Das aktuelle Kindergeldsystem soll von der Kindergrundsicherung 2025 abgelöst werden. Wie viel Geld Familien und Kinder künftig bekommen und welche Streitpunkte es gibt.

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Inhalt
1. Kindergrundsicherung: Was ist das?
2. Welche Probleme gab es bisher?
3. Wie viel Geld gibt es?
4. Wer bekommt die Kindergrundsicherung?
5. Aktuelle Streitpunkte
6. Was Armut mit Kindern macht
7. Kindergrundsicherung und weitere Schritte notwendig

Kindergrundsicherung – Was ist das?

Zur Gleichbehandlung von Kindern soll die sogenannte Kindergrundsicherung kommen. Der Start ist für 2025 geplant. Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) hat das Projekt mit großer Hoffnung gegen Kinderarmut und Ungleichbehandlung neu ins Rollen gebracht; es ist ein Teil des Koalitionsvertrages. Die Idee:

  • Ob finanzielle Hilfen in Sachen Schule, Kindergeld oder andere Zuschüsse für Kinder – alles soll als Grundsicherung für Kinder in einem Paket gebündelt werden.
  • Die Kindergrundsicherung setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Es soll einen Grundbetrag geben (einkommensunabhängig) und außerdem einen Zusatzbetrag (einkommensabhängig).

Welche Probleme gab es bisher?

Grundsätzlich ist ein solches Programm längst überfällig: In Deutschland herrscht Kinderarmut. Laut Bertelsmann-Stiftung ist jedes fünfte Kind betroffen; es ist von Armut bedroht. An der Zahl seien es 2,9 Millionen armutsgefährdete Kinder, die in deutschen Haushalten leben.

Und doch beantragen viele Familien nicht alle kinderbezogenen Leistungen, die sie erhalten könnten. Die Kindergrundsicherung soll alle wichtigen Leistungen bündeln, damit der Prozess vereinfacht und niemand benachteiligt wird. Die bürokratischen Hürden sollen durch eine Automatisierung entfallen. Auf diese Weise sollen Leistungen vor allem dort ankommen, wo sie dringend benötigt werden: bei Kindern und Familien, die weniger bekommen und zum Beispiel am Existenzlimit leben. Schon seit mehreren Jahren wird das Projekt Kindergrundsicherung diskutiert. Wegen der Komplexität werden konkrete Pläne erst jetzt sichtbar.

Wie viel Geld sollen Familien und Kinder künftig bekommen?

Seit Januar 2023 erhalten Familien 250 Euro Kindergeld pro Kind. Dieser Betrag soll bei der Kindergrundsicherung den Garantiebetrag bilden. Das heißt: Es gibt mindestens so viel Geld als Grundbetrag, wie es Kindergeld gibt. Mit Abzügen müssen Familien nicht rechnen. Denn dieser Betrag wird nicht verrechnet – zum Beispiel mit dem elterlichen Bürgergeld. Im zweijährlichen Rhythmus soll der Betrag erhöht beziehungsweise angepasst werden.

Hinzu kommt der Zusatzbetrag. Stand März 2023 beträgt die Kinderwohnpauschale 150 Euro und die Bildungs- und Teilhabepauschale 15 Euro. Beides soll zusammen den Zusatzbetrag bilden. Wie hoch dieser am Ende ausfällt, hängt allen voran vom Gesamteinkommen der Eltern ab. Hier gilt grundsätzlich: Je niedriger das Familieneinkommen, desto höher der Zusatzbetrag.

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Wer kann Kindergrundsicherung beantragen – und wie?

Ein Problempunkt war bisher der bürokratische Aufwand für Familien, die auf zusätzliche Geldleistungen angewiesen sind. Den Antrag für die Kindergrundsicherung sollen Familien künftig vereinfacht über eine neue Kindergrundsicherungsstelle einreichen. Hierfür soll ein eigens dafür angedachtes Onlineportal entstehen. Ministerin Paus plant eine Vereinfachung für diejenigen, die einen Antrag stellen.

Ein Beispiel: Sofern ein Anspruch auf Kindergrundsicherung besteht, soll die Kindergrundsicherungsstelle alle notwendigen Informationen zum Einkommen einer Familie vom Finanzamt erhalten; in der Praxis würde das bedeuten, dass der bürokratische Aufwand des Einkommensnachweises entfallen würde.

Und wer bekommt das Geld? Die Kindergrundsicherung soll es ab der Geburt des Kindes geben, wie es beim Kindergeld auch der Fall ist. Angedacht ist die Auszahlung bis zum 18. Lebensjahr. Darüber hinaus erhalten auch die Kinder die Grundsicherung, die eine Ausbildung (bis zum 25. Lebensjahr) oder ein Studium (bis zum 27. Lebensjahr) absolvieren.

Welche Streitpunkte gibt es?

