Niemand wacht morgens auf und denkt: „Ach, heute habe ich Lust auf unbezahlte Arbeit.“ Aber ein gutes Praktikum kann mehr sein als das. Es ist die erste große Chance, herauszufinden, ob dein Traumjob wirklich so glamourös ist, wie du ihn dir vorstellst. Es kann aber auch eine Zeitverschwendung sein, wenn du nur Kopierarbeiten erledigst und nach drei Monaten ohne Erkenntnis oder Perspektive wieder gehst. Deshalb ist es wichtig, sich nicht nur die richtige Stelle auszusuchen, sondern auch die eigenen Rechte zu kennen.
Warum ein Praktikum?
Ein Praktikum ist mehr als nur eine Station im Lebenslauf. Es gibt dir die Möglichkeit, einen Beruf in der Praxis kennenzulernen, Stärken und Schwächen zu erkennen und dich in einem sicheren Rahmen auszuprobieren. Viele Unternehmen bevorzugen Bewerber, die schon praktische Erfahrung gesammelt haben. Wer sich früh ein Netzwerk aufbaut, hat oft bessere Chancen auf eine Festanstellung. Und manchmal ist ein Praktikum einfach nur der perfekte Weg, um herauszufinden, dass eine Branche doch nicht so spannend ist, wie sie auf Instagram aussieht.
Welche Arten von Praktika gibt es?
- Pflichtpraktikum: Dieses wird von deiner Schule oder Universität vorgeschrieben. Es ist oft unbezahlt, zählt aber als wichtiger Teil deiner Ausbildung.
- Freiwilliges Praktikum: Du absolvierst es aus eigenem Antrieb, um Erfahrungen zu sammeln oder dich beruflich zu orientieren. Ab einer Dauer von drei Monaten hast du Anspruch auf Mindestlohn.
- Schülerpraktikum: Dieses dauert meist nur ein paar Wochen und dient der ersten beruflichen Orientierung. In der Regel ist es unbezahlt.
Rechte und Pflichten als Praktikant
Ein Praktikum bedeutet nicht, dass du völlig auf dich allein gestellt bist. Es gibt gesetzliche Vorgaben, die dich schützen.
Freiwillige Praktika über drei Monate müssen mit mindestens 12,82 Euro pro Stunde bezahlt werden. Deine Arbeitszeit darf 40 Stunden pro Woche nicht überschreiten, und minderjährige Praktikanten haben zusätzlich besondere Schutzregelungen. (Stand 2025)
Es muss einen schriftlichen Vertrag geben, wenn das Praktikum länger als drei Monate dauert. Darin sollten die Dauer des Praktikums, Aufgaben, Vergütung und Urlaubsanspruch festgehalten sein.
Falls dein Praktikum dich mehr ausnutzt als weiterbringt, hast du das Recht, es zu beenden. Während einer vereinbarten Probezeit ist eine Kündigung mit zwei Wochen Frist möglich, danach gelten die gesetzlichen vier Wochen. (BMAS)
Wird ein Praktikum bezahlt?
Pflichtpraktika sind per Gesetz nicht vergütungspflichtig. Viele Unternehmen zahlen dennoch eine kleine Aufwandsentschädigung – ein fester Anspruch darauf besteht aber nicht.
Freiwillige Praktika hingegen unterliegen ab einer Dauer von drei Monaten dem Mindestlohngesetz. Das bedeutet: Wenn du mehr als drei Monate im Unternehmen bleibst, muss dir mindestens der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden. Bei kürzeren freiwilligen Praktika kann die Vergütung frei vereinbart werden.
Bei Schülerpraktika sieht es anders aus: Diese sind fast immer unbezahlt, da sie rein zur Orientierung dienen.
Wie lange darf ich arbeiten und habe ich Anspruch auf Urlaub?
Wie lange du arbeiten darfst, hängt davon ab, ob du volljährig oder minderjährig bist.
