Die neue Bundesregierung will mit gleich zwei Maßnahmen neue Impulse setzen: Die Frühstart-Rente soll Kindern früh einen Vermögensbaustein sichern. Die Aktivrente bietet älteren Erwerbstätigen die Chance, steuerfrei weiterzuarbeiten. Was zunächst gut klingt, wirft viele Fragen auf: Wer profitiert tatsächlich und wer bleibt außen vor?
Was ist die Frühstart-Rente?
Die Bundesregierung plant ab dem 01.01.2026 ein staatlich finanziertes Vorsorgemodell für Kinder. Der Staat zahlt monatlich 10 Euro für jedes Kind zwischen 6 und 18 Jahren, das eine Bildungseinrichtung besucht, in ein „individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot“ ein.
Das Depot ist vor staatlichem Zugriff geschützt und darf erst mit Erreichen des Rentenalters (67 Jahre) ausgezahlt werden. Die Erträge bleiben zudem bis zur Auszahlung steuerfrei. Ab dem 18. Lebensjahr können zusätzliche freiwillige Einzahlungen erfolgen bis zu einem noch festzulegenden jährlichen Höchstbetrag.
Einordnung: Was bringen 10?€ im Monat?
Die Frühstart-Rente klingt zunächst gering: 10 Euro pro Monat, vom sechsten bis zum 18. Lebensjahr, also insgesamt 144 Euro pro Jahr über 12 Jahre hinweg. Am Ende der Sparphase kommen so 1.440 Euro staatlich finanziertes Kapital zusammen. Klingt wenig, doch der eigentliche Hebel liegt im Zinseszinseffekt über die Jahrzehnte hinweg.
Wer dieses Geld ab dem 18. Lebensjahr unangetastet auf einem langfristig gut aufgestellten Fondsdepot liegen lässt, beispielsweise mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 4 %, kann bei Renteneintritt mit rund 5.700 Euro Kapital rechnen. Bei 5 % Rendite wären es sogar über 7.000 Euro. Dieser Betrag ist steuerfrei angespart, solange keine Entnahme erfolgt, ein klarer Vorteil gegenüber klassischen Bankprodukten.
Noch wirkungsvoller wird das Modell, wenn Eltern oder Großeltern selbst regelmäßig kleine Beiträge dazulegen. Wer zusätzlich zu den 10 Euro vom Staat etwa 15 Euro pro Monat privat beisteuert, also 180 Euro jährlich, erhöht den Gesamtbetrag der Einzahlungen auf 3.600 Euro. Bei 4 % Rendite kann daraus bis zum Renteneintritt ein Kapital von rund 14.000 Euro entstehen.
Wichtig dabei: Dieses Geld bleibt im Depot geschützt, es darf nicht zweckentfremdet werden und wird erst zur Rente ausgezahlt. Die Erträge sind bis dahin steuerfrei, die Auszahlung jedoch wird voraussichtlich nachgelagert besteuert, also je nach Höhe des Einkommens im Rentenalter.
Wie du deine Vorsorge ergänzen kannst
Wer die Frühstart-Rente sinnvoll nutzen will, kann sie mit eigenen Sparplänen kombinieren. Schon geringe monatliche Beträge – etwa 10 bis 25 Euro zusätzlich – entfalten über Jahrzehnte eine spürbare Wirkung. Besonders wirkungsvoll sind ETF- oder Fondssparpläne mit niedrigen Kosten, langfristiger Ausrichtung und automatischer Wiederanlage der Erträge.
Wer darüber hinaus an eine langfristige Altersstrategie denkt, sollte frühzeitig auch die zweite Lebenshälfte im Blick haben – etwa mit Blick auf die Aktivrente. Für Erwerbstätige lohnt es sich, rechtzeitig mit dem Arbeitgeber über flexible Arbeitsmodelle im Alter zu sprechen: projektbezogen, tageweise oder mit reduzierter Wochenarbeitszeit. Auch klassische Vorsorgewege wie Betriebsrenten, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rente oder eine gut strukturierte Riester-Rente können je nach Lebenssituation sinnvoll ergänzen.
Was bedeutet die Aktivrente?
Ab dem 1. Januar 2026 soll Rentnerinnen und Rentnern ein steuerfreier Hinzuverdienst von bis zu 2.000 Euro pro Monat möglich sein, zusätzlich zur gesetzlichen Rente. Das Konzept der sogenannten „Aktivrente“ sieht vor, dass freiwilliges Weiterarbeiten im Ruhestand deutlich attraktiver wird.
Anders als beim regulären Nebenverdienst im Alter entfällt die Steuerpflicht auf diese Einkünfte vollständig. Wer über das reguläre Rentenalter hinaus weiterarbeitet, sei es projektbezogen, stundenweise oder dauerhaft, darf die Einnahmen vollständig behalten. Sozialversicherungsbeiträge sind freiwillig.
Die Maßnahme verfolgt zwei Ziele: Zum einen sollen erfahrene Fachkräfte länger im Arbeitsleben gehalten werden, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Zum anderen will die Politik mehr individuelle Wahlfreiheit schaffen: Arbeiten im Alter soll keine finanzielle Hürde mehr darstellen.
Doch das Modell hat auch seine Grenzen. Nicht jede Branche bietet altersgerechte Jobs, und nicht jeder Mensch kann oder will mit über 67 Jahren weiterarbeiten. Gerade Menschen mit körperlich anstrengender Erwerbsbiografie oder gesundheitlichen Einschränkungen werden die Aktivrente kaum nutzen können.
Ob das Modell wie geplant funktioniert, hängt von der praktischen Umsetzung ab etwa davon, ob auch Selbstständige profitieren können und wie Unternehmen auf das neue Potenzial reagieren. Fest steht: Für viele kann die Aktivrente ein echter Gewinn sein aber sie ist kein Allheilmittel.
Für wen lohnen sich freiwillige Rentenjahre?
Die Aktivrente ist attraktiv für:
- gesunde Rentner, die weiterarbeiten möchten,
- Selbstständige oder Berater mit flexiblen Arbeitsmodellen,
- Gutverdienende, die steuerfrei hinzuverdienen wollen.
Weniger profitieren hingegen Menschen mit körperlich anstrengenden Berufen oder gesundheitlichen Einschränkungen. Für sie bleibt die Aktivrente in vielen Fällen ein Privileg der Gesunden und Gutqualifizierten.
Gute Impulse – aber keine Wundermittel
Die Frühstart-Rente bringt erstmals echte Vorsorgeimpulse für Kinder – aber eher als ein Signal und nicht als komplette Altersvorsorge. Die Aktivrente dagegen bietet Spielraum für alle, die freiwillig länger arbeiten wollen. Beide Modelle setzen auf Eigenverantwortung und langfristiges Denken und sie funktionieren nur für jene, die auch mitmachen können.
Tipp: Wer kann, nutzt die staatlichen Bausteine und ergänzt sie durch kluge Eigenbeträge.
(Quelle: Koalitionsvertrag 2025)