Soft Skills werden wichtiger. Vor allem eine Fähigkeit sei bedeutend, aber selten zu bei Mitarbeitern finden – so Expertin Heide K. Gardner (University Harvard).

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Zu den Schlüsselqualifikationen von Mitarbeitern gehört nicht nur Fachkompetenz. Vor allem die weichen Fähigkeiten, die Soft Skills, gewinnen an Bedeutung in der neuen Arbeitswelt und helfen bei dem Karriereaufbau. Laut Karriereexpertin Heidi K. Gardner, die seit vielen Jahren an der Harvard University lehrt, forscht und beratend tätig ist, gibt es dabei vor allem eine Sache, die selten vorzufinden ist und auffällig oft auch nur bei Frauen: die Kollaborationsfähigkeit.

Eine Umfrage von Coachhub, an der HR-Experten teilnahmen, bestätigt das: 49 Prozent sehen die Fähigkeit, kollaborativ zusammenarbeiten zu können, als besonders wichtig an – und sogar als wichtigste Fähigkeit, die auf dem ersten Platz landet. Unternehmen wünschen sich demnach Jobkandidaten, die in der Lage sind, nicht nur alleine zu arbeiten, sondern im Kollektiv nach Lösungen zu streben. Dabei geht es aber nicht nur um Kooperation als Teamwork.

Unterschied: Kollaboration vs. Kooperation

Was steckt hinter dem Begriff „Kollaborationsfähigkeit“? Zunächst einmal: Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Kollaboration und dem Begriff der Kooperation – und die Gefahr der synonymen Verwendung ist groß.

Bei beiden Worten spielt die Gemeinschaft eine Rolle. Während wir bei der Kooperation aber Aufgaben zumeist untereinander aufteilen, um später gemeinsam zu einem Ergebnis zu kommen oder die Ergebnisse zusammenzufügen, geht es bei der Kollaboration um das gemeinsame Erarbeiten einer Lösung. Kooperation beschreibt deshalb üblicherweise eine Arbeitsteilung, während Kollaboration die gemeinschaftliche Problemlösung meint.

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Starre Muster gehören aufgelöst: Kein Abteilungs- und Bereichsdenken

Gerade in Zeiten des Remote-Arbeitens ist die Kollaborationsfähigkeit eine wichtige Fähigkeit – auch und besonders für Führungskräfte. Sie hilft dabei, das „große Ganze“ zu sehen und nicht in der eigenen Gedankenwelt, mit der eigenen Expertise, in Lösungen zu versinken.

Kollaboration im New Normal unterstützt, klassische Hierarchien und Abgrenzung etwas weicher zu gestalten oder veraltete, starre Muster ganz aufzulösen. Denn in der heute so dynamischen Arbeitswelt kommen nicht selten Experten und Teams unterschiedlicher Abteilungen zusammen, um an Lösungen zu arbeiten. Gängiges Abteilungs- und Bereichsdenken gehört der Vergangenheit an – zumindest in modernen, zukunftsorientierten Unternehmen.

Das zeigt auch der Trend, dass Allrounder gerne gesehen sind und Quereinsteiger, die über wenig Fachwissen verfügen, mit ihrer Kollaborationsfähigkeit glänzen können, wenn sie in der Lage sind, gemeinsam und nicht getrennt zu arbeiten, von Experten zu lernen und sich im Team gegenseitig zu ergänzen.

Studie: Frauen in Führungspositionen sind kollaborativer als männliche Kollegen

Gardner verweist auf eine im Jahr 2021 erschienene McKinsey-Studie. Eine zentrale Erkenntnis hieraus: Vor allem Frauen sind kollaborationsfähig. Weibliche Führungskräfte seien demnach stärker und bemühter als Männer in gleicher Führungsposition, wenn es um die soziale Komponente der Zusammenarbeit ginge. Sie helfen ihren Mitarbeitern, so der Report, wenn es um das Wohlergehen und um die Arbeitsstrukturierung der Teams geht, eher als männliche Führungskräfte.

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Kollaboratives Arbeiten: Tipps für ein besseres Miteinander und mehr Erfolg

Die gute Nachricht: Ob männlich oder weiblich, Führungskraft oder Fachkraft – Kollaborationsfähigkeit kann trainiert werden. Es bedarf manchmal nur weniger Veränderungen im Team, um Großes zu bewirken.

Tipp #1: Lernen, wie aufmerksames Zuhören funktioniert

Zuhören ist die wichtigste Eigenschaft für kollaborative Zusammenarbeit – denn es geht um das Kollektiv, nicht um den Einzelnen. Empathische Führungskräfte, die es glücklicherweise in der Arbeitswelt gibt, auch wenn es mehr geben dürfte, machen es vor: Sie hören ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aufmerksam zu. Deshalb sind sie in der Lage, auf die Bedürfnisse der Belegschaft einzugehen. Auch Fachkräfte, die diese Fähigkeit besitzen, können die Denk- und Verhaltensweise von Kollegen besser verstehen, einordnen und in eigene Lösungsansätze integrieren.

