Schon deine nächste Kündigung könnte nicht mehr in einem vertraulichen Gespräch mit der Führungskraft beschlossen werden – sondern in einem Prompt. Denn laut einer aktuellen Umfrage des Portals Resume Builder verlassen sich viele Manager auf KI-Tools wie ChatGPT für Entscheidungen, die Menschen das Leben verändern: Entlassungen, Beförderungen, Gehaltserhöhungen. Willkommen im Zeitalter der algorithmischen Führung.

Anzeige

Fast jeder zweite Manager: „KI entscheidet, wer bleibt“

Von 1.342 befragten US-Managern mit direkten Mitarbeitenden geben 65 Prozent an, bei der Arbeit KI zu nutzen. Fast alle davon setzen sie ein, um Entscheidungen über ihre Teams zu treffen – etwa zur Leistungsbeurteilung, Entwicklung, aber auch bei heiklen Fragen wie: Wer bekommt mehr Geld? Wer wird befördert? Und vor allem: Wer muss gehen?

78 Prozent nutzen KI bei Gehaltsentscheidungen, 77 Prozent bei Beförderungen, 66 Prozent bei Entlassungen und 64 Prozent sogar bei Kündigungen im engeren Sinne. Mehr als jeder Fünfte lässt die KI dabei regelmäßig komplett allein entscheiden, ganz ohne menschliches Zutun. Gleichzeitig haben zwei Drittel der Manager keinerlei formelle Schulung erhalten, wie KI im Personalmanagement ethisch und rechtlich korrekt eingesetzt wird. Der am häufigsten genannte Assistent: ChatGPT.

Künstliche Intelligenz statt Menschenkenntnis?

Warum lassen Führungskräfte eine Maschine über Jobs entscheiden? Die Versprechen klingen verlockend: Effizienz, Objektivität, datenbasierte Entscheidungen. Gerade in großen Teams kann KI dabei helfen, Muster zu erkennen, Leistung zu vergleichen oder Vorschläge für Personalmaßnahmen zu generieren. Unternehmen fördern das aktiv – nicht zuletzt, weil es Zeit und Kosten spart.

Anzeige

Doch der Preis ist hoch. KI versteht keine Kontexte, kennt keine Familiensituationen, keine Burnouts, keine zwischenmenschlichen Konflikte. Sie kennt nur Daten. Und diese Daten sind oft verzerrt. Wenn in der Vergangenheit Frauen seltener befördert wurden, schlägt die KI auch künftig Männer häufiger vor. Wenn in einer Abteilung bereits hohe Fluktuation herrscht, kann eine KI das fälschlicherweise als Indiz für eine schlechte Teamzusammensetzung oder schlechte Leistung werten – und dadurch weitere Entlassungen bestimmter Mitarbeiter vorschlagen, statt nach den Ursachen zu suchen. Wer dem Algorithmus blind vertraut, produziert systematisch falsche Entscheidungen, nur effizienter.

Kalter Klick statt Kündigungsgespräch: So verliert Führung ihre Menschlichkeit

Dazu kommt: Mitarbeitende verlieren das Vertrauen, wenn Entscheidungen intransparent und gefühllos wirken. Wer gekündigt wird, weil ein System zu dem Schluss kam, man „passe nicht mehr zur Performance-Kurve“, erlebt Entfremdung und Wut. Führung verliert ihre menschliche Dimension – und verkommt zum Zahlenspiel. Das schadet am Ende nicht nur dem Teamklima, sondern auch dem Unternehmensimage.

Was tun? KI braucht Regeln – und Menschen mit Rückgrat

Was also tun? KI darf niemals die letzte Instanz sein. Sie kann Vorschläge machen, ja – aber bewerten und entscheiden muss am Ende immer ein Mensch. Unternehmen müssen dahingehend dringend nachschulen. Und: Mitarbeitende müssen erfahren dürfen, ob und wie KI sie bewertet. Es braucht Transparenz und Widerspruchsmöglichkeiten.

Anzeige

Gleichzeitig sollten sensible Entscheidungen – wie Kündigungen – grundsätzlich nicht von KI getroffen werden. Auch nicht teilweise. Der soziale Kontext, die persönlichen Auswirkungen, die Kommunikation – all das erfordert Empathie, Fingerspitzengefühl, Verantwortung. Eigenschaften, die kein Sprachmodell dieser Welt ersetzen kann.

Und du als Arbeitnehmer? Frag nach. Dokumentiere deine Arbeit. Verlass dich nicht auf das Bauchgefühl deiner Vorgesetzten oder deren KI. Und vor allem: Bau dir menschliche Beziehungen im Job auf. Denn Empathie, Charakter und Teamgeist sind Qualitäten, die keine Maschine bewerten kann, aber über die am Ende doch Menschen entscheiden sollten.

Anzeige
Anzeige