In jedem Team gibt es sie: die Vermeider. Sobald unangenehme Aufgaben anstehen, sind sie plötzlich nicht auffindbar – in Calls, in Gesprächen oder einfach „kurz raus“. Der Frust bleibt bei den Fleißigen, die aus Pflichtgefühl oder Gewissen übernehmen, was andere liegen lassen. Das Fatale: Vorgesetzte bemerken die Schieflage oft zu spät.
Was ist ein Drückeberger?
Ein Drückeberger ist kein notorischer Faulenzer. Vielmehr ist er ein Meister der Ausweichstrategie. Er erscheint engagiert, ist kommunikativ, aber wenn es konkret wird, duckt er sich weg oder beiseite, Matrix lässt grüßen. Diese Form der Arbeitsvermeidung ist subtil, oft schwer greifbar und dadurch umso schädlicher.
Drückeberger meiden Verantwortung wie der Teufel das Weihwasser. Statt richtig anzupacken, schieben sie Aufgaben auf oder weiter und bremsen so gezielt Abläufe aus. Mit cleverer Tarnung und gutem Timing nutzen sie die Grauzonen im Arbeitsalltag und verschaffen sich so maximale Wirkung bei minimalem Aufwand.
Woher resultiert dieses Drückeberger-Verhalten?
Psychologisch betrachtet sind Drückeberger selten einfach nur „faul“. Vielmehr wirken hier oft tieferliegende Mechanismen:
- Selbstschutz: Die Angst, bei komplexen Aufgaben zu scheitern, führt zu Vermeidung.
- Motivationsdefizite: Wer keinen Sinn in seiner Arbeit sieht, zieht sich zurück.
- Negative Rollenvorbilder: In Unternehmen, in denen Leistung nicht entsprechend anerkannt wird, lernen Mitarbeitende schnell: Warum Überdurchschnittliches leisten, wenn Mittelmaß reicht?
Schon gewusst: Laut dem aktuellen Gallup Engagement Index Deutschland fühlen sich über 90 % der deutschen Arbeitnehmer emotional nicht stark an ihren Arbeitgeber gebunden. Während 78 % nur noch Dienst nach Vorschrift machen, haben weitere 13 % bereits innerlich gekündigt. Nur 9 % zeigen noch eine hohe emotionale Bindung – der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung.
Sie lassen Aufgaben liegen, geben sie unauffällig weiter oder bearbeiten sie nur oberflächlich. Verantwortung wird umgangen, indem man sich auf „operative Dringlichkeiten“ beruft. In Meetings dominiert der Wortbeitrag, nicht die Lösung. Und während manche unter der Last zusammenbrechen, werden andere durch permanente Überlastung zur inoffiziellen Führungskraft, die alles am Laufen hält.
Doch nicht alle Drückeberger ticken gleich. Manche sind harmlose Vermeider, andere dagegen regelrechte Tunichtgute mit System. Fünf Typen sind besonders häufig und auffällig:
Der Kumpeltyp: Er ist stets gut gelaunt, charmant und beliebt, aber inhaltlich oft abwesend. Wenn es ans Eingemachte geht, entzieht er sich elegant. Durch seine soziale Beliebtheit wird er selten hinterfragt und zur Rede gestellt.
Der Dauerüberforderte: Gibt sich gestresst und überarbeitet, liefert aber kaum verwertbare Ergebnisse. Hinter der Fassade aus Hektik steckt eine Mischung aus Chaos, Prokrastination und Angst vor Verantwortung.
Der Abstauber: Dieser Typ erkennt Chancen, sich mit der Leistung (den Federn) anderer zu schmücken. Er ist eloquent, sichtbar und weiß genau, wann er sich ins Rampenlicht stellt und wann er andere für sich arbeiten lässt.
- Der Marathonläufer: Immer beschäftigt, immer in Calls, ein Termin jagt den nächsten. Greifbar für konkrete Ergebnisse ist er aber nie. Dieser Typ verwaltet sich selbst – und das sehr aufwendig. Wirkungsvoller Aktionismus ersetzt echten Output. Besonders in hybriden Arbeitsmodellen verbreitet.
- Der Schatten: Wirkt unauffällig, macht keine Probleme, aber auch keine Fortschritte. Hält sich aus allem raus, gibt wenig Input, aber profitiert vom Engagement der anderen. Dieser Typ fällt kaum auf, weil er sich klug im Schatten des Teams bewegt. Ideal für „verdeckte Arbeitsvermeidung“.
Diese Typen sind für Führungskräfte schwer zu greifen, weil sie sich nicht durch lautstarke Arbeitsverweigerung auszeichnen, sondern durch strategische Tarnung. Sie bewegen sich genau an der Grenze dessen, was formal noch vertretbar und hinnehmbar ist – und sind damit ein Fall für genaues Hinsehen und wachsame Führung.
Warum sind Drückeberger für Unternehmen so gefährlich?
Drückeberger sägen an der Substanz jedes funktionierenden Teams. Wenn Arbeit nicht fair verteilt ist, kippt zwangsläufig die Stimmung:
Die einen schuften, die anderen chillen – und am Ende fragt sich jeder, warum er oder sie sich eigentlich noch Mühe geben soll.
Kein Wunder, dass engagierte Mitarbeiter irgendwann innerlich kündigen, wenn ihre Leistung als selbstverständlich ingenommen und low performance ungestraft bleibt.
Dabei ist Gerechtigkeitsempfinden ein wesebtlicher Baustein für die Teamstimmung. Wird dieses Gleichgewicht gestört, beginnt ein gefährlicher Kreislauf aus Frust, Zynismus und Fluktuation.
Besonders bitter: Ausgerechnet jene, die am wenigsten beitragen, setzen sich manchmal am besten in Szene und werden so zur falschen Inspiration für andere Kollegen.
Was können Führungskräfte konkret tun?
Führung bedeutet nicht, jedem Handgriff der Mitarbeitende nachjagen. Aber sie bedeutet: präsent sein, hinhören, hinsehen – und handeln, wenn’s nötig ist. Wer dauerhaft untertaucht, braucht sehr klare Führung.
Verantwortlichkeiten klar benennen: Wer übernimmt was und bis wann? Je konkreter die Aufgaben verteilt sind, desto geringer die Ausreden. Es braucht Transparenz und Verbindlichkeit.
Konsequent Rückmeldung geben: Nicht nur bei Fehlern und Problemen, sondern auch im generellen Arbeitsablauf. Immer ein Auge drauf haben.
Ergebnisse zählen: Es geht nicht darum, wer am ständig „busy“ wirkt. Entscheidend ist: Was kommt am Ende des Tages dabei raus. Das sollte für alle im Team sichtbar, fair und nachvollziehbar sein.
Das Ziel: Jeder im Team muss liefern. Dafür werden Mitarbeiter eingestellt und bezahlt. Keine Spielchen, kein Selbstmarketing, sondern konkrete Ergebnisse. Gute Führung erkennt, wer wirklich mitzieht und wer bloß mitläuft. Und sie handelt entsprechend und zieht, falls notwendig, Konsequenzen. Führungskräfte, die hier nicht klar und konsequent handeln, riskieren, dass Leistungsträger abwandern und Drückeberger sich noch wohler fühlen.