In vielen deutschen Unternehmen ist die Beziehung zwischen Kolleginnen und Kollegen von professioneller Distanz geprägt. Zwar herrscht oft ein kollegialer Umgangston, doch echte zwischenmenschliche Nähe bleibt die Ausnahme. Gespräche über Privates finden meist auf dem Flur statt, Small Talk ist höflich, aber oberflächlich. Freundschaften im engeren Sinne entstehen selten. Der Fokus liegt auf Effizienz, Leistung, sachlicher Zusammenarbeit.

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Mehr Nähe, mehr Ideen: Warum Freundschaft im Job wirkt

Ein Blick nach Großbritannien zeigt ein anderes Bild. Der awork Work Happiness Report 2025 dokumentiert, dass 83 Prozent der britischen Wissensarbeitenden Freundschaften am Arbeitsplatz pflegen. In Deutschland sind es nur 63 Prozent. Diese Differenz ist nicht nur eine kulturelle Eigenheit, sondern ein Hinweis auf strukturelle Unterschiede in der Arbeitskultur. Wo es an Nähe fehlt, fehlt oft auch Vertrauen, Motivation und langfristige Bindung ans Unternehmen.

Zahlreiche Studien belegen: Kollegiale Verbundenheit fördert Kreativität, reduziert Fluktuation und stärkt die Innovationskraft von Teams. In Großbritannien bringen 42 Prozent der Befragten regelmäßig kreative Ideen ein. In Deutschland sind es nur 36 Prozent. Der Zusammenhang ist eindeutig: Wer sich im Team sicher fühlt, zeigt mehr Initiative.

Beziehungen brauchen Struktur – gerade im Homeoffice

Vor allem in Zeiten von Homeoffice und hybriden Arbeitsformen spielt die aktive Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen eine wachsende Rolle. Während früher Begegnung automatisch im Büro stattfand, muss sie heute bewusster gestaltet werden. Dazu zählen konkrete Maßnahmen wie regelmäßige Check-ins ohne Agenda, persönliche Gesprächseinstiege in Meetings oder Tandem-Partnerschaften für neue Mitarbeitende. Auch reale Treffen, etwa einmal oder zweimal im Monat, sind wichtig, um soziale Dynamiken aufrechtzuerhalten.

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Wo solche Strukturen fehlen, droht Entfremdung. Wer nur noch als Funktion wahrgenommen wird, verliert schnell das Gefühl von Zugehörigkeit. Nähe lässt sich nicht automatisieren, aber gezielt fördern. Und genau darin liegt ein oft unterschätzter Wettbewerbsvorteil.

Menschlichkeit statt Managementfloskeln

Das britische Beispiel zeigt: Eine teamorientierte Arbeitsatmosphäre muss nicht durch Leitbilder oder Programme erzeugt werden. Es genügen Alltagshandlungen, die Wertschätzung und Vertrauen ausdrücken. In Deutschland dagegen dominiert oft die Sorge, Nähe könne mit Intransparenz oder Bevorzugung verwechselt werden.

Dabei bedeutet Nähe nicht automatisch Freundschaft im privaten Sinne. Vielmehr geht es um einen respektvollen, zugewandten Umgang auf Augenhöhe. Dort, wo Kollegialität und Interesse am Gegenüber gelebt werden, entsteht ein Wir-Gefühl, das weit über Projektarbeit hinausgeht.

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Statt auf neue Schlagworte wie „New Work“ zu setzen, könnte ein Perspektivwechsel bereits viel bewirken: Weg von der reinen Leistungslogik, hin zu mehr Menschlichkeit im Miteinander. Das macht Unternehmen nicht nur attraktiver – sondern auch erfolgreicher.

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