7 Millionen Euro (2022) auf 1,9 Millionen Euro (2023) gestiegen (Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks, 2023).
Diese Zahlen zeigen, dass zwar weniger Betriebe existieren, diese jedoch größer und wirtschaftlich effizienter werden. Der Trend zur Konsolidierung führt dazu, dass kleine Betriebe zunehmend verschwinden, während große Bäckereien ihre Marktposition stärken. Unklar bleibt jedoch, ob die steigenden Umsätze auch mit höheren Gewinnen einhergehen oder ob die gestiegenen Kosten den Betrieben die Margen weiter schrumpfen lassen.
Die Zahl der handwerklichen Bäckereien wird wohl weiter sinken. Doch ein totales Verschwinden des Berufsstandes scheint unwahrscheinlich. Der Trend zu hochwertigen, nachhaltig produzierten Lebensmitteln gibt Hoffnung. Wer sich anpasst, kann auch in Zukunft erfolgreich sein – wenn auch vielleicht in neuer Form. Und so freue ich mich jetzt auf meine knackigen Frühstücksbrötchen.