Viele Branchen leiden unter dem großen Fachkräftemangel in der Bundesrepublik. Wer traurige Spitzenreiter ist, hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) herausgefunden.

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Nach den Zahlen des IW gab es im Jahresschnitt von Juni 2021 bis Juli 2022 über 537.000 unbesetzte Stellen in Deutschland in diversen Bereichen. Auffällig groß ist der Mangel im Bereich Sozialarbeit, Sozialpädagogik, Erziehung und Altenpflege. Diese Berufsgruppe würde aus rein rechnerischer Sicht die größte Lücke aufweisen und damit besonders unter dem Fachkräftemangel leiden. Auf dem ersten Platz landen Sozialarbeit und Sozialpädagogik.

Traurige Rekordzahlen im Bereich Sozialarbeit, Pädagogik und Pflege

Die unbesetzten Stellen dieser Berufsgruppe machen es besonders deutlich: Der dramatische Rekord zeigt, dass es so einen Fachkräftemangel in diesem Bereich noch nie gegeben hat. Nach Angaben des IW wären rund 26.500 Stellen offen gewesen. Für die Besetzung gäbe es jedoch lediglich etwas unter 6.000 Qualifizierte. Für über 20.000 Stellen fehle es an Arbeitslosen, die über eine entsprechende Qualifikation verfügen müssten, um die Lücke zu füllen.

Ähnlich groß ist die Fachkräftelücke unter den Erzieherinnen und Erziehern. Laut „Fachkräfte-Radar“ der Bertelsmann Stiftung für Kita und Grundschulen wäre es zum Beispiel in diesem Jahrzehnt nicht mehr realistisch, eine Personalausstattung zu realisieren, die kindgerecht sei. Dadurch vergrößere sich auch das Problem, dass viele Plätze für Kinder fehlen.

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Wo fehlen die Fachkräfte hier konkret?

Studienautorinnen Filiz Koneberg und Helen Hickmann geben an, dass die Fachkräfte zum Beispiel für folgende Positionen fehlen. Hier wäre Unterstützung dringend nötig:

  • Berufseinstiegsbegleitung
  • Altenheime
  • Suchtberatung
  • Schulsozialarbeit
  • Kinder- und Jugendheime

Wichtig: Während der Fachkräftemangel bereits vor der Pandemie präsent war, hat sich die Situation nach Corona zusätzlich verschärft. Gerade die weltweite Pandemie führt bei vielen Menschen zu der überwiegend einheitlichen Meinung, dass Menschen im Bereich der Sozialarbeit und Sozialpädagogik gebraucht werden. Für Kinder und Jugendliche, aber auch für erwachsene Menschen, die alleine leben oder auf Unterstützung und Gesellschaft im Alltag angewiesen sind.

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Hinweis: Laut den Berechnungen der Bundesregierung müssten bis zum Jahr 2025 ca. 288.00 Positionen im Bereich Sozialarbeit sowie Stellen in der Erziehung und Heilerziehungspflege neu besetzt werden. Sie bezieht sich hierbei auf eine Prognose des Fachkräftemonitorings (Bundesministerium für Arbeit und Gesundheit).

Bis 2040 sollen Sozial- und Gesundheitsbereich die größten Branchen werden.

Der Bedarf ist groß: Nach einer Berechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) sollen im Bereich Soziales und Gesundheit bis zum Jahr 2040 so viele Beschäftigte einen Job aufnehmen bzw. Berufskräfte gestellt werden, dass andere Branchen zahlenmäßig übertrumpft werden.

Denn: Die Bevölkerung wird älter und der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften wächst, zusätzlich verstärkt durch die Pandemie. Insgesamt sollen es sieben Millionen Menschen werden, die einer Tätigkeit im Bereich Sozialarbeit oder Gesundheit nachgehen. Dass der Bedarf wächst, eröffnet einerseits die Möglichkeit, neue Qualifikationsperspektiven für entsprechende Berufe zu schaffen. Andererseits zeigt der bestehende Fachkräftemangel, dass es möglicherweise etwas „langsam“ vorangeht.

Geschlechtertypen erschweren die Arbeitsmarktsituation zusätzlich

Die Studie der IW betont, dass es bei den „Top 10“ der Berufsgruppen mit dem größten Fachkräftemangel auch geschlechtsspezifische Tendenzen gibt – und das könne die Situation am Arbeitsmarkt zusätzlich beschweren.

Zur Verdeutlichung: Auch im Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik würden viele Fachkräfte fehlen. Lediglich 0,4 Prozent der Beschäftigten seien in dieser Berufsgruppe weiblich. Im Bereich Soziales und Gesundheit würde der Anteil an Frauen deutlich überwiegen: Über 76 Prozent wären weibliche Beschäftigte, sodass Männer unterrepräsentiert seien.

Die Situation am Arbeitsmarkt macht laut Einschätzungen der Studienautorinnen deutlich, dass Geschlechterklischees schon vor der Wahl des eigenen Berufes nicht genügend gebrochen werden. Es wäre wichtig, das Thema bereits in Schulen zu thematisieren, um Berührungsängste zu beseitigen.

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Top-Ten-Berechnung: Diese Jobs sind außerdem vom Fachkräftemangel betroffen

Nach der Sozialarbeit, der Sozialpädagogik und der Altenpflege folgt die Bauelektrik auf dem vierten Platz. Auch hierfür gäbe es nicht genügend Fachkräfte. Auf dem fünften Platz sind Gesundheits- und Krankenpflegejobs gelandet, die bis heute eine immer größer werdende Lücke aufweisen. Hiernach folgen fehlende Beschäftigte mit einer Qualifikation für den Bereich Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Der siebte Platz zeigt den Fachkräftemangel der IT-Experten auf. Gerade aufgrund der Digitalisierung und der im Verhältnis großen Lücke an qualifiziertem Personal sei dieser Mangel laut Studienautorinnen besorgniserregend. Eine etwas geringere Fachkräftelücke weist die Physiotherapie auf, welche auf dem Platz danach folgt. Kraftfahrzeugtechnik landet im Vergleich auf dem vorletzten Platz – und Berufskraftfahrer würden ebenfalls fehlen. Diese landen auf dem zehnten Platz.

Bildnachweis: a40757/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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