Schlechte Führungskultur, Lästermäuler, keine Wertschätzung nach getaner Arbeit – und, und, und. Toxische Arbeitsplätze haben viele Gesichter und belasten uns emotional. Auf die folgenden sieben Anzeichen solltest du daher genau achten.
Warum du Warnzeichen am Arbeitsplatz ernst nehmen solltest
Ob als Führungskraft, Angestellter oder Azubi: Wenn du Anzeichen für ein toxisches Arbeitsumfeld bemerkst, ist es in der Regel noch nicht zu spät – wenn du jetzt reagierst. Denn im schlimmsten Fall leidet die mentale Gesundheit der einzelnen Teammitglieder, die Fehl- und Krankentage erhöhen sich, Kollegen und Mitarbeiter verlassen die Firma.
Zunächst die 7 wichtigsten Anzeichen für einen toxischen Arbeitsplatz im Vorab-Check:
- Der eigene Vorteil hat Priorität – koste es, was es wolle.
- Mobbing und „Abusive Supervision“ gehören zur Tagesordnung.
- Kein Lob, dafür aber viel Kritik.
- Work-Life-Balance – was soll das überhaupt sein?
- Ein Leistungsbewertungssystem übt Druck aus.
- Gezielte Intransparenz und mangelnde Kommunikation
- Hohe Fluktuation und häufige Krankheitsausfälle
Gut zu wissen: Das Psychological Safety Climate Observatory (PSC) der Universität von Südaustralien hat sich mit Studienautorin Dr. Amy Zadow damit beschäftigt, wie Menschen unter einem toxischen Arbeitsklima leiden. Eine von vielen wichtigen Erkenntnissen:
Unangemessene Anforderungen an Mitarbeiter, fehlendes Lob für getane Arbeit und ein harscher Ton sollen das Risiko für eine psychische Erkrankung erhöhen.
Demnach kann es zu Depressionssymptomatiken kommen. Nicht neu ist, dass auch Mobbing, Sabotage und Lästereien auf Dauer mental belastend sein können.
Die 7 Warnzeichen für einen toxischen Arbeitsplatz
1. Der eigene Vorteil hat Priorität – koste es, was es wolle
Jedes Unternehmen will wachsen. Das ist das Ziel eines jeden Leaders und Unternehmenslenkers. Dahinter steckt aber nicht selten das Bedürfnis, Macht und Größe – ohne Rücksicht auf Verluste – zu erreichen. Ein übles Los für die Mitarbeiter. Denn der Preis für die eigenen Vorteile ist hoch. Die Konkurrenz übertrumpfen, noch größere Gewinne erzielen – und das am besten so „günstig“ wie möglich, denn Kosten sollen auch gespart werden. Unter einem solchen Fokus leiden vor allem Beschäftigte, die das Verhalten ihrer Chefs aushalten müssen. Pushen, pushen und noch mehr pushen – aber wo und wann ist die Grenze erreicht?
2. Mobbing und „Abusive Supervision“ gehören zur Tagesordnung
Wenn Mitarbeiter ihre Kollegen mobben und dazu auch noch der eigene Chef einen missbräuchlichen Führungsstil an den Tag legt, ist das toxische Duo perfekt. Einerseits schreiten Vorgesetzte nicht ein, wenn Mobbing unter den Mitarbeitern stattfindet. Andererseits zeigen sie selbst einen aggressiven Führungsstil, der auch als „Abusive Supervision“ bekannt ist. Dazu gehört das Anschreien und Bloßstellen von Mitarbeitern, und das vor versammeltem Publikum. Die Erniedrigung geht oft mit abfälligen und kränkenden Bemerkungen einher. Mal ehrlich:
Wer geht schon gerne zur Arbeit, wenn dort bereits die Löwen warten, die das Schaf zur eigenen Machtdemonstration zerreißen wollen?
3. Kein Lob, dafür aber viel Kritik
Dass Beschäftigte ihren Job gut machen, gehört eben zum Job? Falsch gedacht. Eine gute oder überdurchschnittliche Arbeitsleistung ist nicht selbstverständlich. Hinter jeder Bemühung steckt häufig harte Arbeit, die uns herausfordert. Fehlt das Lob und die Wertschätzung, fühlen Mitarbeiter sich nicht gesehen. Läuft aber etwas nicht nach Plan, sind Kollegen und Mitarbeiter direkt an Ort und Stelle, damit es Kritik hageln kann. Ein toxisches Verhalten, das Beschäftige auf Dauer vergrault.
