Schmerzlich muss man sich eingestehen: Wer Führungskraft ist, besitzt nicht immer ausgeprägte Führungsqualitäten. Sie lassen sich jedoch optimieren.

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Moderne Führungsqualitäten: Was macht sie aus?

Lange Zeit ließ sich der Erfolg von Führungskräften vor allem mit der Hilfe von spezifischen Zahlen und Ergebnissen messen. Manchmal zum Leid der Mitarbeiter. Denn wer fachlich und unternehmerisch abliefert, muss nicht automatisch ein guter Chef sein. Oft sind fehlende oder unzureichende Soft Skills heute die größte Baustelle, während Expertise und fachliches Können durchaus vorhanden sind. Dennoch kommt es zum Trugschluss, dass scheinbar erfolgreiche Leader, die Erfolg an Zahlen ausmachen, auch gute Führungsqualitäten besitzen.

Dem ist nicht immer so. An ihren Führungsqualitäten können Führungskräfte jedoch arbeiten, weil wichtige Fähigkeiten und Kompetenzen, die in der Businesswelt von heute gebraucht werden, gut erlernbar sind und so auch der eigene Führungsstil optimiert werden kann. Zu 100 Prozent ernst gemeinte Veränderungsvorhaben sind die wichtigste Grundlage, um in der Praxis nicht zu scheitern.

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Zu empfehlen ist es allemal: Immer stärker hängt die Attraktivität von Unternehmen als Arbeitgeber von ihrer Führungskultur ab. Wer sich verbessern und die eigene Führungsqualität kultivieren will, sollte die bedeutendsten Voraussetzungen kennen.

1. Voraussetzung: Eine gesunde Portion Selbstkritik und Situationsbewusstsein

Dass Einsicht, Bereitschaft oder Erkenntnis seitens vieler Führungskräfte fehlen, um an ihrer eigenen Führungsqualität zu arbeiten, zeigen Untersuchungen. Unter anderem eine Stepstone-Studie, deren Zahlen nahelegen, dass Eigen- und Fremdwahrnehmung von Vorgesetzten bezüglich folgender Qualitäten weit auseinandergehen.

Anerkennung von Mitarbeitern:

Rund 57 Prozent der befragten Beschäftigten konnten bestätigen, dass ihre Chefs die Leistung ihrer Mitarbeiter zwar anerkennen. Führungskräfte aber überschätzen sich: Knappe 97 Prozent sind überzeugt, ausreichend Wertschätzung zu zeigen.

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Ansprechbarkeit:

Etwa 56 Prozent der Arbeitnehmer gaben an, dass ihr Boss stets verfügbar sei, um Probleme zu besprechen. Obwohl damit deutlich wird, dass es Luft nach oben gibt, sehen es viele Führungskräfte anders. Immerhin sollen auch hier wieder 97 Prozent der befragten Vorgesetzten der Meinung sein, dass sie bei Herausforderungen immer als Ansprechpartner zur Verfügung stünden.

Hilfsbereitschaft bei Fehleranalysen:

Erneut gaben bei diesem Punkt fast alle befragten Führungskräfte an, dass sie eine Stütze für ihre Mitarbeiter seien. Nur 3 Prozent konnten dies nicht gänzlich bestätigen. Bei den befragten Mitarbeitern sieht es anders aus: Nur 60 Prozent sehen es wie ihre Vorgesetzten und finden, dass Führungskräfte bei Fehleranalysen eine echte Hilfe sind.

Weil die Zahlen belegen, wie verkehrt Eigen- und Fremdwahrnehmung sind, ist die Optimierung der Führungsqualitäten deshalb an die Entwicklung einer guten Portion Selbstkritik geknüpft. Es gilt vor allem, von unrealistischen Erwartungen Abstand zu nehmen – vor allem von Erwartungen sich selbst gegenüber. Führungskräfte fallen keinesfalls und auch nicht regelmäßig vom Himmel. Sie werden zu Führungskräften, indem sie kontinuierlich und selbstkritisch an sich arbeiten.

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2. Voraussetzung: Wandlungsfähigkeit angesichts der sich verändernden Marktbedingungen

Der Arbeitsmarkt verändert sich und Führungskräfte müssen reagieren. Zwischen Sagen und Tun gibt es jedoch große Lücken. Denn nur wenige Leader sind tatsächlich in der Lage, an ihrer Wandlungsfähigkeit zu arbeiten, obwohl viele vorgeben, bereit zu sein.

Dies zeigt sich zum Beispiel beim Inhalt von Stelleninseraten im Vergleich zum tatsächlichen Joballtag. Um Bewerber und Talente anzulocken, preisen Unternehmen ihre modernen Führungskulturen an. Die Enttäuschung kommt zumeist, nachdem der Arbeitsvertrag unterschrieben worden ist: Arbeitnehmer, die auf flache Hierarchien vertraut haben, erleben überforderte Chefs, die keine Verantwortung übernehmen – oder solche, die einen modernen Führungsstil bloß vorgeben, aus ihren alten Strukturen jedoch nicht ausbrechen können.

