Wie war doch gleich der Name der neuen Kollegin aus dem Marketing, fragst du dich als Führungskraft? Lisa? Oder war’s Lena? Irgendwas mit L auf jeden Fall. Und jetzt stehst du da – Kaffeebecher in der Hand, sie dir gegenüber am Kühlschrank – und du willst eigentlich nur freundlich sein. Aber du weißt nicht, wie du sie ansprechen sollst, ohne dass es peinlich wird. Also sagst du: „Hey… du… sag mal, kannst du mir mal die Milch geben?“

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Klar, man erwartet morgens zur Begrüßung im Büro keine Liebesbekundung. Aber ein bisschen Persönlichkeit? Die wäre schon schön. Stell dir vor: Du sagst im Meeting: „Hey, könntest du danach in mein Büro kommen?“ Funktional. Unpersönlich. Reicht fürs Nötigste.

Jetzt denk den gleichen Satz nochmal – aber mit Namen davor. „Hey Lisa, könntest du mal kurz in mein Büro kommen?“ Und plötzlich verändert sich alles. Der Ton. Die Bedeutung. Die Beziehung. Da ist Wärme. Zugewandtheit. Vielleicht sogar ein bisschen Wertschätzung. Alles ausgelöst durch ein einziges kleines Wort: Den Namen.

Namen sind Beziehungscode

Namen sind nicht nur praktische Unterscheidungsmerkmale. Sie sind Beziehungscode. Wer deinen Namen kennt und benutzt, sagt zwischen den Zeilen: Ich sehe dich. Ich meine dich.

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Dass Sprache Nähe schafft – oder eben verhindert – ist auch wissenschaftlich belegt. Studien zur Höflichkeit zeigen: Je größer die gefühlte Distanz, desto förmlicher wird die Ansprache. Anders gesagt: Wer sich emotional oder räumlich entfernt fühlt, redet plötzlich von „Herrn Meier“ statt von „Tobi“.

Für dich als Führungskraft heißt das: Die Art, wie du deine Leute ansprichst – ob locker oder formell, mit Namen oder neutral – beeinflusst eure Beziehung. Willst du Nähe, schaffst du sie über Sprache. Willst du Autorität, setzt du sie durch Ton. Beides ist okay, solange du es bewusst steuerst. Denn auch das ist Führung.

Das Gehirn liebt Namen

Und ja, es ist auch wissenschaftlich belegt: Das Gehirn reagiert auf den eigenen Namen wie auf ein inneres Blinklicht. Sobald er fällt, wird volle Aufmerksamkeit aktiviert – weil der Name mit Selbstwahrnehmung, Relevanz und Zugehörigkeit verknüpft ist. Kurz gesagt: Wer mit Namen angesprochen wird, fühlt sich angesprochen. Persönlich. Gemeint. Verbunden.

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Aber klar: Sich Namen zu merken, macht Arbeit. Und in vielen Büros ist Arbeit etwas, das man effizient wegoptimieren möchte. Gerade in großen Teams passiert’s schnell, dass Menschen zu Funktionen verkommen. „Kann das jemand aus HR übernehmen?“, „Die Kollegin von IT hat da was vorbereitet.“ Gemeint sind engagierte Menschen. Ausgesprochen wird: Austauschbarkeit.

Vom Mensch zur Personalnummer

Das hinterlässt Spuren. Wer nie persönlich angesprochen wird, merkt irgendwann: Ich bin hier austauschbar. Ich könnte gehen – und es würde eh keiner merken. Und genau das ist das Problem. Nicht nur für den einzelnen Mitarbeiter, sondern für das ganze Team. Für die Kultur. Für die Bindung.

Mitarbeitende verlassen selten nur wegen des Gehalts ihren Job. Oder wegen der Überstunden. Oder weil die Kantine jetzt auf Selbstbedienung umgestellt hat. Nein, sie verlassen Unternehmen, weil sie sich nicht gesehen fühlen. Weil niemand fragt, wie’s ihnen geht. Weil ihr Name nie fällt, es sei denn, es ist etwas schiefgelaufen.

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Das Ironische daran: Es wäre so leicht, das zu ändern. Du brauchst kein neues Führungskräfteseminar, kein Tool, keine Schulung. Nur echtes Interesse. Und ein bisschen Aufmerksamkeit. Namen sind das günstigste, aber vielleicht auch wirksamste Führungsinstrument, das du zur Verfügung hast. Sie schaffen Verbindung, bauen Vertrauen auf –  und sie bleiben im Gedächtnis. So wie du selbst auch.

Führung beginnt mit einem Wort

Mit dem richtigen. Mit dem eigenen. Namen. Es geht nicht darum, permanent jeden Satz mit „Lukas“ oder „Sophie“ zu starten wie ein schlecht programmierter Sales-Bot. Es geht darum, Menschen nicht zu übersehen. Und das beginnt nun mal mit der simpelsten Form von Anerkennung: ihrem Namen.

Auch bei denen, die sonst gern übersehen werden: Werkstudenten, Reinigungskräfte, der Kollege, der nur im Homeoffice zugeschaltet ist. Sie alle haben Namen. Und das Recht, dass man sie kennt. Nicht nur, weil es höflich ist. Sondern weil es zeigt, dass sie dazugehören.

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In jedem Namen steckt ein unausgesprochener Wunsch: Sieh mich. Erkenne mich an. Sprich mich an. Wer das versteht, führt anders. Und besser. Vor allem mit Menschlichkeit.

Also: Wie war nochmal der Name der neuen Kollegin? Lisa, glaub ich. Vielleicht fragst du sie heute nochmal. Und merkst es dir diesmal.

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