Das Bundesfinanzministerium hat sich zur Kindergrundsicherung geäußert. Demnach gibt es vor allem ein zentrales Problem: Die Politiker, etwa Christian Lindner (FDP), geben zu bedenken, dass die bisherigen Entwürfe in der Form, wie sie vorliegen, nicht genügen. Man müsse die Wirkung auf den Arbeitsmarkt prüfen, heißt es. So wäre es zum Beispiel möglich, dass eine hohe Kindergrundsicherung dazu führt, dass Menschen keinen Anreiz mehr finden, arbeiten zu gehen.

Markus Herbrand (FDP) hat ebenfalls Zweifel und kritisiert, dass die Regierung sich nicht „gutgläubig ausnutzen lassen darf“ und auch, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass Eltern das Zusatzgeld für eigene Konsumausgaben wie „Alkohol und Zigaretten“ nutzen. Tadel für diese Worte erntete der Politiker von vielen Seiten, unter anderem von Ulrich Schneider (Paritätischer Gesamtverband): Die Aussagen seien mit Vorurteilen behaftet und zudem „unterste Schublade“.

Wegen der anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen FDP und Grünen ist nicht sicher, ob der von der Familienministerin präsentierte Zeitplan so eingehalten werden kann. Zwar soll die Grundsicherung ab 2025 kommen; doch Änderungen sind nicht ausgeschlossen. Neben den Diskussionen der Gestaltung der Kindergrundsicherung, gibt es verwaltungstechnische Stolpersteine: Insgesamt müssen, so die Tagesschau, fünf Ministerien zu einer Einigung kommen, die am Projekt beteiligt sind.

Strukturelles Problem: Was Armut mit Kindern machen kann

Die strukturelle Kinderarmut in Deutschland wird schon länger in Politik und Gesellschaft diskutiert. Zu den Risikogruppen gehören Erwerbslosen, Alleinerziehende, Familien mit Migrationshintergrund sowie Mehrkinderhaushalte. Prekäre Arbeitsverhältnisse, Arbeitslosigkeit und das Aufwachsen in schwierigen finanziellen und sozialen Verhältnissen erschwert das Leben des Nachwuchses vieler Familien.

Für betroffene Kinder hat die Armut oft gravierende materielle und immaterielle Folgen, beispielsweise geringere Bildungschancen. Wie die AWO-ISS-Langzeitstudie deutlich macht, besteht eine Verknüpfung zwischen den Lebenslagen von Kindern und der Familieneinkommensarmut. Probleme gibt es demnach bereits im Grundschulalter und bei den Mechanismen zur Problembewältigung. Dass auch die Bildungschancen sinken, wird ebenfalls deutlich: Wer arm aufwächst, hat nicht immer die besten Zukunftschancen.

Und doch zeigt die Praxis, dass das nicht pauschal auf alle zutrifft. Auch wenn Kinder, die in Armut aufwachsen, früh Probleme haben, gibt es viele Positivbeispiele, die untermauern, dass eine erfolgreiche berufliche Laufbahn nicht ausgeschlossen ist. Dennoch kann die Kinderarmut gravierende Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben.

Das ist auch der nächste wichtige Punkt: Armut kann sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken, wenn Familien finanzielle Probleme zu bewältigen haben und eine sorgenfreie Kindheit dadurch erschwert wird. Kinderpsychiater und Universitätsprofessor Michael Schulte-Markwort ist sich sicher: Stress ist bei Kindern, die in Armut aufwachsen, keine Seltenheit – und der Zustand würde sich beispielsweise als Schlafstörung oder in Form von körperlichen Schmerzen äußern. Schon früh müssen Betroffene erfahren, was es heißt, wenn die Seele schon in jungen Jahren leidet. Nicht selten zeigen sich die Probleme weiterhin im Erwachsenenalter, was sich zum Beispiel auf das Berufsleben auswirken kann.

Fazit: Kindergrundsicherung und weitere Schritte notwendig

Die Vereinfachung und Bündelung von Leistungen für Kinder ist in Deutschland überfällig. Wenn die soziale Teilhabe besonders für Kinder von einkommensschwachen Familien nicht möglich ist, beeinträchtigt das mit großer Wahrscheinlichkeit die Zukunft der Betroffenen. Dennoch existiert ein reales Problem für den Arbeitsmarkt, sofern die Kindergrundsicherung tatsächlich dazu führt, dass weniger Menschen erwerbstätig sein wollen.

Neben den finanziellen Aspekten bedarf es jedoch weiterer Maßnahmen, um allen Kinder in Deutschland gerechte Zukunftschancen zu ermöglichen. Auch wenn die Kindergrundsicherung dringend notwendig ist, ist eine verbesserte Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur essenziell. Familien sollten in der Lage sein, Beruf und Privatleben besser vereinen zu können, damit die Bedürfnisse von Kindern nicht leiden. Hier kommen auch Arbeitgeber ins Spiel. Denn es darf nicht vergessen werden, dass eben diese Kinder die Zukunft sind – auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und sozialer Ebene.

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Bildnachweis: Foto von Lawrence Crayton/Unsplash