Es könnte alles so perfekt sein: Mit der Karriere geht es steil bergauf, die Verantwortung wächst, das Gehalt ebenfalls – beste Voraussetzungen für das private Glück im trauten Heim?

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Leider ist beruflicher Erfolg kein Indikator für Liebesglück. Mitunter erweist sich der Job sogar als tickende Zeitbombe für Liebe und Partnerschaft. Problematisch ist nicht nur die Konstellation, wenn beide Partner sich außerordentlich stark beruflich engagieren. Auch die „klassische“ Variante mit einem männlichen Hauptverdiener, auf dem die gesamte finanzielle Verantwortung lastet, birgt Gefahren für die Paarbeziehung. Und nach wie vor scheint der berufliche Rollentausch für „Karrierefrauen“ alles andere als ein Liebeselixier zu sein.

Drei Szenarien, ein Grundproblem: Prioritätsverschiebung

Am Anfang einer Liebesbeziehung steht die gegenseitige Anziehung: die berühmten Schmetterlinge im Bauch bei jedem Treffen. Treffen, für die sich frisch Verliebte jedes mögliche Zeitfenster nehmen – anderes rutscht auf der To-do-Liste nach unten. Ein weiteres typisches Merkmal der romantischen Anfangsphase ist eine selektive Wahrnehmung der positiven Eigenschaften des oder der Verehrten – auch bekannt als „rosarote Brille“.

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Der Überschwang an Emotionen und körperlichen Reaktionen verliert sich im Laufe der Zei.t. Das ist normal und sogar dringend notwendig, denn Körper und Psyche befinden sich in einem absoluten Ausnahmezustand, der nicht endlos verlängert werden kann. Aus Verliebtsein entwickelt sich im besten Fall Liebe, auf der Basis von Zuneigung, Wertschätzung und Vertrauen. Ganz wichtig: die erotische Komponente, die eine Liebesbeziehung von anderen Partnerschaften und Freundschaften unterscheidet.

Wie kann die Arbeit diese Beziehung gefährden oder sogar zerstören?

Im Normalfall steht der Beruf als ein wichtiger Lebensbereich nicht in dauerhafter Konkurrenz zur Liebesbeziehung. Es kann immer wieder Phasen geben, in denen der Job Vorrang haben muss – Fortbildungen, Seminare, Projekte. Die Zeiträume sind aber überschaubar, das nächste gemeinsame Wochenende, der nächste Urlaub und auch das Ende der beruflichen Mehrbelastung sind absehbar. Eine stabile Partnerschaft verkraftet solche schwierigen Phasen.

Komplizierter wird es, wenn sich allmählich oder abrupt die Prioritäten verschieben. Sinkt der Stellenwert der Beziehung, während der Job sämtliche Energien förmlich aufsaugt, sind Krisen nur eine Frage der Zeit und der Leidensfähigkeit des Partners. Dieser Prozess ist nicht immer einseitig, Liebesbeziehungen scheitern auch, weil beide Partner ihre Karriere und nicht ihre gemeinsame Zukunft im Blick haben.

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Wenn ein Paar kaum Zeit füreinander hat

Zeit ist ein kostbares Gut. Wenn ein Paar die Karriere und die Zeit am Arbeitsplatz nicht nur vorübergehend, sondern permanent mehr wertschätzt als die Gemeinsamkeit, ist die Gefahr einer Entfremdung groß. Die Lebensentwürfe und Interessen können auseinanderdriften, aus einem Freundeskreis entwickeln sich auf Dauer zwei eigenständige Kreise, die sich immer seltener überschneiden. Meistens realisieren beide Partner diese Fehlentwicklung erst, wenn die Situation schon sehr festgefahren ist. Typisch ist diese Entwicklung für junge Absolventen, die nach dem Studium beruflich durchstarten möchten. Ob Auslandaufenthalt, beruflich bedingter Lebensmittelpunkt in verschiedenen Städten oder zu wenig Konzentration auf die Paarbeziehung trotz gemeinsamer Wohnung – irgendwann wird diese Entwicklung offensichtlich. Wenn jetzt nicht beide bewusst gegensteuern, wird die Beziehung voraussichtlich scheitern.

