Viel Geld verdienen und gleichzeitig sparsam sein – das schafft nicht jeder. Kölner und Bonner Forscher identifizieren einen entscheidenden Erfolgsfaktor, der Besserverdiener von Normalverdienern unterscheidet und zu einem höherem Einkommen führt.

Ungeduld soll bekanntlich dazu führen, dass wir schnell an unsere Ziele kommen, weil sie uns motivieren und etwas drängen soll. Oder nicht? Wissenschaftler der Universitäten Köln und Bonn sind anderer Meinung. In einem Discussion Paper, welche bei ECONtribute veröffentlicht wurde, kommen sie auf Basis der ausgewerteten Daten zu einem Entschluss: Wer Geduld beweist, verdient in der Regel auch besseres Geld.

Alles ist das nicht. Neben der Erkenntnis, dass geduldige Menschen eher zu den Gutverdienern gehören, fanden die Forscher auch heraus, dass Geduldigen das Sparen besser gelingt. Die Datenanalyse erfolgte mit den Angaben von insgesamt 80.000 Menschen aus unterschiedlichen Ländern.

Geduld bedeutet vor allem Selbstkontrolle

In der Psychologie wird die Fähigkeit der Geduld üblicherweise als Selbstkontrolle oder Impulskontrolle beschrieben. Es geht um das Ertragen und Warten; um Selbstbeherrschung in Situationen, in denen wir eigentlich lieber unserem natürlichen Impuls folgen würden, um kurzfristig das Gefühl der Belohnung zu spüren.

Ein Beispiel: Wer auf Zucker verzichtet, um gesünder zu leben, beim Anblick eines Schokoriegels jedoch ungeduldig wird und zugreift, befriedigt kurzfristig die Lust auf Süßes. Langfristig führt die impulsive Reaktion jedoch zum Scheitern des großen Ziels.

Bereits in den 1960er Jahren erforschten Wissenschaftler die Geduld von Kindern im berühmten Marshmallow-Experiment: Ihnen wurde zum Beispiel ein Schokoladenkeks angeboten. Außerdem wurden alternativ zwei Kekse angeboten, wenn sie warteten, bis der Versuchsleiter, welcher den Raum anschließend verließ, wieder zurückkam. Langzeitergebnisse zeigten, dass geduldige Kinder, welche auf den zweiten Keks oder die Süßigkeit warteten, später erfolgreicher im Leben waren. Denn die Bildungsabschlüsse seien vergleichsweise hoch, sie seien weniger anfällig für den Konsum von Drogen und außerdem kritikfähiger.

Die Fähigkeit Geduld führe auch dazu, dass Menschen mit mehr Selbstkontrolle sich eher ihrer Bildung widmen und vor allem produktiver sind, so die Forscher der Universitäten Köln und Bonn. Es gilt, Willenskraft zu beweisen und am Ball zu bleiben, etwa um ein Studium oder auch eine Lehre tatsächlich zu beenden. Produktivität und ein höherer Abschluss – beides in Kombination kann den besseren Verdienst ebenfalls erklären.

Sind Kinder heutzutage ungeduldiger?

Viele Eltern glauben, dass sie in ihren jungen Jahren geduldiger als ihr heutiger Nachwuchs waren. Das zeigt eine US-amerikanische Umfrage von Entwicklungspsychologin Stephanie Carlson, die in einer Studie mit ihrer Arbeitsgruppe jedoch zugleich den Gegenbeweis liefert.

Die Studie offenbart, dass Kinder von heute – im direkten Vergleich mit den Kindern von vor 50 Jahren – insgesamt sogar mehr Geduld und Durchhaltevermögen beweisen. Ein Ergebnis, welches der landläufigen Meinung, dass der moderne Nachwuchs über weniger Impulskontrolle verfüge, widerspricht, so die Studienautorin Carlson. In Anbetracht der Annahme, dass Geduld bereits früh erlernt werden kann und später im Berufsleben hilft, ist das eine Nachricht, die viele Eltern erfreuen dürfte.

Geduld lernen und trainieren für mehr Geld – so geht es

Ob mehr Ausdauer, Willenskraft, Impulskontrolle oder die Regulation von starkem Verlangen: Geduld hat viele Namen und sie kann, das ist eine weitere gute Nachricht, trainiert werden. Hier kommen einige Strategien.

Wichtiger Hinweis für diejenigen unter uns, die besonders ungeduldig sind: Geduld kommt nicht von heute auf morgen. Und genauso sollte Ungeduld nicht zwangsläufig verteufelt werden, weil sie manchmal zielgerichtet zum Einsatz kommen kann – zum Beispiel in Situationen, in denen dynamisches, zielgerichtetes, schnelles Handeln gefragt ist.

