Eine McKinsey-Studie zeigt: Jobwechsel sind nicht nur gut für die Karriere, sondern auch für den Geldbeutel. Denn mit jedem Wechsel winken Gehaltssteigerungen von bis zu 30 Prozent.

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Jobwechsler profitieren von Lohnplus

Ein freiwilliger Jobwechsel in Deutschland kann sich in vielerlei Hinsicht lohnen. Vor allem aber verspricht er mehr Geld. Wie eine Studie von McKinsey („Human capital at work: The value of experience“) zeigt, profitieren häufige Jobwechsler von einem Lohnplus, das im Schnitt 30 Prozent beträgt. Eine großangelegte Analyse hat ergeben, dass Arbeitnehmer in Deutschland im Durchschnitt insgesamt fünfmal ihre Stelle wechseln müssen, um im Vergleich den größtmöglichen Lohnsprung zu machen. Auch 46-prozentige Gehaltssprünge seien demnach möglich.

Für Job-Hopper ist das eine gute Nachricht. Ein freiwilliger Wechsel bedeutet heute nicht automatisch, unzuverlässig oder sprunghaft zu sein, sondern sich weiterzuentwickeln, neue Skills zu erlernen und Erfahrungen zu sammeln. Damit wächst der Marktwert, weil Flexibilität und Lernfähigkeit gefragter sind denn je.

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Job wechseln: Je „fremder“, desto besser?

Die Analyse hat auch ergeben, dass es nicht nur auf die Häufigkeit der Jobwechsel ankommt, sondern auch auf den Mut, fremde Rollen einzunehmen. Das kann zum Beispiel ein branchenfremder Job sein oder eine Stelle, die voraussetzt, die bisherigen Fähigkeiten zu erweitern, um die Position ausfüllen zu können. Das angebotene Gehalt steige mit der Anzahl der verlangten Skills, die Kandidaten erlernen müssten.

Erfahrungen zu sammeln sei eine Art Ausgleich und Plus für die, die eine geringere formale Qualifikation vorweisen, heißt es im Bericht, sodass ein häufiger Jobwechsel sich vor allem dann auszahlt, wenn wir eine schlecht entlohnte Stelle verlassen, um neue Jobs auszuprobieren. Der Trend zeigt, dass es nicht immer ein Hochschulabschluss sein muss – und dass auch Quereinsteiger heute bessere Möglichkeiten haben, nicht zuletzt aufgrund des Bewerbermarktes.

Für Arbeitgeber: Weiterbildungsmöglichkeiten ziehen mehr Bewerber an

Die Studie beleuchtet die Wichtigkeit der Berufserfahrung von Arbeitnehmern und zeigt zugleich, dass Aus- und Weiterbildungen heute eine ähnlich wichtige Position einnehmen. Weil der Marktwert von Arbeitnehmern mit ihren zusätzlich gewonnenen Qualifikationen steigt und sie bei Stellenwechsel so mehr Geld verlangen können, sind heute vor allem Weiterbildungsangebote gefragt. Betriebe müssen sich auf die Nachfrage vorbereiten – denn neben flexiblen Arbeitszeiten und einer guten Bezahlung können eben jene Weiterbildungsmöglichkeiten ausschlaggebend sein, um sich für oder gegen ein Unternehmen zu entscheiden.

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McKinsey-Empfehlung: Arbeitnehmer nach Potenzial beurteilen

Arbeitnehmer, die häufiger den Job wechseln, könnten auch als illoyal dem Unternehmen gegenüber abgestempelt werden. Obwohl moderne Betriebe den Trend bereits kennen, weichen andere nicht von ihren konservativen Konstrukten ab und deuten das Hin und Her als Schwäche.

Danach sollten potenzielle Jobkandidaten jedoch nicht ausschließlich beurteilt werden. Die fehlende Bereitschaft, das Potenzial von Bewerbern als Bewertungskriterium heranzuziehen und sich stattdessen ausschließlich auf ihr aktuelles Aufgabenfeld zu konzentrieren, kann ein Fehler sein. Angelika Reich, McKinsey-Partnerin und Expertin für New Work, empfiehlt, das mögliche Potenzial, welche neue Rolle ein Bewerber ausfüllen könnte, unbedingt als wichtiges Bewertungskriterium zu berücksichtigen. So bekommen auch Kandidaten eine Chance, die aktuell eine Stelle bekleiden, die unter ihren Fähigkeiten liegt und die damit zu kämpfen haben, vorverurteilt und benachteiligt zu werden.

Der Fehler, das Potenzial nicht zu berücksichtigen, sondern ausschließlich nach bisherigen Leistungen und Aufgaben zu gehen, ist vor allem bei der Beförderung von Führungskräften ein Problem. So zeigt das berühmte Peter-Prinzip, wie eine Beförderung bis zur Inkompetenz erfolgen kann, bis entsprechende Mitarbeiter schließlich an ihrer Aufgabe scheitern.

Mehr als Geld: Häufige Jobwechsel haben weitere Vorteile

Dass Jobwechsel im New Normal nicht nur gängig, sondern auch wichtig sind, hat gleich mehrere Gründe. Denn neben einer besseren Bezahlung genießen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber gleich mehrere Vorteile.

