Während manche diesen Schritt als persönlichen Schutz betrachten, kann er in beruflichen Kontexten auch als Misstrauensvotum interpretiert werden – insbesondere, wenn soziale Medien ein Teil des beruflichen Netzwerks sind. Doch was bewegt uns, Kollegen in sozialen Netzwerken auszuschließen, und welche Risiken birgt es, dies nicht zu tun?
Vertrauen in der digitalen Arbeitswelt: Eine Gratwanderung
Soziale Medien dienen längst nicht mehr nur dazu, lustige Memes zu teilen, sondern sind zu einem erweiterten Raum für Arbeitsinteraktionen geworden. Plattformen wie LinkedIn, Xing oder Instagram helfen dabei, berufliche Verbindungen aufzubauen, eröffnen jedoch auch Raum für neue Konflikte. Laut einer Studie des Pew Research Center geben etwa 40 % der Arbeitnehmer an, dass sie ihre Kolleginnen und Kollegen in sozialen Medien als „lästig“ empfinden, weil berufliche und persönliche Inhalte vermischt werden. Für viele ist die Lösung, den Zugang zu beschränken – durch Blockieren oder gezielte Filter.
Doch warum entsteht dieses Bedürfnis?
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Privatsphäre als Luxusgut: Soziale Medien zeigen oft einen intimen Einblick in unser Privatleben. Da ist das Urlaubsfoto auf den Kanaren, das Foto mit Kegelkumpels am Glühweinstand oder der spontane Schnappschuss aus dem Fitnessstudio – scheinbar harmlose Inhalte, die jedoch schnell in einem anderen Licht gesehen werden können, wenn sie in den beruflichen Kontext geraten.
Ein Beispiel: Ein entspanntes Foto aus dem letzten Urlaub, gepostet während einer Krankmeldung, könnte Misstrauen schüren – selbst wenn keine böse Absicht dahintersteckt – und du während deiner jetzigen Krankmeldung gar nicht um Urlaub warst. Es wird viel Geschwätz wenn der Arbeitstag lang ist.
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Datenmissbrauch durch Kollegen: Fälle, in denen Informationen aus Social-Media-Profilen gezielt gegen die Person verwendet wurden, häufen sich. Studien zeigen, dass rund 10 bis 20 % der Arbeitnehmer Erfahrungen damit gemacht haben, dass Kollegen Social-Media-Beiträge manipuliert oder als Hebel in Konflikten eingesetzt haben. Besonders gefährlich: die Verbreitung aus dem Kontext gerissener Inhalte.
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Das toxische Arbeitsklima als Verstärker: In Arbeitsumgebungen mit starkem Konkurrenzdruck, in denen Fair Play ein Fremdwort ist, werden Informationen aus sozialen Netzwerken häufig für Machtspiele genutzt. Sie können Mobbing und Intrigen fördern, denn wer in sozialen Medien sichtbar ist, bietet zwangsläufig Angriffsfläche.
Psychologische und berufliche Auswirkungen des Blockierens
1. Das Signal: „Ich traue dir nicht“
Das Blockieren eines Kollegen bleibt selten unbemerkt. Es kann den Eindruck vermitteln, dass du der Person nicht vertraust oder ablehnend gegenüber stehst, was in toxischen Arbeitskulturen schnell als Angriff gegen die Person wahrgenommen wird. Laut der „Social Connectedness“-Theorie ist die digitale Vernetzung ein Symbol für berufliche und soziale Zugehörigkeit. Wer blockiert, signalisiert das Gegenteil – ein Risiko, wenn Kollegen oder Vorgesetzte dies als negativ interpretieren.
2. Das Risiko des Nicht-Blockierens
Auf der anderen Seite gibt es valide Gründe, den Zugang einzuschränken. Soziale Medien sind ein Ort, an dem persönliche Ansichten geäußert werden, oft impulsiv und ungefiltert. Was privat oder aus Jux und Tollerei gemeint ist, kann beruflich missverstanden werden – etwa Äußerungen oder Kommentare, die gegen Unternehmensrichtlinien interpretiert werden könnten.
3. Emotionale und mentale Belastung
Das Wissen, 24/7 beobachtet zu werden, führt bei vielen zu Stress. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Profile für jeden offen halten, fühlen sich oft gezwungen, „perfekte“ Inhalte zu posten, um nicht negativ bewertet zu werden. Ein Großteil verzichtet daher bewusst auf bestimmte Inhalte, aus Angst, Kollegen könnten sie falsch interpretieren.
Strategien für den richtigen Umgang mit Social Media
1. Trenne berufliche und private Netzwerke strikt
Nutze Plattformen wie LinkedIn und Xing rein beruflich und halte persönliche Netzwerke wie Instagram, TikTok oder Facebook privat. Informiere Kollegen bei Bedarf über diese Trennung – alle wissen dann sofort Bescheid, wie du beruflich und privat damit umgehst.
2. Privatsphäre-Einstellungen sind dein Freund
Die genannten Plattformen bieten Möglichkeiten, Inhalte gezielt für bestimmte Gruppen sichtbar zu machen. Du kannst Kollegen in eingeschränkte Listen aufnehmen, ohne sie direkt zu blockieren. So bleiben berufliche Beziehungen intakt, während sensible Inhalte verborgen bleiben.
3. Don´t drink and post – Überlege, was du teilst
Inhalte, die privat witzig erscheinen, können im beruflichen Kontext schnell unpassend oder sogar problematisch wirken. Bevor du etwas postest, frage dich: „Wie würde ich mich fühlen, wenn mein Chef oder mein Team das sieht?“ Manchmal hilft es, eine Nacht darüber zu schlafen. Denn was digital existiert, kann leicht aus dem Kontext gerissen und gegen dich verwendet werden.
4. Klartext – Sprich offen über deine Grenzen
Falls ein Kollege das Blockieren anspricht, erkläre es: „Ich halte meinen Social-Media-Account privat und trenne das gerne vom Beruflichen. Es ist nichts Persönliches.“ Diese klare Auskunft kann Spannungen und Misstrauen abbauen, die sich sonst möglicherweise weiter zuspitzen würden.
Digitale Grenzen ziehen – professionell und souverän
Das Blockieren von Kollegen ist keine Universallösung – es hängt immer von deinem Umfeld, deinem Team und deiner eigenen Einstellung ab. Wichtig ist, dass du eine Strategie entwickelst, die deine Privatsphäre schützt, ohne dabei berufliche Beziehungen zu gefährden.