Gerade erst eingearbeitet – und schon wieder auf dem Absprung: Über 28 Prozent der Beschäftigten reichen ihre Kündigung noch im ersten Arbeitsjahr beim neuen Arbeitgeber ein, so eine repräsentative Studie der Plattform Studytube. Arbeitsmarktexperten dürfte die Entscheidung der Beschäftigten wenig überraschen, während Unternehmen häufig ratlos sind.

Woran also liegt’s? Die Kurzfassung: Die Versprechungen der Arbeitgeber sind groß – und die Enttäuschung der neuen Mitarbeiter häufig noch größer, weil es sich nicht selten um blumige Worte ohne Taten handelt.

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Top 3 der typischen Versprechungen, die Unternehmen machen – und was am Ende bleibt


1. „Erstklassige Weiterbildungsmöglichkeiten mit steiler Lernkurve“

Ob Pflegehelfer, Assistenz- oder Betreuungskräfte oder Produktionshelfer – über 30 Prozent der Beschäftigten hegen einen Weiterbildungswunsch. Über 70 Prozent werden jedoch Steine in den Weg gelegt. Der Grund: Arbeitgeber stellen sie dafür nicht frei. Das sind Ergebnisse einer Erhebung des Nationalen Bildungspanels (NEPS). Bereits in Stellenanzeigen werden potenziellen Mitarbeitern große Versprechungen gemacht. Die Rede ist beispielsweise von firmeninternen Weiterbildungsmöglichkeiten, steilen Lernkurven, persönlicher Förderung.

Doch die Realität enttäuscht nicht selten. Für die berufliche Weiterentwicklung und Förderung der Mitarbeiter fehlt manchmal nicht nur die Zeit, sondern auch das Budget – so zumindest dürfte die offizielle Erklärung lauten. Begrenzte Ressourcen sind zwar keine Seltenheit, in einigen Fällen jedoch reiner Vorwand und ein Zeichen mangelnder Kreativität.

2. „Flache Hierarchien“

Die oft verwendete Floskel wirkt – zumindest in Inseraten und Bewerbungsgesprächen. Dass sie inhaltsleer ist, stellen neue Mitarbeiter eines Unternehmens häufig erst im Laufe der Zeit fest. Wie Führungskräfte mit Arbeitnehmern umgehen, entscheidet jedoch oft darüber, ob Mitarbeiter gehen oder bleiben. Die Unzufriedenheit mit dem neuen Chef gehört bekanntermaßen zu den bedeutendsten Kündigungsgründen.

Die Versprechung, dass es „flache Hierarchien“ gibt, meint im Grunde: Führungskräfte sind nahbar, Entscheidungen und Meinungen der Mitarbeiter haben Bedeutung und Einfluss, der Kommunikationsweg ist kurz. Der persönliche Kontakt spielt eine wichtige Rolle.

3. „Kollegiale, wertschätzende Arbeitsatmosphäre“

Eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre zeichnet sich durch einen respektvollen Umgang im Team aus. Damit ist nicht nur der Umgang zwischen Kollegen gemeint, sondern die Art und Weise, wie Führungskräfte agieren. Heißt auch: Meinungen dürfen geteilt werden. Leistungen werden anerkannt. Feedback ist stets konstruktiv. Fehler sind erlaubt und eine Chance, um zu lernen.

Eine offene Fehlerkultur ist jedoch nicht immer gegeben, der Ton oft rau und das Feedback der eigenen Angestellten hat kein Gewicht. Stattdessen erleben Mitarbeiter, wie Beschäftigte abgewertet werden – und das manchmal auf subtile Art und Weise. Gute Gründe, um schnell die Flucht zu ergreifen.

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Wie Unternehmen realistische Erwartungen vermitteln und Lösungen finden

1. Employer Value Proposition (EVP) überdenken – und überarbeiten

Ob Weiterbildungsmöglichkeiten, flexible Arbeitszeiten oder Mitspracherecht – wenn es sich lediglich um Marketingversprechen für potenzielle Arbeitnehmer handelt, steigt das Risiko, dass neues Personal abspringt. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen ehrlich reflektieren, was sie bieten können – und was nicht.