Wie aktives Zuhören funktioniert:

  • Nonverbale Signale: Achte auf die Körpersprache und die Mimik deiner Kollegen, wenn sie dir etwas erzählen. Nonverbale Kommunikation wird oft unterschätzt, kann aber dabei helfen, zwischen den Zeilen zu lesen.
  • Nicht unterbrechen: Wir neigen dazu, andere zu stoppen, um eigene Gedanken einzuwerfen. Es sollte jedoch genügend Zeit und Aufmerksamkeit „erübrigt“ werden, um jemanden nicht unterbrechen zu müssen.
  • Blickkontakt: Wegschauen, schnaufen, genervt die Augen rollen – keine gute Idee. Wer aktiv zuhört, hält Blickkontakt. Und das wertfrei.

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Tipp #2: An der Selbstwahrnehmung arbeiten

Kollaborationsfähigkeit unterteilt sich im Wesentlichen in zwei Teile: Bei einem Teil geht es um das aktive Zuhören und die Emphatiefähigkeit, um mit anderen zusammenarbeiten zu können. Also um die anderen. Beim zweiten Teil geht es um dich; um Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung.

Warum eine gesunde Selbstwahrnehmung so wichtig ist? Sie hindert uns am Schwarz-Weiß-Denken und hält uns so davon ab, in die Extremen zu gehen. So ist es möglich, sich selbst nicht zu über- oder unterschätzen und besser mit dem Umfeld zu harmonieren. Ob im Team oder im Gespräch mit einer Führungskraft: Du bekommst ein Gefühl für deine persönlichen Abwehr- und Stressreaktionen und verstehst, warum du so handelst, wie du handelst.

Zentrale Fragen bei der Selbstwahrnehmung und -reflexion, die dabei helfen, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln:

  • Wer „bist“ du? Welche Rolle hast du im Unternehmen?
  • Wie ordnest du selbst – ohne Fremdeinwirkung – deine Stärken und Schwächen ein?
  • Welche Wünsche und Bedürfnisse hast du?
  • Stellst du dich deinen Schattenseiten?
  • Welche Werte hast du?

Tipp #3: Menschen zusammenbringen und stärken

Kollaboration lebt von der Zusammenarbeit in Gruppen. Es kommen unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Wissen und verschiedenen Denkweisen zusammen. Das birgt Konfliktpotenzial. Wer jedoch in der Lage ist, kollaborativ zusammenzuarbeiten, bringt Menschen zusammen – auch auf die Gefahr hin, dass es Diskussionen geben könnte.

Vor allem für Führungskräfte ist es wichtig, an dieser Fähigkeit zu arbeiten. Schließlich sind sie es, die ein Team leiten und die Verantwortung dafür tragen, dass niemand benachteiligt oder vergessen wird. Wichtig: Es sollte keine Scheu davor bestehen, offen zu diskutieren und Konflikte gemeinsam zu lösen.

Was wichtig ist:

  • Gefühle verbalisieren, damit kein emotionaler Stau entsteht – denn die Zusammenarbeit mit Menschen bedeutet immer, dass etwas in uns ausgelöst wird.
  • Feedback geben – und das auf transparente und konstruktive Weise.
  • Es gibt Grenzen: Es sollten nicht beliebig Mitarbeiter versammelt werden, vor allem nicht nur homogene Teams. Vielmehr gilt es, Menschen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen zusammenzubringen, damit eine Ergänzung entsteht.
  • Coachings anbieten: Schon einmal über ein externes Coaching nachgedacht, um das Wir-Gefühl zu stärken und Kollaboration zu ermöglichen? Falls nicht, wird es Zeit, diese Möglichkeit zu erwägen.

Tipp #4: Team-Resilienz trainieren für schwierige Zeiten

Wenn Menschen zusammenkommen, um gemeinsam an einem Projekt und an definierten Zielen zu arbeiten, ist es auch wichtig, eine kollektive Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Denn nicht selten kommt es zu Misserfolgen und frustrierenden Momenten innerhalb eines Teams. Sich gegenseitig motivieren, helfen und aufbauen – auch das ist wichtig, um Menschen erfolgreich zusammenzubringen und gemeinsam in Richtung Erfolg zu laufen.

Übrigens: Menschen mit einer ausgeprägten Kollaborationsfähigkeit wissen, dass harte, schwere Zeiten sowie Misserfolge und Konflikte förderlich sein können. Sie bringen Teams im schlimmsten Fall auseinander. Im besten Fall sorgen sie aber für eine Stärkung, um aus Krisenzeiten lernen zu können.

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Bildnachweis: jacoblund/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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