Während viele Arbeitgeber um Fachkräfte konkurrieren, bauen große Unternehmen zeitgleich unzählige Stellen ab. Was hat das Phänomen zu bedeuten?

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Sie tun es fast alle: Großunternehmen bauen tausende Stellen ab, denn hohe Energiepreise, Inflation und der steigende Kostendruck lässt ihnen keine andere Wahl.

Auf der anderen Seite zeichnet sich ein gänzlich anderes Bild ab. Denn an vielen Ecken und Enden existieren große Personallücken. Es mangelt an qualifizierten Fachkräften. So zeigt die aktuelle Auswertung der Deutschen Industrie- und Handelskammer „DIHK-Fachkräftereport 2023/2024“, dass in den Branchen Industrie, Dienstleistungsgewerbe, Baugewerbe und Handel Personal fehlt.

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Wie erklärt sich die konträre Entwicklung am Arbeitsmarkt?

Der massive Stellenabbau sorgt zunächst für Verwirrung, ist jedoch logisch erklärbar. Denn es finden parallel viele Veränderungen am Arbeitsmarkt statt: Neben dem demografischen Wandel gibt es die digitale Transformation. Große Unternehmen stellen sich globaler auf. Während Unternehmen auf den Veränderungsdruck reagieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit beizubehalten, haben Bewerber – sogar mit Uni-Abschlüssen – Probleme damit, eine Stelle mit ihrer Qualifikation zu finden.

Alexander Burstedde vom IW Köln erklärt gegenüber dem ZDFheute, dass ein Fachkräftemangel herrsche, da Menschen schlicht nicht die entsprechenden Skills besäßen, die heute von Unternehmen gebraucht werden.

Fachkräfte sind demnach nach wie vor gefragt – nur eben mit anderer Spezialisierung und Qualifikation. So produziert Deutschland zum Beispiel immer weniger Autos, sodass es in dieser Branche zu einem massiven Stellenabbau kommt. Fachkräfte in der Elektroindustrie hingegen werden gleichzeitig gesucht.

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Kompetenzlücken füllen: Hierzulande ein großes Problem

Ein massives Problem, das speziell in Deutschland ersichtlich wird, sind die fehlenden Lern- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Beschäftigte. Gut entwickelte Reskilling-Programme sind Mangelware. Doch diese sind bitter notwendig, um Beschäftigte auf die Zukunft vorzubereiten. Sowohl für den Einzelnen als auch für ganze Unternehmen.

Prof. Dr. Jutta Rump, die Trends in der Arbeitswelt erforscht, bringt es auf den Punkt: Zwar existiere hierzulande ein „System mit hoher Qualität“, wenn es um die Ausbildung von Arbeitskräften geht, doch im Arbeitssystem seien Fort- und Weiterbildungen kaum vorgesehen. Ein Schwachpunkt, der heute deutlich spürbar ist.

„Allianz der Chancen“: Programm als Antwort auf die Veränderungen

Die Initiative „Allianz der Chancen“ will dem strukturellen Wandel konstruktiv begegnen. Rund 65 Unternehmen (Stand 2024) sind bisher involviert. Unter anderem: Bosch, DHL, Continental, Mercedes-Benz, Microsoft und die Deutsche Telekom. Es seien „neue pragmatische und bedarfsorientierte Ansätze“ notwendig, heißt es auf der Webseite des Programms, damit Beschäftigte nicht in der Arbeitslosigkeit enden.

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So soll es möglich sein, dass Beschäftigte, die für eine bestimmte Stelle nicht mehr benötigt werden, für einen anderen Job in einem neuen Unternehmen vermittelt werden. Denn einige Arbeitgeber suchten dringend, während andere Personal nicht mehr beschäftigen könnten und einen Überhang abbauen müssen, heißt es weiter. Oberstes Ziel sei es, diesem Problem zu begegnen und eine nahtlose Vermittlung zu gewährleisten. Name des Programms: „Von Arbeit in Arbeit“.

Ein Pilotprojekt im Rahmen der Initiative startete die Deutsche Bahn AG mit dem „Cross-Company-Recruiting“, bei dem Beschäftigten des Unternehmens Continental Einstiegschancen bei der Deutschen Bahn in Aussicht gestellt werden. Ende 2023 hieß es, dass der Konzern Continental als Sparmaßnahme einen weltweiten Stellenabbau plane; bis 2025 sei das Ziel, rund 400 Millionen Euro einzusparen.

Mercedes-Benz setzt auf digitale Qualifizierung. Beschäftigte aus den Bereichen Qualitätssicherung, Montage oder Anlauf-Logistik etwa werden berufsbegleitend auf Softwareentwicklung spezialisiert. Ein Bereich, der Zukunft hat.

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Lebenslanges Lernen ist gefragter denn je

Eigenverantwortliches Handeln ist vor allem auch auf Seiten der Beschäftigten wichtiger geworden. Wer eine passende Stelle finden will, muss heute bereit sein, sich stetig weiterzubilden – bei den schnellen Entwicklungen sogar ein ganzes Arbeitsleben. Denn Future Skills sind essenziell für den eigenen Marktwert. Ob die Auseinandersetzung mit Robotik und Künstlicher Intelligenz (KI) oder die Erweiterung der Stress-Toleranz – sowohl Hard Skills als auch Soft Skills spielen eine Rolle.

Bild: Andrii Iemelyanenko/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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