Tipp: Arbeitgeberbewertungen oder auch interne Befragungen sowie offene Feedbackgespräche liefern wertvolle Einblicke aus Mitarbeitersicht. Sie helfen vor allem dabei, einen „Realitätscheck“ vorzunehmen, um Lücken zu identifizieren.

2. Onboarding stärken – Mitarbeiter langfristig binden

Der Anfang ist entscheidend. Häufig wird der Prozess des Onboardings in Unternehmen jedoch unterschätzt. Wichtig ist, neue Mitarbeiter schon zu Beginn dort abzuholen, wo sie gerade stehen. Ein persönlicher Ansprechpartner, ein geregelter Ablaufplan, eine transparente Kommunikation, die persönliche Vorstellung im Team, regelmäßige Gespräche – das alles macht unter anderem ein gutes Onboarding aus.

In eigener Sache: Neue Mitarbeiter sind schwer zu finden – und noch schwerer zu halten. Wer sie gleich am Anfang verliert, zahlt doppelt: Fürs Recruiting, fürs Einarbeiten – und fürs Scheitern.
Unser Onboarding Guide zeigt dir, wie du neue Talente ab Tag 1 überzeugst – strukturiert, professionell und menschlich.

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3. Feedback einholen

Was Beschäftigte und neue Mitarbeiter wahrnehmen und erleben, unterscheidet sich häufig von dem Bild, das Unternehmen von ihrer eigenen Arbeitgebermarke haben. Wer sich aktiv Feedback von (neuen) Arbeitnehmern einholt und Kritik nicht als Angriff, sondern als Chance wertet, hat die Möglich, wirklich etwas zu verändern. So ist es möglich, neue Talente für sich zu gewinnen – und das langfristig.

Und was kann ich als (unzufriedener) Mitarbeiter tun?

Du fühlst Dich so, als wärst Du im falschen Film – und willst gleich kündigen? Unser Tipp: Dein neuer Arbeitgeber verdient eine Chance. Suche das Gespräch, wenn die eigenen Erwartungen nicht mit dem übereinstimmen, was Dir versprochen oder mit Dir vereinbart worden ist. Ein ehrliches Gespräch erlaubt zugleich, Chef oder Kollegen zu „prüfen“: Ist ein offenes Gespräch über kurze Kommunikationswege möglich? Zählt das, was Du zu sagen hast?

Wenn Du Dir Weiterbildungsmöglichkeiten wünschst, ist es wichtig, Initiative zu ergreifen. Informiere Dich über Deine Optionen – und bei Bedarf solltest Du die Möglichkeiten, die es gibt, auch einfordern. Solche Chancen können Mitarbeiter gleichzeitig nutzen, um neue Projekte anzustoßen, sofern Führungskräfte und Team offen dafür sind.

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Ein weiterer Tipp: Verstelle Dich nicht. Wenn Du zu einem Mitarbeitergespräch gebeten wirst, ergreife die Möglichkeit, um ehrlich mitzuteilen, was Dir gut gefällt und was Dir im Joballtag hilft – und teile mit, was Du Dir anders vorgestellt hast.

Es hilft alles nichts? Falls Dein neuer Arbeitgeber nicht einhalten kann, was er Dir versprochen hat, kannst Du Dir überlegen, ob Du weiterziehen solltest. Beachte dabei: Vor einer Kündigung solltest Du reflektieren, ob die eigenen Erwartungen mit dem übereinstimmen, was Dir zu Beginn angeboten worden ist – oder ob Du selbst mit unrealistischen Erwartungen zu tun hast. Ein ehrlicher Blick auf die Situation und auch die eigene Haltung unterstützen dabei, eine sinnvolle Entscheidung für Deine berufliche Zukunft zu treffen.

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