Tipp #1: Herausfinden, wann Ungeduld hochkommt

Ist es die Warteschlange im Supermarkt, die einen in den Wahnsinn treibt? Oder das lange Warten auf eine erlösende Nachricht vom Partner, wenn es gerade kriselt? Wer sich in Geduld üben möchte, sollte zunächst den eigenen Ist-Zustand beurteilen. Wichtig ist, herauszufinden, in welchen Situationen der Impuls, es nicht aushalten zu können und reagieren zu müssen, besonders stark ausgeprägt ist. Das ist ein bedeutender Startpunkt, um die Fähigkeit und den Erfolgsfaktor Geduld zu trainieren.

Tipp #2: Kleine Fortschritte und Erfolge anerkennen

Wer ungeduldig ist, will sich seinen Zielen in großen Schritten nähern und ist frustriert, wenn es nicht funktioniert. Deshalb kann es hilfreich sein, sich auf die kleinen Schritte, die wir täglich schaffen, zu fokussieren und sie hervorzuheben. Dadurch fühlen wir uns besser und gehen oft gestärkt an die nächste Aufgabe. Auch das bedeutet, Geduld zu beweisen, um bald das Erreichen des großen Ziels feiern zu können, auf das wir hinarbeiten.

Tipp #3: Abgleich der Erwartungen mit dem, was machbar ist

Wir sind Menschen und vergessen leicht, dass wir keine übernatürlichen Kräfte besitzen. Umso wichtiger ist es, die eigene Erwartungshaltung gründlich zu überprüfen und sich vom Anspruch, nach Perfektion zu streben, zu verabschieden. Häufig setzen wir uns selbst unter Druck in unangenehmen Situationen. Wer sich diesen Druck nehmen kann und sich tolerant zeigt, übt sich in Geduld.

Tipp #4: Sich vorstellen, welcher Erfolg auf einen wartet

Was bringt es überhaupt, eine Situation auszuhalten? Wer sich diese Frage beantworten kann und sich die Belohnungen vor Augen führt, die aus etwas Geduld resultieren, tut sich einen großen Gefallen. Widerstehen wir beispielsweise einer Versuchung, können wir stolz auf uns sein, weil wir wieder einen Schritt weiter sind. In brenzligen Situationen hilft es deshalb, sich die eigene Motivation und die Belohnung, die wartet, vorzustellen – denn so halten wir meist besser aus und durch.

Tipp #5: Meditation und Atemübungen durchführen

Atmen, innehalten, sich abreagieren, sich kurz hinlegen: Wenn die Ungeduld einen wieder einmal übermannt, kann es sinnvoll sein, sich auf die körperlichen Reaktionen zu konzentrieren. Der schöne Nebeneffekt von Meditation und Atemübungen ist, dass wir unseren Stress generell reduzieren. So stärken wir unsere mentale und körperliche Gesundheit, der Puls normalisiert sich und auch der Blutdruck kann reguliert werden.

Tipp #6: Impulskontrolle durch Zeitverzögerung trainieren

Zwischen dem Impuls, nach einem Schokoriegel zu greifen und der Umsetzung der Tat, gibt es immer ein kleines Zeitfenster, welches genutzt werden sollte für eine Verzögerung. Das bedeutet: Wer das nächste Mal den Drang verspürt, den Riegel direkt in die Hand zu nehmen, kann kurz durchatmen, einmal durch die Wohnung laufen, den Raum verlassen, sich hinsetzen oder ein Glas Wasser trinken. Das ist ein klassisches Beispiel, um Heißhunger zu widerstehen. Die Übung lässt sich jedoch in verschiedenen Situationen im Alltag anwenden.

Achtung: Selbstbeherrschung ist eine Ressource, die begrenzt ist

Auch wenn wir versuchen, uns in Geduld zu üben, sollte beachtet werden, dass unsere Impulskontrolle nicht unendlich ausgereizt werden kann. Professorin Kathleen Vohs von der Universität Minnesota forscht zum Thema Selbstkontrolle: Wenn wir unser Hirn durch bestimmte Aufgaben immer wieder zu sehr beanspruchen würden, und dazu gehört auch, einem Verlangen zu widerstehen, sei dies auf Dauer kontraproduktiv. Denn so könne unser Gehirn seine Aufgaben nicht mehr so gut erfüllen, wie wir es uns wünschen. Zudem kann das permanente Unterdrücken von Impulsen dazu führen, dass wir aggressiv reagieren.

Deshalb gilt: Üben ist völlig in Ordnung. Aber übertreiben sollten wir es nicht und manchmal auch unseren Impulsen, unserem Verlangen nachgeben, um eine gute Balance zu finden. Die Dosis macht das Gift!

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