Passiv-aggressive Menschen sind potenziell schädlich für Mitarbeiter und Unternehmen. Woran man sie erkennt, weiß Arbeitspsychologie-Experte Stefan Falk.

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Das Gefahrenpotenzial passiv-aggressiver Mitarbeiter und Führungskräfte

Wer seine Wut als Angestellter oder Führungskraft direkt zum Ausdruck bringt, stößt zuweilen auf Ablehnung. Verkehrt ist es aber nicht, dem Ärger Raum zu geben. Denn unterdrückte Wut kann schnell zur passiven Aggressivität werden. Diese birgt, weil sie nur unterschwellig stattfindet, eine größere, wenn auch zunächst nicht sichtbare Gefahr.

Stefan Falk, studierter Arbeitspsychologie-Experte, Führungscoach und Autor (‚Intrinsic Motivation: Learn to Love Your Work and Succeed as Never Before‘) weiß aus seiner langjährigen Arbeitserfahrung mit Menschen, wie schwierig und schädlich der Umgang mit passiv-aggressiven Persönlichkeiten sein kann. Firmen und Teams hätten bereits ihren Erfolg einbüßen müssen, so Falk, weil toxische Menschen Veränderungen gegenüber resistent seien.

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Passiv-aggressive Soldaten im Zweiten Weltkrieg – und eine umstrittene Diagnose

Nicht jeder Mensch mit passiv-aggressiven Zügen leidet unter einer Persönlichkeitsstörung, denn als Diagnose ist das Verhalten grundsätzlich umstritten. Während Scott Wetzler (Fachbereichsleitung Psychiatrie am Albert Einstein College, USA) die Diagnose als sinnvoll erachtet, sehen andere Experten sie kritisch, weil sie passiv-aggressives Verhalten nicht als Störung, sondern als Abwehrreaktion einstufen.

Zurückzuführen sei dies unter anderem auf eine Verbindung zum US-Militär im Zweiten Weltkrieg. William Menninger, US-Militärpsychiater, habe demnach Soldaten beobachtet, die Befehle nicht ausführten. Jedoch nicht, indem sie sich offen wehrten, sondern so taten, als würden sie diese nicht hören oder verstehen. Ein Verhalten, das im Krieg lebensrettend für Soldaten sein konnte, im heutigen Alltag, vor allem im Berufsleben, eher destruktiv wirkt und damit vor allem Kollegen und Unternehmen schadet.

6 typisch toxische Anzeichen für passiv-aggressive Menschen

Passiv-aggressive Personen offenbaren sich nicht so schnell wie die Persönlichkeiten, die offen mit ihrem Wutgefühl umgehen und ihr Herz auf der Zunge tragen. Zerstörerisch wirkt das Verhalten aber vor allem, weil passiv-aggressive Menschen innerlich schnell hochkochen, äußerlich jedoch ruhig bleiben. Es gibt einige Anzeichen, an denen wir sie erkennen können, wie Psychologie-Experte Falk verrät.

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1. Unglücklich im Job: Sie sind unzufrieden, lassen dem Elend aber ihren Lauf

Aggressionen und Wut können uns dabei helfen, Entscheidungen zu treffen und etwas zu verändern, wenn wir einen konstruktiven Umgang mit ihnen finden.

Aber passive Aggression ist kein Antreiber, sondern ein Hindernis. Deshalb versauern passiv-aggressive Menschen häufig in ihren Jobs. Sie sind unzufrieden, aber zu unsicher, um etwas zu verändern. Also bleiben sie – und „verpesten“ das Klima mit ihren toxischen Bemerkungen und Sticheleien, weil sie eine Projektionsfläche für ihre Unzufriedenheit benötigen.

2. Passiv-aggressive suchen Gefolgschaft

Passiv-aggressive Menschen erwecken zwar den Eindruck, dass sie die Fähigkeit beherrschen, mit anderen zusammenzuarbeiten und Teamleitern und Führungskräften zu folgen. In Wahrheit aber suchten sie vor allem selbst Gefolgschaft, meint Falk, eine Art „Untergruppe“ in der eigentlichen Gruppe.

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Dies deutet auf eine Dynamik der Grüppchenbildung hin: Macht sowie Anerkennung der Fans und Verachtung für die, die anders sind, gehören zur Norm. Etwa gegenüber Menschen, die es schaffen, ihre Meinung ohne Spielchen und passiv-aggressive Verhaltensweisen zu äußern. Doch die Verachtung ist häufig nur ein Zeichen des Neids, selbst keinen offenen und gesunden Umgang mit der unterdrückten Wut finden zu können.

3. „Not your business“: Ihre Gedanken kreisen um die Angelegenheiten anderer

Ein zentrales Problem passiv-aggressiver Mitarbeiter besteht darin, sich auf andere zu konzentrieren, aber auch dies aus Eigennutz.