Für Erwachsene gilt:
- Eine Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche ist die Obergrenze.
- In Ausnahmefällen kann sie auf 10 Stunden pro Tag verlängert werden, wenn ein Ausgleich erfolgt.
- Nach sechs Stunden Arbeit muss eine Pause von mindestens 30 Minuten eingelegt werden.
Für Minderjährige gelten strengere Regeln:
- Maximal 7 Stunden pro Tag, 35 Stunden pro Woche.
- Längere Pausen: Nach 4,5 Stunden mindestens 30 Minuten Pause, nach 6 Stunden 60 Minuten Pause.
Urlaubsanspruch hast du nur, wenn dein Praktikum freiwillig und länger als einen Monat dauert. Dann stehen dir anteilig etwa zwei Urlaubstage pro Monat zu.
Versicherung im Praktikum: Was du wissen musst
1. Unfallversicherung
Während des Praktikums bist du über den Arbeitgeber unfallversichert. Verletzungen während der Arbeit oder auf dem Weg dorthin sind abgedeckt.
2. Krankenversicherung
Pflichtpraktikanten bleiben über die Familienversicherung abgesichert. Bei freiwilligen Praktika mit einem Verdienst über 520 Euro kann eine Sozialversicherungspflicht entstehen.
3. Haftpflichtversicherung
Nicht automatisch enthalten. Prüfe, ob deine private Haftpflicht Schäden während des Praktikums abdeckt.
Was tun und was vermeiden?
Dos – Das solltest du tun
- Sei pünktlich und zuverlässig.
- Stelle Fragen und zeige Interesse.
- Engagiere dich und bringe dich ins Team ein.
- Dokumentiere deine Tätigkeiten für dein Zeugnis.
- Nutze das Praktikum zum Networking.
Don’ts – Das solltest du vermeiden
- Nur das Nötigste tun.
- Smartphone am Arbeitsplatz nutzen.
- Zu früh nach Vergütung oder Urlaub fragen.
- Dich unter Wert verkaufen.
- Scheinpraktika akzeptieren, die dich nur für Hilfsarbeiten einsetzen.
Praktikumsvertrag: Klare Regeln für dein Praktikum
Ein Praktikum sollte keine lose Vereinbarung sein, sondern auf festen Regeln basieren. Damit du weißt, was dich erwartet, muss bei freiwilligen Praktika über drei Monate ein schriftlicher Vertrag geschlossen werden. Aber auch bei kürzeren Praktika lohnt es sich, auf eine schriftliche Vereinbarung zu bestehen.
Was gehört in den Vertrag?
- Dauer des Praktikums: Wann beginnt und endet dein Praktikum?
- Arbeitszeiten und Aufgabenbereiche: Wie viele Stunden arbeitest du pro Woche? Welche Tätigkeiten sind vorgesehen?
- Vergütung: Falls du bezahlt wirst, sollte auch die Höhe der Vergütung festgehalten werden.
- Urlaubsregelungen: Hast du Anspruch auf freie Tage? Falls ja, wie viele?
- Kündigungsfristen: Welche Fristen gelten, falls du oder das Unternehmen das Praktikum vorzeitig beenden möchtet?
Ein schriftlicher Vertrag schafft Klarheit für beide Seiten und verhindert Missverständnisse.
Praktikumszeugnis: Dein Nachweis für die Zukunft
Egal ob kurz oder lang – nach jedem Praktikum hast du das Recht auf eine Bescheinigung. Doch nicht jedes Zeugnis ist gleich wertvoll.
Welche Arten von Zeugnissen gibt es?
- Einfaches Zeugnis: Bestätigt lediglich, dass du im Unternehmen gearbeitet hast und welche Aufgaben du übernommen hast.
- Qualifiziertes Zeugnis: Enthält zusätzlich eine Bewertung deiner Leistung und deines Engagements.
