Man könnte ja, wenn man wollte. Zwar gibt es da einen Arbeitsvertrag, der einen verpflichtet, Woche für Woche, Jahr für Jahr einen Großteil seines Lebens einem Unternehmen zu schenken. Ein Tauschgeschäft Arbeit gegen Geld. Aber so wie man aus einer unglücklichen Beziehung rauskommt, kann man auch hier einfach die Reißleine ziehen. Kündigen. Aufstehen. Gehen.
Der Traum vom Abgang
Wer hat nicht schon einmal davon geträumt? Im Meeting sitzend, gähnend die endlosen Monologe der Chefin hören, den dritten unausgereiften Strategie-Entwurf durchkauen – und dann plötzlich aufstehen, die Tasche greifen und sagen: „Ich kündige.“ Zwei Worte. Befreiung in Reinform.
Manchmal malt man sich heimlich aus, wie es wäre: Noch ein letzter Blick zurück auf den Konferenztisch, auf das Flipchart mit all den hohlen Phrasen und Buzzwords, ein kurzes Lächeln – und dann raus. Mit einer Tüte Gummibärchen oder einem Coffee-to-go in der Hand, als stiller Triumphzug – erhobenen Hauptes.
Nie wieder durch diese Türen schleichen. Nie wieder weghören, wenn mein Innerstes Nein schreit. Nie wieder ein Teil von etwas, das mich kaputtmacht.
Wer geht, braucht Mut
Manche gehen leise. Kein großes Drama, keine Tränen. Einfach nur ein leiser Abschied von einem Arbeitsplatz, der sich falsch angefühlt hat.
Andere wiederum inszenieren ihren Abgang. Sie tanzen auf TikTok unter Hashtags wie #QuitTok, #Layoff oder #WorkplaceLiberation. Erzählen der Welt, warum sie gehen, was sie hinter sich lassen – und warum sie stolz darauf sind. Für manche ist es auch die Abrechnung mit einem toxischen Arbeitsplatz, für andere Selbstschutz. Doch egal, ob leise oder laut: Wer geht, braucht Mut.
Nicht nur, um dem Vorgesetzten in die Augen zu sehen und die Entscheidung auszusprechen. Sondern vor allem, um sich selbst einzugestehen: Ich verdiene etwas Besseres. Und ich bin bereit, das Risiko einzugehen.
Kündigen heißt auch, das Vertraute loslassen
Ein Job ist mehr als eine Einkommensquelle. Er ist ein Zuhause auf Zeit. Man kennt die Kantine, die Kaffeemaschine, die Geräusche, wenn der Drucker morgens anspringt. Die Kollegin mit dem schrägen Humor. Die Ecke am Fenster, an der man immer vorbeiläuft und entspannte Menschen im Kaffee beobachtet. Man kennt die Codes, die Rituale. Selbst die nervigen Dinge werden irgendwann Teil der eigenen Welt.
Eine Kündigung reißt einen aus diesem Mikrokosmos heraus. Und das bedeutet: Unsicherheit. Warten. Neu anfangen müssen, wo man vielleicht niemanden kennt und worauf man eigentlich auch keinen Bock hatte. Das Alte ist vertraut – das Neue ist ein leeres Blatt, dass wieder neu beschrieben werden will.
Bleiben? Gehen? Oder einfach aushalten?
Es gibt Gründe, zu bleiben. Natürlich. Die Hoffnung, dass sich Dinge ändern. Dass der Chef endlich in Rente geht und der Jungspund übernimmt. Dass das neue Projekt diesmal besser läuft. Dass das Klima in der Abteilung sich endlich harmonisiert. Viele erzählen später dann doch voller stolz: „Ich habe durchgehalten. Es hat sich gelohnt.“
Aber es gibt auch die anderen Geschichten. Die von Menschen, die zu lange geblieben sind. Die ihre eigene Energie in einem System verschlissen haben, das sich nie geändert hat – und auch nicht ändern wollte. Die heute müde sind, misstrauisch, innerlich aufgerieben. Und manchmal ist es genau das: das Warten auf Besserung, das einem leise die Kraft raubt.
Und du?
Wann hast du zuletzt darüber nachgedacht, deine Job zu kündigen? Nicht nur als flüchtiger Gedanke nach einem schlechten Wochenstart, sondern wirklich – ernsthaft? Und was hat dich davon abgehalten? Vielleicht lohnt es sich, dieser Frage immer wieder Raum zu geben. Nicht, um sofort eine Entscheidung zu treffen. Sondern um ehrlich mit sich selbst zu sein.