Voraussetzung für die Verbesserung der eigenen Führungsqualität ist deshalb auch, wandelbar zu sein und sich dem neuen Markt gegenüber nicht zu verschließen. Nur wer die Fähigkeit erlernt, gegen Veränderungen nicht anzukämpfen, sondern sie anzunehmen, kann an seinem Führungsstil arbeiten.

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3. Voraussetzung: Das eigene Team muss Entscheidungsprozesse begleiten können

Bei der Optimierung der Führungsqualitäten kommt es nicht nur auf analytische Fähigkeiten oder große Unternehmensziele an. Zentral ist heute vor allem der Umgang mit Mitarbeitern und die Mitarbeiterzufriedenheit.

Obwohl Entscheidungsprozesse vor allem Aufgabe der Führungsetage sind, ist dieser Ansatz nicht mehr in jedem Unternehmen haltbar. Führungskräfte werden sich deshalb zwangsläufig mit dem „Bottom-up-Prinzip“ statt des traditionellen „Top-down-Ansatzes“ beschäftigen müssen, um an ihren Qualitäten als Leader eines Teams zu arbeiten.

Das heißt: Entscheidungen gehen nicht mehr nur von einer einzigen zentralen Kontrollinstanz aus, sondern finden in der Hierarchieebene weiter „unten“ statt. Eine Verbesserung der Führungsqualität geht deshalb auch mit dem Umsetzen dieser neuen Dynamik einher.

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In der Praxis scheiden sich daran die Geister und es handelt sich, wie bei vielen Führungsaufgaben, um eine Mammutaufgabe. Wichtig ist es dennoch, dass Mitarbeiter verschiedener Abteilungen sich an bedeutenden Entscheidungsprozessen beteiligen können, die alle betreffen.

4. Voraussetzung: Status Quo kritisch hinterfragen

Die Angst davor, selbst verantwortlich zu sein für eine Veränderung – das kann belasten. Deshalb verharren viele Führungskräfte, obwohl sie ihre Führungsqualitäten optimieren möchten, stets im selben Zustand. Sie trauen sich nicht, den Status Quo zu hinterfragen. Und sie glauben dogmatisch an das, was sie bereits kennen.

Es ist jedoch wichtige Voraussetzung, nicht blind und dogmatisch zu sein, um an sich zu arbeiten und so zu einem besseren Unternehmensführer zu werden. Als Folge leiden vor allem Mitarbeiter unter dem inneren Konflikt ihres Bosses. Denn entweder wird ein ängstlicher Chef, der sich nicht traut, Dynamiken infrage zu stellen, keine Verantwortung übernehmen und Aufgaben komplett auf das Team abwälzen, um sich der Veränderung nicht stellen zu müssen.

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Oder aber die Führungskraft wird weiterhin Kontrolle ausüben, um sicherzustellen, dass alles so bleibt, wie es bisher war – so schlecht es auch laufen mag. Dieser Schritt, den Ist-Zustand kritisch zu hinterfragen, ist gewissermaßen die Voraussetzung für die oben genannte Wandlungsfähigkeit von Führungskräften, die sich danach sehnen, bessere Führungsqualitäten zu kultivieren.

5. Bereitschaft, an der eigenen Konfliktfähigkeit zu arbeiten

Eine weitere wichtige Voraussetzung zur Optimierung der Führungsqualität ist der bewusstere Umgang mit Konfliktsituationen. Viele Vorgesetzte fühlen sich entweder dazu gezwungen, anzugreifen oder sich komplett zu distanzieren, wenn sie in eine heikle Situation geraten. Der Umgang mit Konflikten ist jedoch ein zentrales Thema, welches die Arbeitsatmosphäre in Teams positiv oder negativ beeinflussen wird.

Aufgabe von Führungskräften wird hier nicht nur sein, sich der Situation selbst zu stellen, eigene Gefühle wahrzunehmen und sie nachvollziehbar zu kommunizieren. Sondern auch das Moderieren von Konflikten, etwa unter Mitarbeitern. Interventionen sind nur möglich, wenn Führungskräfte Streitpotenzial rechtzeitig erkennen und bei Bedarf helfend eingreifen, ohne jedoch übergriffig, impulsiv oder parteiisch zu reagieren.

Ganz wichtig: Es ist nicht Aufgabe von Vorgesetzten, jeden Konflikt unter Mitarbeitern zu lösen. Dies hilft auch nicht dabei, am eigenen Führungsstil zu arbeiten, sondern die Erkenntnis, dass Konflikte im Joballtag und in der Belegschaft Teil des Entwicklungsprozesses im Team sind und aufkommen werden.

Die Auseinandersetzung mit der eigenen Konfliktfähigkeit ist Bedingung, um als Leader noch besser zu werden. Nur auf diese Weise wird es möglich sein, auch den eigenen Mitarbeitern zu helfen, wenn diese in Schwierigkeiten sind und es zu keinem Konsens kommt.

Bild: FG Trade/istockphoto.com

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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