In deutschen Unternehmen ist Transformation das Zauberwort. Agilität, digitaler Wandel, neue Führungsmodelle – all das soll die Zukunft sichern. Wer jedoch glaubt, dass Personalabteilungen diesen Wandel selbst antreiben, täuscht sich. Eine aktuelle Studie von DGFP und Gallup zeigt: Nur sechs Prozent der HR-Mitarbeitenden erleben ihr Unternehmen als agil.
Ausgerechnet jene, die Kulturwandel und Veränderung gestalten sollen, stecken selbst fest – in langsamen Prozessen, Abteilungsdenken und administrativen Routinen.
HR Verwaltung statt Vision
HR ist das Nadelöhr jedes Unternehmens. Hier werden Talente gewonnen, entwickelt und gebunden. Gleichzeitig erledigen Personalabteilungen täglich unzählige administrative Aufgaben:
- Urlaubs- und Krankmeldungen
- Elternzeitregelungen
- Zeiterfassungen
- Gehaltsabrechnungen
- Bewerbungsprozesse
- Weiterbildungsanträge
Das ist unverzichtbar, aber es frisst Zeit und Energie. Strategische Themen wie Kulturentwicklung, Führungskräfteförderung oder zukunftsorientierte Personalplanung bleiben so teils auf der Strecke. Laut Studie sind nur 61 Prozent der HR-Verantwortlichen überhaupt in die Unternehmensstrategie eingebunden, und lediglich 17 Prozent erleben, dass ihr Beitrag zum Unternehmenserfolg anerkannt wird.
Agilität? In Personalabteilungen Fehlanzeige
Warum steckt HR fest? Die Studie nennt klare Ursachen: lange Entscheidungswege, Silodenken und lähmende Komplexität. Nur neun Prozent der Befragten sind mit der Geschwindigkeit von Entscheidungen zufrieden, und lediglich zehn Prozent erleben eine gute Zusammenarbeit zwischen den Abteilungen.
Gallup identifiziert acht Faktoren, die Agilität ausmachen:
- Schnelle Entscheidungen
- Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit
- Vereinfachte Prozesse
- Proaktiver Einsatz neuer Technologien
- Fehlerkultur und Lernbereitschaft
- Entscheidungsfreiheit für Fachverantwortliche
- Offenheit für Innovationen
- Offener Wissensaustausch
Doch nur wenige Unternehmen erfüllen diese Bedingungen. Erst wenn sieben oder mehr dieser Faktoren gegeben sind, steigt die wahrgenommene Agilität auf 57 Prozent – aktuell bleibt das ein ferner Traum.
HR will den Wandel und bremst ihn zugleich
Fast jeder zweite HR-Profi sieht „transformative HR-Arbeit“ als wichtigsten Zukunftstrend. Gemeint ist der Schritt weg vom reinen Verwalter hin zum strategischen Gestalter, der Unternehmenskultur prägt und Fachkräftemangel aktiv bekämpft. Doch: Wer selbst in starren Strukturen gefangen ist, kann keinen Kulturwandel orchestrieren. Transformation wird gepredigt, aber im Endeffekt nicht gelebt.
So kommt HR aus dem Stillstandszone
Die Studie gibt hierzu klare Handlungsempfehlungen:
- Entscheidungen dezentralisieren: Vertrauen statt Mikromanagement, weniger Freigabeschleifen.
- Silos aufbrechen: Cross-funktionale Teams, offener Wissensaustausch.
- Prozesse entschlacken: Weniger Komplexität, mehr Geschwindigkeit.
- Kulturwandel vorleben: Fehler zulassen, Innovation fördern, Technologie nutzen.
Nur wenn HR selbst agiler arbeitet, kann daraus auch im Unternehmen eine echte Veränderungskultur entstehen. Transformation beginnt nicht bei den Mitarbeitenden, sie muss in der Personalabteilung ihren Anfang nehmen.
Die aktuellen Zahlen sind ein Weckruf: Bleibt alles beim Alten, drohen Personalabteilungen zum Bremsklotz der Zukunftsfähigkeit zu werden. Doch es gibt auch eine andere Möglichkeit: HR kann Beschleuniger sein, Kulturarchitekt und strategischer Partner der Geschäftsführung. Dafür müssen die Abteilungen allerdings ihr eigenes Hamsterrad verlassen, bestehende Routinen hinterfragen und veraltete Strukturen aufbrechen.