Der mittlere Bruttojahresverdienst eines Vollzeitbeschäftigten lag 2024 in Deutschland bei exakt 52.159 Euro – inklusive Sonderzahlungen wie z. B. Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Das meldet das Statistische Bundesamt. Der Median, so heißt es in der Statistik, teilt die Verteilung exakt in zwei Hälften: 50?% der Vollzeitbeschäftigten verdienten mehr als diesen Betrag, die andere Hälfte weniger.
Was auf den ersten Blick nach Ausgeglichenheit klingt, erzählt bei genauerem Hinsehen eine andere Geschichte. Denn wer sich mit dem sogenannten Medianverdienst beschäftigt, erkennt schnell: Diese Mitte hat mit dem, was wir gemeinhin als „Durchschnitt“ verstehen, nur bedingt zu tun.
Verzerrte Wahrnehmung durch Durchschnittswerte
Der arithmetische Mittelwert, also der rechnerische Durchschnitt, liegt bei 62.235 Euro – mehr als 10.000 Euro über dem Median. Der Grund ist klar: Besonders hohe Einkommen ziehen den Durchschnitt nach oben. Sie machen ihn zu einem theoretischen Wert, der mit der Lebensrealität der Mehrheit kaum noch etwas zu tun hat.
Hier zeigt sich der Wert des Median als Kenngröße: Er ignoriert extreme Ausschläge und bildet stattdessen den realen Mittelpunkt der Verteilung ab. Er ist damit näher an dem, was als „normal“ gelten kann – oder zumindest, was für die Mehrheit der Beschäftigten realistisch ist.
Die Verteilung macht den Unterschied
Wie ungleich die Einkommen tatsächlich verteilt sind, zeigt die detaillierte Staffelung der Verdienste in Perzentile – also Einkommensgrenzen, unterhalb derer ein bestimmter Prozentsatz der Beschäftigten liegt:
- 10?% verdienen 32.526 Euro oder weniger
- 30?% bleiben unter 42.700 Euro
- 50?% unter oder gleich 52.159 Euro (Median)
- 70?% unter 65.843 Euro
- 90?% unter 97.680 Euro
- Die obersten 1?% beginnen bei 213.286 Euro
Diese Zahlen zeigen, dass viele Gehälter zwar relativ nah beieinander liegen – aber das obere Ende der Skala weit nach oben ausschlägt. Wer mehr als 213.000 Euro im Jahr verdient, bekommt mehr als das Vierfache des mittleren Einkommens. Gleichzeitig liegt ein erheblicher Teil der Beschäftigten unter 40.000 Euro jährlich – ebenfalls in Vollzeit.
Jenseits der Statistik
Die Verdiensterhebung berücksichtigt nur Vollzeitstellen mit mindestens sieben Monaten Beschäftigung im Jahr. Teilzeit, Mini-Jobs oder selbstständige Tätigkeiten sind nicht enthalten. Bruttoeinkommen aus kürzeren Arbeitsverhältnissen wurden auf zwölf Monate hochgerechnet.
Was die Statistik nicht zeigt, sind regionale Unterschiede, Lebenshaltungskosten oder familiäre Belastungen. Auch sagt sie nichts über die subjektive Wahrnehmung von Gerechtigkeit, Leistung oder Teilhabe. Und doch lässt sich aus ihr ein nüchternes Fazit ziehen: Die Spannweite der Einkommen ist erheblich – selbst bei regulären Vollzeitstellen.
Die Gehalts-Mitte ist nicht dort, wo viele sie vermuten
Ein Bruttojahresgehalt von 70.000 Euro mag für manche nach einem gutbürgerlichen Auskommen klingen – statistisch gehört man damit aber bereits zum obersten Einkommensdrittel. Wer 40.000 Euro verdient, fühlt sich nicht unbedingt „arm“, befindet sich jedoch im unteren Drittel der Vollzeitbeschäftigten. Diese Diskrepanz zwischen gefühlter und tatsächlicher Position wird verstärkt durch Narrative, die sich zu oft am Durchschnitt und zu selten an der Verteilung orientieren.