Homeoffice ist längst mehr als ein Corona-Trend. Die Pandemie hat die Akzeptanz zwar beschleunigt, doch der Wandel am Arbeitsmarkt geht tiefer. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung fördern immer mehr Unternehmen flexible Arbeitsmodelle, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten. Seit 2019 hat sich die Zahl der Stellenanzeigen mit Homeoffice-Option verfünffacht. Doch in welchen Berufen hast du die besten Chancen auf Homeoffice – und könnte dieser Vorteil bald verschwinden?
Homeoffice: Mehr als nur ein Benefit?
Homeoffice war für viele Beschäftigte und Unternehmen während der Pandemie eine Notlösung. Doch mittlerweile wird es in vielen Branchen als Standard vorausgesetzt, um die Attraktivität eines Jobs zu erhöhen. Unternehmen setzen es gezielt ein, um Fachkräfte anzuziehen, insbesondere in Bereichen, in denen qualifiziertes Personal knapp ist. Neben dem Vorteil für die Arbeitgeber, Talente überregional anzusprechen und Office-Kosten zu sparen, liegt ein klarer Pluspunkt für Arbeitnehmer in der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Dies macht es besonders für Familien und Pendler so attraktiv.
Diese Berufe bieten die besten Chancen auf Homeoffice
Die Studie zeigt, dass nicht alle Berufsgruppen gleichermaßen vom Homeoffice profitieren. Welche Branchen stechen also besonders hervor? Hier sind die Top-Bereiche, in denen Homeoffice eine realistische Option ist:
1. IT und Softwareentwicklung
In der IT-Branche gehört Homeoffice beinahe schon zum Standard. Softwareentwickler, IT-Support-Mitarbeiter und Datenanalysten arbeiten häufig remote. Durch die fortschreitende Digitalisierung sind viele dieser Tätigkeiten problemlos von zu Hause aus möglich. Fast 80 % der Stellenausschreibungen in der IT-Branche bieten laut der Studie eine Homeoffice-Option an.
2. Marketing und PR
Auch im Marketing und der PR haben sich die Arbeitsmodelle stark gewandelt. Kreativarbeit, Kampagnenplanung und Social-Media-Management erfordern oft keinen festen Arbeitsplatz im Büro. Viele Agenturen und Unternehmen nutzen hier flexible Arbeitszeiten und Remote-Arbeit, um ihren Teams mehr Freiraum zu geben.
3. Beratung und Consulting
Besonders in Beratungsberufen ist das Homeoffice auf dem Vormarsch. Da Berater häufig beim Kunden vor Ort arbeiten oder ihre Meetings remote abhalten, ist der physische Standort oft zweitrangig. Dies gilt besonders für Unternehmensberater, IT-Berater und Finanzberater.
4. Kreative Berufe
Designer, Texter, Videoeditoren und Content-Creators arbeiten schon lange nicht mehr nur vom Büro aus. Durch digitale Tools und Online-Kollaboration ist der Kreativprozess mittlerweile größtenteils ortsunabhängig. Die Nachfrage nach Freelancern und Remote-Kreativarbeitern steigt stetig an.
5. Finanzen und Buchhaltung
Auch im Bereich Finanzen und Buchhaltung steigt die Homeoffice-Quote. Besonders Buchhalter, Steuerberater und Controller können ihre Aufgaben weitgehend digital erledigen. Unternehmen nutzen spezialisierte Software, die eine sichere und effiziente Remote-Arbeit ermöglicht.
Höhere Qualifikation, bessere Homeoffice-Chancen
Eine zentrale Erkenntnis der Studie: Die Verfügbarkeit von Homeoffice hängt stark von der Qualifikation der Beschäftigten ab. Besonders für hoch komplexe Expertentätigkeiten, wie sie oft von Menschen mit Diplom oder Masterabschluss ausgeübt werden, hat sich das Homeoffice-Angebot in den letzten Jahren sprunghaft entwickelt. Zwischen 2019 und 2023 stieg der Anteil der Stellen mit Homeoffice-Option von 6,6 auf 31,9 Prozent – eine beeindruckende Zunahme, die zeigt, wie attraktiv Remote-Arbeit gerade für hochqualifizierte Fachkräfte geworden ist.