Wenn der Partner zu Hause nur Zaungast ist

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Der Klassiker: Mann macht Karriere, Frau kümmert sich um den Nachwuchs und den ganzen Rest. In der Werbung vollmundig als „Familienmanagerin“ gepriesen, fehlt vielen Frauen in der Praxis die Anerkennung für Tätigkeiten rund um Kinder, Küche und Haushalt. Es entsteht eine Schieflage, aus der massive Unzufriedenheit erwachsen kann. Ähnlich verhält es sich auch, wenn qualifizierte Frauen nur einen Minijob oder eine Teilzeitbeschäftigung ausüben, während ihr Partner sich beruflich weiterentwickelt und verwirklicht. Geschäftsreisen, Geschäftsessen, Meetings – das Business lockt mit Endorphinen durch Erfolg. Dagegen verliert die Partnerin leicht an Attraktivität – oder mutmaßt, nicht mehr begehrenswert zu sein. Auch hier ist Zeit der wesentliche Faktor, denn wer sich Zeit nimmt, zur Not auch einmal freischaufelt, signalisiert Liebe, Interesse und Respekt.

Wenn Karriere unweiblich macht

Trotz Frauenemanzipation und Gleichstellungsbemühungen gelten auch im 21. Jahrhundert „Karrierefrauen“ oft als weniger feminin. Frauen erobern zwar beruflich Männerdomänen, studieren Maschinenbau oder andere technische Fächer – engagieren sie sich aber in typisch männlicher Weise für ihr berufliches Fortkommen, kommt der Partner damit nicht immer zurecht. Insbesondere in Beziehungen mit vertauschten Geschlechterrollen, wenn der männliche Partner im Beruf deutlich weniger erfolgreich ist, kann die Liebe auf der Strecke bleiben. Die Problematik ähnelt der klassischen Konstellation – mit dem Unterschied, dass nur sehr selbstbewusste Männer es schaffen, mit einer Karrierefrau an ihrer Seite beruflich zurückzustecken, Familienpflichten zu übernehmen und in dieser Rolle aufzugehen. Weniger souveräne Partner tun sich schwer damit, eine Erfolgsfrau an ihrer Seite zu akzeptieren. Sie neigen in einer solchen Konstellation zur Suche nach Anerkennung durch Flirts, Liebschaften und sexuelle Abenteuer.

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Erste Hilfe für die Liebe

In unserer modernen Gesellschaft sind eine harmonische Beziehung und ein ausgefülltes Berufsleben gleichermaßen Voraussetzung für Glück und Zufriedenheit. Im Idealfall harmonieren diese beiden Komponenten und befruchten sich sogar gegenseitig. Das ist jedoch die Ausnahme, der Normalfall ist ein Kompromiss, der nicht auf ständiger Balance basiert. Auf lange Sicht muss aber eine Ausgewogenheit erkennbar sein.

Wenn bereits alle Anzeichen für ein Ungleichgewicht sprechen, sollten Paare sich mit dem Thema „Work-Love-Live-Balance“ beschäftigen. Ratgeberautoren wie das Psychologen-Ehepaar Eva-Maria und Wolfram Zurhorst ermutigen dazu, sich selbst zu lieben und Kraftpotenziale zu entdecken. Berufliche Verpflichtungen, Leistungsdruck und Stress erweisen sich nur dann als Liebeskiller, wenn sie unerkannt bleiben. Es erfordert Mut, einen neuen Lebensrhythmus zu finden, in dem Arbeit und Liebe gleichermaßen glücklich machen – aber es kann gelingen. Voraussetzung ist eine Abkehr vom „Sicherheitsdenken“ und die neue Gewichtung von Interessen und Lebenszielen.

Bildnachweis: NDAB Creativity/Shutterstock.com

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Anne und Fred von arbeits-abc.de
Foto: Julia Funke

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