Weil passiv-aggressive Menschen selten Initiative ergreifen, wenn es um ihre eigenen Angelegenheiten geht, sondern ihr Schicksal von anderen abhängig machen, neigen sie dazu, ihr Umfeld stärker zu beobachten und sich so Gedanken um Dinge zu machen, die sie eigentlich nichts angehen.

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Indem sie sich nicht mit ihren eigenen Problemen beschäftigen, sondern eher Pläne schmieden, wie sie Verhaltensweisen anderer zu ihren Gunsten beeinflussen, sind sie gewissermaßen darauf angewiesen, ihr Umfeld zu analysieren und ihre Nase subtil in die Angelegenheiten anderer zu stecken. Weil sie typisch passiv-aggressive, nett verpackte Kommentare abgeben, ihre Meinung nicht begründen und ihr Verhalten dann verharmlosen, drehen sie den Spieß um und machen sich zum Opfer:

  • „Wie du willst. Ist ja auch egal, was ich denke.“
  • „Spaß. War ein Scherz. Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt.“
  • „Ich weiß ja nicht, ob ich das so machen würde wie du, aber mach ruhig.“

4. Passiv-aggressive Spielchen: Sie agieren taktisch und „politisch“

Sie verstellen sich, wenn es sein muss, um das zu bekommen, was sie brauchen. Da es passiv-aggressiven Menschen schwerfällt, Wünsche und Bedürfnisse offen mitzuteilen, greifen sie auf andere Maßnahmen zurück. Sie werden sich zum Beispiel dumm stellen, wenn sie eine Aufgabe nicht erledigen möchten. Zwar können passiv-aggressive Menschen besonders fleißig und intelligent sein. Beides zeigen sie aber nur, um Anerkennung zu bekommen und um zu taktieren. Sie spielen ein höchst politisches Spiel.

5. Sicherheit statt Mut: Sie wehren sich gegen jegliche Veränderungen

Veränderungen gehen mit Ungewissheit einher. Für Unternehmen sind sie jedoch oft eine Chance für Innovation. Auch in der Teamarbeit bringen neue Vorschläge und Vorhaben frischen Wind ins Geschehen.

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Weil sie Veränderungen blockieren und diese um jeglichen Preis vermeiden wollen, gefährden passiv-aggressive Menschen auch den Team- und Unternehmenserfolg. Ausreden, die jegliche Art von Veränderungen im Keim ersticken, deuten auf eine passiv-aggressive Persönlichkeit hin.

6. Ich-Bezogenheit: Sie haben einen unauffälligen Geltungsdrang

Sie leisten oft gute Arbeit, sagt Falk. Doch passiv-aggressive Menschen seien im Grundsatz nicht am gemeinsamen Erfolg, sondern an ihrem interessiert, weil Anerkennung und Selbstwerterhöhung oberste Priorität hätten. Bleibt die Anerkennung aus, reagieren sie oft mit Sticheleien – anstatt das auszusprechen, was sie sich wirklich wünschen.

So gelingt der Umgang mit passiv-aggressiven Mitarbeitern

Damit das Miteinander im Job funktioniert und das Arbeitsklima nicht vergiftet wird, sollten Betroffene Maßnahmen ergreifen:

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  • Nicht provozieren lassen: Mit ihrer subtil-provokanten Art und dem Talent, scharfe Angriffe in nette Worte zu verpacken, bringen Menschen mit passiver Aggressivität viele Kollegen in Verlegenheit. Wer angegriffen wird, sollte jedoch ruhig und souverän reagieren, auch wenn es nicht einfach ist. Alles andere spielt dem Provokateur in die Karten.
  • Verantwortung: Können passiv-aggressive Mitarbeiter ausgemacht werden, ist es wichtig, sie an Absprachen zu erinnern, damit sie sich nicht um ihre Verantwortung drücken können. Denn häufig manipulieren sie, um Aufgaben zu entkommen.
  • Nicht lange zögern: Entdecken Führungskräfte oder Mitarbeiter, dass ein Kollege eine Aufgabe nicht erledigt, diese aber als erledigt dargestellt hat, gilt es, dies unbedingt anzusprechen.
  • Direktheit einfordern: Immer um den heißen Brei reden, Seitenhiebe nutzen, Wut nicht offen zugeben, das kann im Joballtag für alle Beteiligten nervig sein. Wer es mit passiv-aggressiven Menschen zu tun hat, muss manchmal darauf pochen, dass ein ehrlicher Austausch stattfinden kann.
  • Empathie kann ein Weg sein, um aufzuzeigen: „Ich höre zu. Du kannst mir sagen, was du wirklich denkst.“ Zugleich ist es wichtig, dennoch konsequent zu bleiben, falls Grenzen überschritten werden. Weil passiv-aggressive Kollegen sich oft verunsichert fühlen, vor allem bei Gesprächen in Gesellschaft vieler anderer, sollte eine konstruktive Konfrontation diskret stattfinden, um das Vertrauen des Gegenübers zu gewinnen.

Bild: Spiderstock/Spiderstock

Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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