4. Work-Life-Balance – was heißt das schon?
Einige Unternehmen verlangen Folgendes von ihren Mitarbeitern:
- Angestellte müssen 24 Stunden am Tag erreichbar sein, um ihre Arbeitsmoral und Loyalität zur Firma zu beweisen.
- Überstunden sind keine Seltenheit, damit das Unternehmen in keinen Rückstand gerät.
- Der Job geht über Freunde, Familie und Freizeit.
Wer diese Werte vermittelt bekommt, kann sich sicher sein, an einem toxischen Arbeitsplatz gelandet zu sein. Eine gesunde Work-Life-Balance gehört nicht zu den Prioritäten der Firma. Immerhin: Die gute Nachricht ist, dass eine solche veraltete Arbeits- und Führungskultur heute als überholt gilt. Um Arbeitsplätze attraktiv zu gestalten, gehören moderne Konzepte zu einem guten Arbeitsklima dazu. Wer davon nicht berichten kann, sollte schleunigst überlegen, ob der eigene Arbeitsplatz auch mit den eigenen Werten und Bedürfnissen übereinstimmt.
5. Ein Leistungsbewertungssystem übt Druck aus
Wer zieht die meisten neuen Kunden an Land? Oder: Wer arbeitet die meisten Fälle binnen weniger Stunden ab? So oder so ähnlich lauten die Fragen hinter einem internen Leistungsbewertungssystem, welches suggeriert, dass lediglich Höchstleistungen uns wertvoll machen.
Ja, der Mensch konkurriert von Natur aus, um Ziele zu erreichen. Schon früh mussten unsere Vorfahren lernen, dass in der „Wildnis“ schnelle, kräftige und intelligente Jäger und Kämpfer überleben. Müssen wir heute jedoch ständig mit unseren Kollegen intern konkurrieren, um Macht, Ansehen, Prestige oder Wertschätzung zu erhalten?
Die klare Antwort: Nein – denn der Druck kommt überwiegend „von oben“, um unter anderem Unternehmensziele zu erreichen. Angestellte sollten dieses mächtige Instrument zur Leistungssteigerung nicht unterschätzen, welches Mitarbeiter untereinander anstachelt. Noch mehr Gift für das ohnehin schon toxische Klima.
Lese-Tipp: Leistungsdruck: Wenn Arbeit zum Stressfaktor wird
6. Gezielte Intransparenz und mangelnde Kommunikation
Ein toxischer Arbeitsplatz zeichnet sich durch Geheimniskrämerei, Halbwahrheiten und plötzliche Richtungswechsel aus. Entscheidungen werden hinter verschlossenen Türen getroffen, Mitarbeiter tappen im Dunkeln.
Typische Muster:
- Informationslücken: Wichtige Updates erfährt man zu spät – oder gar nicht.
- Manipulierte Feedback-Kultur: Lob gibt wie bereits geschrieben selten, Kritik kommt dafür umso häufiger und härter.
- Einschüchterung: Wer zu viel fragt, wird als Querulant und Unruhestifter abgestempelt.
Folge: Vertrauen bröckelt, Unsicherheit, interne Machtspiele und Gerüchte regieren den Arbeitsalltag.
7. Hohe Fluktuation und häufige Krankheitsausfälle – wenn der Körper „Kündigung“ schreit
Kaum ist ein Kollege eingearbeitet, ist er schon wieder weg? Wenn Mitarbeiter reihenweise kündigen oder sich krankmelden, liegt das selten am Gehalt – sondern meist am Arbeitsklima.
Fluktuation als stiller Hilfeschrei
- Neulinge halten nur Monate durch, bevor sie abspringen. Kündigungen häufen sich, und die wenigen, die bleiben, tun es nur aus Mangel an Alternativen.
- Langjährige Mitarbeiter gehen plötzlich – und sprechen nicht darüber. Wenn erfahrene Kräfte „plötzlich“ das Weite suchen, ist das ein deutliches Alarmzeichen.
- Schlechte Reputation am Markt. Wenn Bewerber absagen oder Stellen lange unbesetzt bleiben, spricht sich die toxische Unternehmenskultur längst herum.
Krankheit als letzte Notbremse
- Dauerhafte Erschöpfung: Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme – Stress und Druck schlagen auf den Körper.
- Psychische Belastung: Ängste, Burnout und depressive Verstimmungen nehmen zu. Die Kollegen agieren nur noch genervt und mürrisch.