Ähnlich positiv sieht es bei Spezialisten mit Meister- oder Bachelorabschluss aus. Hier stieg das Angebot von 5,9 auf 28,0 Prozent, was ebenfalls eine deutliche Verbesserung darstellt. Diese Berufsgruppen profitieren stark von der zunehmenden Digitalisierung und der Möglichkeit, ihre anspruchsvollen Tätigkeiten ortsunabhängig auszuführen.
Bei Fachkräften mit Berufsausbildung fällt der Anstieg zwar verhaltener aus, dennoch stieg der Anteil der Stellen mit Homeoffice-Möglichkeit von 1,7 auf 8,1 Prozent. Dies zeigt, dass auch in diesen Bereichen die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen kontinuierlich wächst, wenn auch langsamer als bei den höher qualifizierten Tätigkeiten.
Ein ganz anderes Bild zeigt sich bei Helfern- und Anlerntätigkeiten. Hier ist das Homeoffice-Angebot nach einem leichten Anstieg von 1,2 Prozent (2019) auf 3,7 Prozent (2022) im Jahr 2023 sogar wieder auf 3,1 Prozent gesunken. Diese Berufe erfordern oft physische Präsenz, was den Einsatz von Homeoffice einschränkt.
Für Unternehmen bedeutet das: Um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, wird das Angebot von Homeoffice zunehmend zur strategischen Notwendigkeit.
Das Homeoffice auf dem Rückzug? Was CEOs wirklich planen
Trotz des klaren Trends hin zu mehr Homeoffice-Möglichkeiten gibt es auch eine kontroverse Gegenbewegung – und diese wird vor allem von CEOs angeführt. Laut einer Umfrage unter US-amerikanischen Top-Managern erwarten 79 % der CEOs, dass ihre Mitarbeitenden in den nächsten drei Jahren überwiegend wieder im Büro arbeiten. In Deutschland teilen 68 % der CEOs diese Ansicht. Das deutet darauf hin, dass das Homeoffice, so beliebt es bei den Angestellten auch ist, bald wieder stärker eingeschränkt werden könnte.
Doch warum dieser Schritt zurück in die Büros? Viele Unternehmenslenker argumentieren, dass die Produktivität, Innovationskraft und die Unternehmenskultur durch physische Nähe und den direkten Austausch im Büro profitieren. Sie glauben, dass Teams, die sich regelmäßig persönlich treffen, kreativer und effizienter arbeiten. Außerdem fürchten einige Unternehmen, dass Mitarbeiter im Homeoffice langfristig den Kontakt zum Unternehmen verlieren und die Bindung insgesamt nachlässt.
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Die Zukunft des Homeoffice: Bleibt es oder geht es?
Hier stellt sich die entscheidende Frage: Wie werden Arbeitnehmer auf eine mögliche Rückkehrpflicht ins Büro reagieren? Während viele das Büro als sozialen Treffpunkt und Inspirationsquelle schätzen, haben andere die Vorteile des Homeoffice liebgewonnen. Eine bessere Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben durch Work-Life-Integration, Zeitersparnis durch wegfallende Pendelwege und mehr Flexibilität im Alltag sind Argumente, die schwer zu ignorieren sind.
Für viele Arbeitnehmer könnte eine Einschränkung des Homeoffice ein Grund sein, den Arbeitgeber zu wechseln. Unternehmen, die diesen Trend nicht mitgehen, riskieren, qualifizierte Fachkräfte an Konkurrenten zu verlieren, die flexible Modelle bieten. Tatsächlich zeigt die Studie der Bertelsmann Stiftung, dass gerade in Branchen mit Fachkräftemangel das Homeoffice oft als entscheidender Vorteil gesehen wird.
Ein Balanceakt zwischen Flexibilität und Kontrolle
Die Chancen auf Homeoffice hängen stark vom Berufsfeld ab, doch der Trend ist eindeutig: Immer mehr Branchen erkennen die Vorteile und passen ihre Arbeitsmodelle entsprechend an. Allerdings bleibt die Frage, ob das Homeoffice langfristig Bestand haben wird – oder ob einige Unternehmen noch stärker auf Präsenzarbeit setzen. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass es wichtig wird, die Entwicklungen im Blick zu behalten und sich gegebenenfalls beruflich neu zu orientieren, wenn der Wunsch nach Flexibilität nicht erfüllt wird.
Das Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben – aber nicht ohne Widerstand. Für Arbeitnehmer könnte der Kampf um die Beibehaltung dieser Flexibilität zur neuen Herausforderung werden.