1. Die Produktivität von Arbeitnehmern steigt

Nach einer Auswertung der Bertelsmann Stiftung sind Jobwechsler im Schnitt produktiver. Sie fehlen nicht ganz so oft. Wer demnach einen branchenfremden Job annimmt, fehlt im Schnitt 4,3 Tage weniger pro Arbeitsjahr und wer sich für einen ähnlichen Job wie bisher entscheidet, kommt auf 6,2 Tage. Während Unternehmen so dem Personaldefizit begegnen können, profitieren Arbeitnehmer von einer besseren Bezahlung und einer höheren Motivation, welche mit einem „Tapetenwechsel“ einhergehen und dazu beitragen kann, die Arbeitszufriedenheit insgesamt zu erhöhen.

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2. Die Veränderungsbereitschaft wächst

McKinsey-Partnerin Reich betont, dass etwa 6,5 Millionen deutsche Erwerbstätige bis zum Jahr 2030 wegen der digitalen Veränderungen entweder ihren bisher ausgeübten Beruf wechseln müssten oder umgeschult werden. Auch deshalb haben häufige Jobwechsel einen entscheidenden Vorteil: Sie erhöhen die Veränderungsbereitschaft von Arbeitnehmern und bereiten auch Arbeitgeber darauf vor, dieser neuen Dynamik Platz zu machen und zu folgen.

Wechselbereite, die unterschiedliche Jobs oder Aufgabenfelder kennenlernen, können ihre Flexibilität erweitern und sich besser anpassen, wenn sie in einem Umfeld arbeiten, welches sich stetig auf Veränderungen gefasst machen muss. Dies gilt künftig nicht ausschließlich für digitale Berufe, weil Veränderungsdynamiken in unterschiedlichen Branchen zu beobachten sind.

3. Innerer Kündigung wird vorgebeugt

Sowohl eine innere Kündigung als auch das Quiet Quitting können verhindert werden, wenn Arbeitnehmer die Möglichkeit bekommen, in einem Unternehmen zu arbeiten, das zu ihren Wertvorstellungen passt. Auch deshalb kann ein häufiger Jobwechsel wichtig sein, um sich nicht hilflos gebunden und gefangen zu fühlen, etwa an und in einem Unternehmen mit toxischen Vorgesetzten und Arbeitskollegen, Ausbeutung und prekären Arbeitsverhältnissen. Zugleich trägt eine insgesamt höhere Erwerbsbeteiligung, die mit steigender Arbeitszufriedenheit auf abnehmenden Fehltagen beruht, auch positiv zum aktuellen Fachkräftedefizit bei.

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Mehr Geld im neuen Job: Darauf sollten Arbeitnehmer achten

Zwar sollen Jobwechsler langfristig von einer besseren Bezahlung profitieren, aber Geld allein genügt heute nicht mehr, um die Zufriedenheit im Job zu erhöhen. Vor allem wegen der Inflation und den damit einhergehenden höheren Lebenshaltungskosten achten immer mehr Arbeitnehmer zunehmend darauf, Stellen anzunehmen, die finanzielle Sicherheit bieten. Und doch ist der monetäre Anreiz kein Ersatz für ein gutes Arbeitsklima.

Beim Jobwechsel und bei den Gehaltsverhandlungen ist es deshalb wichtig, weitere Kriterien im Hinterkopf zu behalten und sich nicht von verführerisch klingenden Angeboten locken zu lassen. Dabei sollten Bewerber beispielsweise auf Anzeichen und Warnsignale von toxischen Vorgesetzten oder potenziellen Kollegen achten.

Was außerdem zu beachten ist: Es kann es hilfreich sein, vor Vertragsabschluss einen Probetag zu durchlaufen. Obwohl ein gutes Preboarding bereits erste Eindrücke vermittelt, ist es nicht immer ausreichend, um sich ein Bild vom tatsächlichen Arbeitsklima und den Unternehmenswerten zu machen. Seriöse Unternehmen, die bereit sind, Arbeitnehmern entgegenzukommen, ermöglichen ihnen einen authentischen Einblick in die Arbeitsabläufe und Routinen eines Betriebes und sind zudem bereit, ihre Führungsprinzipien zu erläutern.

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Fazit: Jobwechsel zahlen sich immer häufiger aus

War ein häufiger Jobwechsel früher noch ein Zeichen der Sprunghaftigkeit, ist es heute ein natürlicher Teil der neuen Arbeitswelt. Für Beschäftigte und auch für den Arbeitsmarkt ist dieser von großer Bedeutung: Die Flexibilisierung und Digitalisierung der Berufswelt ist auf Arbeitnehmer angewiesen, die anpassungsfähig, wandelbar und selbstständiger sind.

Zudem zahlen sich die Jobwechsel für Arbeitnehmer wortwörtlich aus, erweitern zugleich ihren Horizont und ihre Lernfähigkeit, um in den sich stetig verändernden Situationen im Job professionell reagieren zu können.

Bild: maselkoo99/istockphoto.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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