- Krankschreibungen häufen sich: Teammitglieder fehlen immer häufiger oder ziehen sich längerfristig aus dem Job zurück.
Kündigungen und Krankmeldungen sind die verzweifelten Auswege aus einem Arbeitsumfeld, das psychisch und physisch zermürbt.
In eigener Sache: Neue Mitarbeiter zu finden ist schwer – sie zu halten, noch schwerer. Der Kampf um Talente war nie härter. Ohne gutes Onboarding sind sie weg, bevor sie richtig angekommen sind. Schluss damit! Unser Onboarding-Guide zeigt dir, wie du vom ersten Tag an eine Unternehmenskultur schaffst, die neue Talente nicht nur willkommen heißt, sondern langfristig an dein Team bindet – selbst in Zeiten des Fachkräftemangels.
Toxisches Arbeitsklima: Was Beschäftige und Führungskräfte tun können
Du merkst, dass viele oder sogar alle der sieben Anzeichen auf deinen Arbeitsplatz zutreffen – oder du hast zumindest einen schmerzlichen Verdacht, dass du giftige Anzeichen bisher verharmlost hast? Hier kommen einige Tipps, die helfen können, den Arbeitsplatz Schritt für Schritt zu „entgiften“:
- Nicht wegsehen: Respektlosigkeit, Sabotage, Anschwärzen und Mobbing haben an einem gesunden Arbeitsplatz nichts zu suchen. Wer etwas davon beobachtet oder selbst Opfer eines Vorfalls wird, sollte handeln. Das heißt: Sprich offen und ehrlich darüber, was vorgefallen ist. Vorgesetzte schreiten idealerweise ein, wenn sie Kenntnis davon erlangen.
- Eigeninitiative als Chef: Du selbst bist Führungskraft? Eine Mitarbeiterumfrage kann dabei helfen, das Arbeitsklima des Unternehmens zu ergründen. Übrigens: Anonyme Umfragen helfen oft dabei, die Identität der Beteiligten zu schützen und bilden ein vertrauensvolles Fundament, damit Menschen sich besser öffnen. Nach der Auswertung ist es immer noch möglich, ein Gespräch über die Ergebnisse zu führen.
Als Chef musst du jetzt ein dickes Fell haben – denn als Leader sollten wir nicht nur austeilen, sondern natürlich auch mal einstecken können. Konstruktive Kritik und ehrlich ausgesprochene Gedanken, auch wenn sie wenig schmeichelhaft sind, können uns dabei helfen, als Chef und auch persönlich zu wachsen. - Nicht am falschen Ende sparen: Mitarbeiter und Führungskräfte sollten immer die Chance bekommen, an sich und ihren Einstellungen zu arbeiten. Coachings und regelmäßige Beratungen mit Fokus auf das interne Arbeitsklima sind deshalb sinnvoll.
Übrigens: Führungskräfte sollten in die Selbstreflexion gehen und zuerst an sich selbst arbeiten, bevor sie mit dem Finger auf ihr Team zeigen. - Ein Bewertungssystem kann auch anders aussehen: Wenn es schon ein Leistungsbewertungssystem geben muss, sollten die Ziele tatsächlich erstrebenswert sein. Das heißt zum Beispiel, dass es nicht ausschließlich darum geht, wer schnell oder gut ist. Sondern auch darum, wer respektvoll, teamfähig, mutig, ehrlich und offen ist.
Lob und Anerkennung sollten keine leeren Worthülsen sein
Lob für getane Arbeit, auch wenn mal etwas nicht nach Plan läuft, ein respektvoller Umgang mit Mitarbeitern und Kollegen. Für Beschäftige an toxischen Arbeitsplätzen klingt das alles sicherlich zu schön, um wahr zu sein. Wenn dem so ist, wird es höchste Zeit, zu handeln. Denn auf Dauer schaden wir unserer eigenen mentalen Gesundheit.
Auch und vor allem Vorgesetzte spielen eine wichtige Rolle: Personen mit Entscheidungsmacht sind es, die etwas beeinflussen können, wenn Beschäftigte leiden. Fördere deshalb eine Unternehmenskultur mit Werten, die auf Wertschätzung, Respekt, Mut und Empathie basieren. Und wenn alles nichts hilft, steht der nächste Arbeitgeber bereits in den Startlöchern.
Erkennst du eines oder mehrere dieser toxischen Anzeichen an deinem Arbeitsplatz – oder hast du sie längst unbewusst hingenommen?