Manche Mitarbeiter sprechen nicht mit dir. Sie kommunizieren mit der Stirn. Und zwar in Falten. Du gibst ein sachliches Feedback, sprichst ein kleines Problem an – und sofort schlägt das Gesicht um: beleidigt, genervt, eingeschnappt. Der Rest des Tages ist dann gelaufen. Für dich, fürs Team – und natürlich für sie selbst. Willkommen in der Welt der toxisch Gekränkten.
Was steckt hinter diesem Verhalten?
Was wir hier beobachten, ist ein wiederkehrendes Kommunikationsmuster: Die emotionale Selbstinszenierung als Abwehrstrategie. Statt inhaltlich zu reagieren, wird die Körpersprache zur Waffe. Kritik? Wird weggeschnieft. Hinweise? Werden mit einem Augenrollen beantwortet. Aufgaben? Gelten als Angriff. Dieses Verhalten hat einen Namen: passive Aggression. Und sie ist in Büros weiter verbreitet als Druckerprobleme.
Psychologisch betrachtet ist das ein Schutzmechanismus: Wer nie gelernt hat, mit Kritik konstruktiv umzugehen, reagiert reflexhaft mit Rückzug, Trotz oder stiller Sabotage. Der Kern dahinter: ein fragiles Selbstwertgefühl, das schon bei kleinen Korrekturen ins Wanken gerät.
Viele Menschen verknüpfen ihren beruflichen Wert direkt mit ihrer Fehlerfreiheit. Schon kleine Hinweise auf Verbesserung werden so zum Identitätsangriff. Wer nie gelernt hat, Kritik auch als Entwicklungschance zu sehen, reagiert zwangsläufig mit Rückzug oder Abwehr.
Warum das gefährlich ist – für Teams, Führung und Unternehmen
Man könnte sagen: „Ist doch nur ein bisschen schlechte Laune.“ Falsch. Stimmung ist systemrelevant. Denn: Emotionen im Team sind ansteckend. Die Mimik, Körpersprache und Tonlage eines einzelnen Mitarbeiters können die emotionale Atmosphäre einer ganzen Abteilung kippen. Sind sind wahre Energiefresser. Diese unterschwellige Vergiftung wirkt subtil, aber langfristig zerstörerisch.
- Feedbackkultur stirbt: Wenn jede Rückmeldung zur Mini-Krise wird, sagt irgendwann keiner mehr was. Probleme werden nicht direkt und konkret kommuniziert.
- Teamenergie sinkt: Wer täglich mit Dauergenervten zusammenarbeitet, verliert die Lust, sich einzubringen.
- Führung wird zum Minenfeld: Du überlegst dir als Führungskraft inzwischen jedes Wort zweimal – aus Angst vor der nächsten Schnute und tagelangen Stimmungsgesprächen über Gefühle statt Fakten.
Widerstand im Büro – Schweigen, schmollen, sabotieren
Im Büroalltag zeigt sich der Widerstand oft in kleinen, aber wirkungsvollen Szenen: Du sagst zum Beispiel, „Das war ein Flüchtigkeitsfehler“, und dein Gegenüber schaut dich an, als hättest du seine gesamte Existenz in diesem Unternehmen infrage gestellt. Fragst du nach dem Stand der Präsentation, kommt ein patziges „Mach ich ja gleich“ – ohne aufzuschauen, aber mit maximaler Abwehrhaltung. Und wenn du vorschlägst, das Konzept noch einmal zu schärfen, folgt ein tiefer Seufzer, verschränkte Arme und eine spürbar frostige Atmosphäre.
Solche Mitarbeiter betreiben passiven Arbeitskampf – ganz ohne Gewerkschaft, aber mit großem Effekt. Sie entziehen sich der Verantwortung nicht durch offene Konfrontation, sondern durch Mimik, Gestik und chronische Beleidigtheit. Und das kostet Unternehmen weit mehr, als es auf den ersten Blick scheint: Energie, Zeit, Teamkultur – und nicht selten auch gute Kolleginnen und Kollegen, die irgendwann schlicht genug davon haben und das Unternehmen verlassen.
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Warum hier Konsequenz zu erfolgen haben
In vielen Firmen wird versucht, solche Mitarbeiter „abzuholen“. Es gibt Gespräche. Mediationen. Coachings. Noch ein Gespräch. Und dann nochmal.
Versteh mich nicht falsch: Wer in einer akuten Krise steckt, hat Unterstützung verdient. Aber wer dauerhaft jede Form von Kritik als Majestätsbeleidigung empfindet, der braucht keine Coachingmaßnahme, sondern klare Worte. Der Arbeitsplatz ist kein Therapiezentrum für chronisch Beleidigte und Miesmuscheln. Führung bedeutet auch, Grenzen zu setzen – zum Schutz der anderen Mitarbeitenden, die loyal, leistungsbereit und kollegial arbeiten wollen.
Was du als Führungskraft tun solltest
- Sprich es klar an: Nicht zwischen den Zeilen. Nicht hintenrum. Sondern direkt.
„Mir fällt auf, dass du auf Feedback oft mit Rückzug oder Abwehr reagierst. Das ist für unsere Zusammenarbeit ein Problem.“ - Dokumentiere das Verhalten: Nicht nur fürs Personalgespräch, sondern um Muster zu erkennen.
- Setze klare Grenzen: Emotionale Eskalation nach sachlichem Input ist kein akzeptables Verhalten. Das geht so nicht.
Du kannst keinen motivieren, der gar nicht motiviert sein will. Du kannst keinen mitziehen, der sich selbst im Weg steht. Aber du kannst entscheiden, wem du deine Energie gibst. Führung heißt nicht: alle retten. Führung heißt manchmal auch: Mitarbeitende loszulassen, damit das Team atmen und wachsen kann.