„Sei innovativ!“, heißt es in vielen Jobanzeige. „Out of the box denken“, „Querdenken“, „Ideen einbringen“ – das kreative Mindset gilt als Schlüsselkompetenz der modernen Arbeitswelt. Wer heute in einem Unternehmen herausstechen will, sollte nicht nur effizient, sondern auch genial sein. Originell. Überraschend. Visionär, wie einst Steve Jobs.

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Soweit das Idealbild. Die Realität sieht oft anders aus. In vielen Büros regiert nicht der kreative Funke, sondern das Flackern der Angst. Angst davor, mit einer Idee anzuecken. Angst, sich lächerlich zu machen. Angst, mit einem Vorschlag ins offene Messer der Kritik zu laufen. Denn obwohl „Kreativität im Job“ laut HR-Vokabular gefeiert wird, ist sie in vielen Organisationen ein kaum geduldeter Gast. Sobald sie unbequem wird, wird sie aussortiert – höflich, aber bestimmt.

Was „Kreativität im Job“ eigentlich bedeutet

Kreativität im Arbeitskontext meint mehr als bunte Folien oder Ideenworkshops mit Knetmasse. Es geht um die Fähigkeit, Probleme neu zu denken. Um den Mut, bestehende Prozesse infrage zu stellen. Um das Einbringen ungewohnter Perspektiven – und darum, das ewige „Das haben wir schon immer so gemacht“ nicht einfach hinzunehmen und weiterzuführen. Kreative Mitarbeitende stellen den Status quo stets infrage. Sie sind auch manchmal unbequem, fordernd. Und genau das ist es, was sie so wertvoll macht – und zugleich gefährlich für starre und veraltete Strukturen.

Warum gerade Unternehmen steif und unkreativ?

Die Wurzel des Problems liegt meist in einer seit Jahrzehnten gelebten Unternehmenskultur. Lieber nichts falsch machen, als etwas Neues wagen – nach diesem Prinzip ticken immer noch viele Unternehmen. Fehler werden nicht als Lernchance verstanden. Kritik ist selten lösungsorientiert, sondern oft herabwürdigend oder demotivierend. Wer sich einmal im wahrsten Sinne des Wortes „die Finger verbrannt“ hat – mit einer euphorischen Idee, die abgeprallt ist, wird beim nächsten Mal vorsichtiger präsentieren. Oder ganz schweigen.

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Innovation wird zwar theorethisch gewünscht, aber teils systematisch verhindert. Die Folge? Lebendige Diskussionen werden im Keim erstickt. Menschen sagen nur noch, was ungefährlich ist. Sie passen sich an, halten sich zurück. Und irgendwann verlässt der letzte kreative Kopf das Unternehmen.

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Wenn Ideen sterben, stirbt die Zukunft des Unternehmens

Man muss kein Wirtschaftsguru sein, um zu verstehen: Ohne neue Ideen keine Entwicklung. Ohne Entwicklung kein Fortschritt. Unternehmen, die keinen offenen Diskurs pflegen, verspielen ihre Zukunft. Denn Märkte, Kundenbedürfnisse, Technologien – alles ändert sich rasant. Nur wer mitdenkt, umdenkt, weiterdenkt, bleibt im Spiel.

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Doch genau das gelingt nur, wenn Menschen sich trauen, anders sein zu dürfen. Wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Meinung zählt. Dass sie nicht beäugt, sondern ernst genommen werden – selbst wenn eine Idee mal schräg ist oder auch quatsch. Kreativität braucht Raum und Zeit.

Das war Mist

Besonders fatal ist der Umgang mit Kritik. In vielen Unternehmen ist sie noch immer ein Monolog von oben. Feedback wird gegeben – nicht eingeholt. Oft kommt sie im Gewand der „konstruktiven Rückmeldung“, meint aber in Wahrheit: „Das war Mist.“ Wer so behandelt wird, zieht sich zwangsläufig zurück. Lernt, sich anzupassen. Macht Dienst nach Vorschrift.

Dabei ist es kein Widerspruch, kreativ zu sein und mit Kritik umzugehen, ganz im Gegenteil. Kreativität lebt vom Widerspruch, vom Widerstand, von Reibung. Doch dafür braucht es einen anderen Ton. Eine andere Haltung. Und vor allem: einen sicheren Raum, in dem Ideen erst einmal gedeihen dürfen, bevor sie bewertet oder gar entwertet werden.

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Was Unternehmen dafür tun müssen?

Statt Innovationsparolen in den Unternehmensfluren aufzuhängen , sollten Unternehmen beginnen, kreativitätsfreundliche Bedingungen zu schaffen. Das beginnt nicht beim Mitarbeitenden, sondern natürlich wie so oft bei der Führung. Wer Kreativität will, muss sich selbst hinterfragen – und auch mal Kontrolle abgeben. Es braucht:

  • eine konstruktive Fehlerkultur, in der Scheitern als Teil des Wachstums verstanden wird – nicht als Stigma
  • Vertrauen in die Mitarbeitenden, das sich in Handlungsfreiheit zeigt
  • eine Feedbackkultur, die dialogisch ist – also zuhört, nachfragt, auf Augenhöhe kommuniziert
  • und nicht zuletzt: Führungskräfte, die bereit sind, sich zu hinterfragen – und mutig genug sind, selbst mal der abgedrehsteste Idee eine Chance zu geben

Ja, Kreativität ist unbequem – und genau deshalb so wichtig

Niemand hat behauptet, dass das mit der Kreativität ein Leichtes ist. Sie ist chaotisch, manchmal naiv, unbequem. Sie stellt Gewohntes infrage, verlangt Veränderung. Aber genau das brauchen Unternehmen heute mehr denn je. Mehr Menschen mit Standpunkt. Mit Ideen. Mit Mut.

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