Nach einem wichtigen Pitch vor potenziellen Großkunden kehrt Ruhe ein. Die Folien sind durch, die Stimmen der Entscheider noch im Ohr. Und jetzt? Schnell noch Kollegen um Feedback bitten? Schließlich heißt es doch, dass Feedback der Schlüssel zum beruflichen Wachstum ist. Doch viele machen dabei einen entscheidenden Fehler.

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Auf den erste Blick klingt Feedback wie das Werkzeug der Wahl für alle, die sich verbessern wollen. Offenes Ohr, Lernbereitschaft, der Wille zur Selbstoptimierung – das alles symbolisiert die klassische Frage: „Hast du Feedback für mich?“ Doch psychologisch betrachtet führt genau diese Frage oft in eine Sackgasse. Denn Feedback bringt uns nicht selten in eine Abwehrhaltung. Und manchmal hindert es uns sogar daran, wirklich besser zu werden.

Feedback: Zwischen Bestätigung und Überforderung

Menschen reagieren auf Feedback meist in zwei typischen Extremen. Entweder sie nehmen es zu persönlich, sind eingeschnappt und verlieren sich in Selbstzweifeln. Oder sie blocken beleidigt ab, weil Kritik sich wie ein Angriff anfühlt. Beides ist zutiefst menschlich: Schließlich aktiviert negatives Feedback schnell unser soziales Alarmsystem. Evolutionspsychologisch betrachtet war Kritik früher gleichbedeutend mit dem Risiko, aus der Gruppe ausgeschlossen zu werden – und damit mit einer existenziellen Bedrohung. Heute droht kein Ausschluss mehr, aber das Gefühl bleibt.

Noch dazu bleibt Feedback im Arbeitsalltag oft vage. „War gut! War okay! Passt so!“ Laute Aussagen, leere Botschaften. Viel Lob, wenig Substanz. Oft geht es beim Feedback mehr um eine Bewertung des Vergangenen als um konkrete Ideen oder Lösungsstrategie für die Zukunft. Statt weiterzudenken, verharren viele in einer Art Rückschau. Genau darin liegt das Problem: Feedback richtet den Blick darauf, was war – nicht darauf, was werden könnte.

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Der Perspektivwechsel, der wirklich weiterbringt

Hier kommt eine einfache, aber wirkungsvolle Alternative ins Spiel: Statt nach Feedback zu fragen, fragen erfolgreiche Menschen nach Rat. Klingt banal? Ist es nicht. Denn Rat verändert den Gesprächsrahmen – weg von der Bewertung, hin zur gemeinsamen Suche nach Lösungen.

Die Frage lautet dann nicht mehr: „Wie fandest du meinen Pitch?“
Sondern eher: „Was würdest du mir empfehlen, damit ich die Entscheider beim nächsten Mal noch gezielter abhole?“

Das mag nach einem kleinen sprachlichen Unterschied klingen. Psychologisch ist es jedoch ein großer Schritt. Denn wer Rat erfragt, lädt sein Gegenüber ein, sich in die Zukunft zu denken, sich einzubringen, mitzuwirken. Aus Kritik wird Kooperation. Aus Bewertung wird Verbesserung.

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Eine Forschungsarbeit aus der Harvard Business Review, belegt diesen Effekt eindrucksvoll: Menschen, die um Rat gebeten werden, geben in der Regel deutlich konkretere und hilfreichere Rückmeldungen als jene, die um Feedback gebeten werden.

In einem Experiment baten die Forschenden rund 200 Personen, ein Bewerbungsschreiben für eine Nachhilfestelle zu bewerten. Die einen sollten klassisches Feedback geben, die anderen gezielt Ratschläge formulieren.

Das Ergebnis: Während die Feedback-Gruppe eher allgemeine Kommentare abgab wie „Diese Person scheint einige der Anforderungen zu erfüllen“, lieferte die Ratgeber-Gruppe deutlich konkretere und umsetzbare Hinweise – etwa: „Beschreiben Sie Ihren Nachhilfestil und warum Sie ihn gewählt haben. Ergänzen Sie, was Ihr Ziel für einen durchschnittlichen Siebenjährigen wäre.“

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Messbar war dieser Unterschied deutlich: Wer um Rat gebeten wurde, lieferte 34 % mehr Bereiche zur Verbesserung und 56 % mehr konkrete Vorschläge, wie sich etwas optimieren lässt.

Ratschläge statt Rückblicke

Auch für unser eigenes Wohlbefinden ist dieser Ansatz ein Gewinn. Wer Feedback einholt, stellt sich schnell selbst infrage. Wer Rat erfragt, bleibt handlungsfähig. Aus der psychologischen Perspektive bedeutet das, die eigene Selbstwirksamkeit zu stärken – das Gefühl, durch eigenes Zutun etwas verändern zu können. Und genau das ist ein entscheidender Faktor für Motivation und langfristigen Erfolg.

Lese-Tipp: Ehrgeiz, Ego, Erfolg – die Grauzonen des Aufstiegs

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Natürlich heißt das nicht, dass Feedback grundsätzlich schlecht ist. Für Berufseinsteiger zum Beispiel kann es durchaus hilfreich sein, um Sicherheit zu gewinnen und grundsätzliche Einschätzungen zu bekommen. Doch wer wachsen will, wer sich gezielt verbessern möchte und auf die nächste Stufe will, für den ist Rat die zielführendere Wahl.

Natürlich heißt das nicht, dass Feedback grundsätzlich schlecht ist. Gerade für Berufseinsteiger kann es durchaus hilfreich sein, um Sicherheit zu gewinnen und eine erste Orientierung zu bekommen. Und auch in der Führung ist Feedback sinnvoll – vorausgesetzt, es folgt einer klaren Struktur und fördert gezielt die Entwicklung von Mitarbeitenden.

Lese-Tipp: Wie das gelingen kann, zeigt das 4-Stufen-System für effektives Führungskräfte-Feedback.

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Doch wer sich wirklich weiterentwickeln, sein Potenzial ausschöpfen und gezielt besser werden möchte, ist mit Rat meist besser beraten. Denn während Feedback in der Vergangenheit ansetzt, eröffnet Rat den Blick nach vorn.

Wie man richtig Fragen stellt

Wer es ausprobieren möchte, kann schon im nächsten Meeting, nach dem nächsten Pitch oder Projektabschluss gezielt um Rat bitten. Zum Beispiel so:

  • „Was würdest du anders machen, wenn du an meiner Stelle wärst?“
  • „Hast du eine Idee, wie ich das beim nächsten Mal noch besser angehen kann?“
  • „Welche Aspekte würdest du stärker betonen?“

So wird aus der Suche nach Feedback eine Einladung zum Mitdenken – und genau das bringt uns oft viel weiter als der Versuch, Vergangenes zu bewerten. Denn am Ende geht es weniger darum, was war. Sondern darum, was noch möglich ist.

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