Das World Economic Forum prognostiziert in seinem Bericht Future of Jobs Report 2025, dass bis 2030 weltweit 41 Prozent der Arbeitgeber Stellen abbauen werden – eine Entwicklung, die maßgeblich von der Automatisierung vorangetrieben wird. Doch was bedeutet das für den Arbeitsmarkt? Und für die Menschen, deren Lebensgrundlage an Tätigkeiten hängt, die eine Maschine und KI bald schneller, günstiger und fehlerfreier erledigen kann?
Die Gewinner und Verlierer
Der technologische Fortschritt war stets ein zweischneidiges Schwert. Neue Technologien haben Arbeitsprozesse verbessert, zugleich aber Jobs überflüssig gemacht. Diesmal jedoch geht die Entwicklung deutlich tiefer: Automatisierung und KI haben das Potenzial, nicht nur geistige, sondern auch körperliche Arbeit zu ersetzen – und tut es bereits.
Ein Blick auf die Zahlen verdeutlicht, wie tiefgreifend diese Transformation ist. Berufe wie Kassierer, Buchhalter oder Datenanalysten – Tätigkeiten, die bislang Millionen von Menschen beschäftigten – zählen zu den größten Verlierern am Jobmarkt. Ihre Aufgaben, oft repetitiv und standardisiert, sind geradezu prädestiniert für die Automatisierung.
Doch es gibt auch Licht am Horizont. Branchen wie IT, Gesundheit oder Bildung profitieren von der Entwicklung. Pflegekräfte, Softwareentwickler oder Lehrer werden nicht nur weiterhin gebraucht, sondern erleben steigende Nachfrage.
Welche Berufe bis 2030 wachsen und welche schrumpfen
Berufe mit Wachstumspotenzial | Berufe mit Rückgangspotenzial |
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1. Landarbeiter und andere landwirtschaftliche Helfer | 1. Kassierer und Ticketverkäufer |
2. Lieferwagen- und Kurierfahrer | 2. Verwaltungsassistenten und Sekretäre |
3. Software- und Anwendungsentwickler | 3. Gebäudereiniger, Hausmeister und Hauspersonal |
4. Bauhandwerker (Framer, Finisher und verwandte Berufe) | 4. Lagerverwalter und Materialaufzeichner |
5. Verkäufer im Einzelhandel | 5. Drucker und verwandte Berufe |
6. Lebensmittelverarbeitungs- und verwandte Arbeitskräfte | 6. Buchhalter und Lohnabrechnungssachbearbeiter |
7. Kfz-, Lieferwagen- und Motorradfahrer | 7. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater |
8. Pflegekräfte | 8. Zugbegleiter und Schaffner |
9. Gastronomiemitarbeiter | 9. Sicherheitskräfte |
10. Betriebsleiter | 10. Bankangestellte |
11. Sozialarbeiter und Berater | 11. Dateneingabekräfte |
12. Projektmanager | 12. Kundenbetreuer und Callcenter-Mitarbeiter |
13. Hochschullehrer | 13. Grafikdesigner |
14. Lehrer in der Sekundarstufe | 14. Manager in der Unternehmensverwaltung |
15. Pflegekräfte für persönliche Betreuung | 15. Schadensregulierer, Prüfer und Ermittler |
Quelle: World Economic Forum, Future of Jobs Report 2025 (Übersetzt)
Verunsicherte Mittelschicht
Besonders drängend ist die Frage, welche Rolle der Mensch in einer Arbeitswelt spielen wird, die zunehmend von Künstlicher Intelligenz geprägt ist. Dabei sind es längst nicht mehr nur gering qualifizierte Tätigkeiten, die in Gefahr geraten. Auch gut ausgebildete Fachkräfte stehen zunehmend unter Druck. Berufe wie Buchhalter oder Steuerberater, deren Expertise über Jahrzehnte als sichere Bank galt, sehen sich einer neuen Konkurrenz ausgesetzt: Algorithmen, die schneller, präziser und günstiger arbeiten.
Dieser Wandel geht weit über individuelle Arbeitsplätze hinaus. Er zwingt uns, grundlegende Fragen zu stellen: Wie sichern wir die Bedeutung und den Wert menschlicher Arbeit in einer von Maschinen dominierten Welt? Und welche Prinzipien wollen wir als Gesellschaft bewahren, wenn Technologien immer tiefer in unser alltägliches Leben eingreifen?
Kann Weiterbildung die Lösung sein?
Regierungen und Unternehmen setzen große Hoffnungen auf Umschulung und Weiterbildung – als Schutz vor Technologien, die zunehmend dominanter werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen neue Fähigkeiten erwerben, um in Berufen Fuß zu fassen, die auf menschliche Stärken wie Kreativität, Empathie und Problemlösungsfähigkeit setzen. Doch nicht jede/r ist in der Lage, den Wechsel in ein völlig neues Tätigkeitsfeld zu meistern.
Die Einführung neuer Technologien schreitet schneller voran, als sich Arbeitnehmer anpassen können. Viele rennen der technologischen Entwicklung hinterher. Eine Weiterbildung, Umschulung oder ein Kurs dauert meist mehrere Monate oder sogar Jahre – Zeit, in der sich Systeme und Prozesse schon wieder deutlich weiterentwickelt haben. Besonders hart trifft es jene, die in Berufen mit ohnehin geringen Entwicklungsperspektiven arbeiten. Sie riskieren, dauerhaft abgehängt zu werden – und buchstäblich auf dem Abstellgleis zu landen.
Verantwortung übernehmen: Unternehmen und Politik im KI-Zeitalter
Die Herausforderung liegt im Kern darin, den technologischen Wandel so zu gestalten, dass er die Gesellschaft stärkt, statt sie zu schwächen und sogar zu spalten. Unternehmen, die heute Stellen abbauen, um Maschinen und Technologien einzusetzen, sollten zugleich in Programme investieren, die Mitarbeitende für neue Aufgaben am Arbeitsmarkt vorbereiten. Umschulungen, Weiterbildungen und die Förderung von Fähigkeiten, die Maschinen (noch) nicht ersetzen können – Kreativität, soziale Intelligenz, Führungsqualitäten – sind eine wirtschaftliche Notwendigkeit.
Zugleich muss Bildung neu gedacht werden: nicht mehr nur Goethe, Schiller und das kleine Einmaleins, sondern praxisnaher und stärker auf das aktuelle Leben zugeschnitten. Themen wie Finanzen, Wirtschaft und persönliche Weiterentwicklung sollten fester Bestandteil von Lehrplänen werden, um junge Menschen besser auf die Herausforderungen von morgen vorzubereiten. Bildung muss zur dauerhaften Ressource werden, die nicht an Schuljahre gebunden ist, sondern Menschen ein Leben lang begleitet.
Denn die Frage ist nicht, ob KI die Arbeitswelt verändert, sondern wie – oder besser: wie schnell. Maschinen, Systeme und Algorithmen mögen effizienter arbeiten, präziser rechnen, schneller entscheiden. Doch die Richtung, in die wir diesen Fortschritt lenken, bleibt eine menschliche.