Wer sich später erfolgreich bewerben will, sollte auf ein qualifiziertes Zeugnis bestehen. Es zeigt nicht nur, was du gemacht hast, sondern auch, wie gut du es gemacht hast. Ein wohlwollendes Zeugnis kann den entscheidenden Vorteil bringen – also am besten frühzeitig mit dem Arbeitgeber besprechen.
Beispiel für ein qualifiziertes Zeugnis:
Praktikumszeugnis für Frau Müller Frau Müller absolvierte vom 1. März bis zum 31. August 2025 ein sechsmonatiges Praktikum in unserer Verkaufsabteilung im Einzelhandel. Während dieser Zeit unterstützte sie unser Team in der Filiale München engagiert und zuverlässig.Zu ihren Aufgaben gehörten: Frau Müller arbeitete sich schnell ein, zeigte Eigeninitiative und überzeugte durch ihr freundliches und professionelles Auftreten. Auch in stressigen Situationen behielt sie den Überblick und trug mit ihrem Engagement zum Erfolg unseres Teams bei. Wir danken ihr für die hervorragende Mitarbeit und empfehlen sie uneingeschränkt weiter. Ort, Datum |
Ein Praktikumszeugnis sollte wohlwollend formuliert sein und keine negativen Aussagen enthalten. Direkte Kritik wird meist vermieden oder indirekt ausgedrückt.
Wie bewerbe ich mich richtig?
Eine Bewerbung für ein Praktikum sollte präzise, professionell und überzeugend sein. Auch wenn keine Stelle ausgeschrieben ist, kann eine Initiativbewerbung erfolgreich sein. Viele Unternehmen nehmen Praktikanten auf, wenn das Profil und der Zeitpunkt passen.
Sehr geehrte Damen und Herren, durch meine Recherche bin ich auf Ihr Unternehmen aufmerksam geworden und bewerbe mich für ein Praktikum im Bereich Marketing vom ersten August bis Ende Oktober. Ich studiere Kommunikationswissenschaften an der Universität München und möchte meine theoretischen Kenntnisse mit praktischer Erfahrung ergänzen. Besonders interessiert mich die strategische Markenkommunikation, da ich bereits erste Erfahrungen in der Content-Erstellung gesammelt habe. Ich freue mich über die Möglichkeit, mich persönlich vorzustellen und mehr über Ihr Unternehmen zu erfahren. Mit freundlichen Grüßen |
Häufige Fragen zum Praktikum (FAQs)
Kann ich mehrere Praktika machen?
Ja, aber wenn sie beim selben Unternehmen zusammen über drei Monate dauern, gilt der Mindestlohn.
Darf ich mein Praktikum abbrechen?
Ja, mit der im Vertrag festgelegten Kündigungsfrist – meist zwei Wochen in der Probezeit, vier Wochen danach.
Was passiert, wenn ich krank werde?
Während eines Praktikums besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, wenn das Praktikum länger als vier Wochen dauert. Die Krankmeldung sollte umgehend beim Arbeitgeber eingereicht werden.
Kann mir ein Praktikum auf die Rente angerechnet werden?
Nur, wenn es sozialversicherungspflichtig ist – das gilt für freiwillige Praktika mit einem Verdienst über 520 Euro.
Kann ich neben dem Praktikum noch arbeiten?
Ja, aber dein Nebenjob darf die Gesamtarbeitszeit nicht übermäßig erhöhen. Bei Pflichtpraktika solltest du prüfen, ob deine Uni eine Begrenzung vorgibt.
Lohnt sich ein Praktikum?
Ein Praktikum kann Türen öffnen, wenn es sinnvoll gewählt wird. Pflichtpraktika sind oft notwendig für den Abschluss, aber nicht immer spannend. Freiwillige Praktika helfen, wertvolle Erfahrungen zu sammeln und sich beruflich zu orientieren.
Am Ende lohnt sich ein Praktikum, wenn du etwas dabei lernst. Nicht, wenn du nur für andere den Drucker reparierst.