Ein plötzlicher Abschied aus dem Unternehmen sorgt fast immer für Unruhe. Wenn erfahrene Mitarbeitende kündigen, hinterlässt das eine Lücke: Fachwissen geht verloren, Projekte müssen neu organisiert werden, und nicht selten leidet das gesamte Team unter der Entscheidung. Kein Wunder also, dass viele Führungskräfte ein wachsames Auge auf wechselwilliges „Inventar“ haben – schließlich soll die Abwanderung wichtiger Köpfe vermieden werden. Doch manchmal ist das Festhalten um jeden Preis die schlechtere Strategie.

Anzeige

Wenn Mitarbeitende kündigen, wirkt das wie ein Tabubruch

Noch immer herrscht in manchen Unternehmen die unausgesprochene Überzeugung, dass ein freiwilliger Abschied einem Verrat gleichkommt. Wer geht, verlässt nicht nur das Team, sondern wird gar als „Abtrünniger“ gebrandmarkt. Besonders in Krisenzeiten – wenn Fachkräfte rar sind und das Unternehmen wirtschaftlich ums überleben kämpft – wird eine Kündigung oft als illoyal und gar Existenzbedrohend empfunden.

Dabei ist der Fachkräftemangel längst harte Realität: Allein 2023 verließen laut DWN rund 210.000 Fachkräfte im Alter zwischen 20 und 40 Jahren den Wirtschaftsstandort Deutschland – gut ausgebildete, arbeitswillige Menschen, die dem heimischen Arbeitsmarkt verloren gehen. Doch nicht nur die Abwanderung ins Ausland stellt Unternehmen vor Herausforderungen. Auch innerhalb Deutschlands wechseln Fachkräfte den Arbeitgeber – aus ganz anderen Gründen:

  • Konflikte mit dem Vorgesetzten,
  • ein kürzerer Pendelweg,
  • bessere Bezahlung,
  • ein attraktiverer Job
  • oder schlicht der Wunsch nach mehr Zeit für die Familie.

Dennoch reagieren manche Arbeitgeber verschnupft. Sie entziehen scheidenden Mitarbeitenden wichtige Aufgaben, ignorieren sie in Meetings oder verabschieden sie mit einem kühlen Händedruck. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von der „Angst vor Kontrollverlust“. Kündigt eine Fachkraft, fürchten viele Vorgesetzte einen Dominoeffekt – und dass weitere Mitarbeitende folgen könnten. Doch statt einem Trotzreflex bräuchte es einen ehrlichen Blick auf die eigene Unternehmenskultur: Warum verlassen uns Mitarbeitende überhaupt?

Anzeige

Ein falsches Verständnis von Loyalität

Die Angst vor dem Wissensverlust ist berechtigt – doch Loyalität darf nicht mit Stillstand verwechselt werden. Gute Personalarbeit bedeutet nicht nur, Kündigungen zu verhindern, sondern auch zu erkennen, wann ein Abschied für beide Seiten sinnvoll ist.

Es gibt Mitarbeitende, die über Jahre hinweg hervorragende Arbeit leisten – bis sie schließlich innerlich gekündigten. Sie schleppen sich durch den Arbeitsalltag, erfüllen nur noch das Nötigste, fühlen sich unzufrieden, aber bleiben, weil es bequem ist oder weil sie glauben, ohnehin keine Alternative am hiesigen Arbeitsmarkt zu haben. Das schadet nicht nur der eigenen Karriere, sondern vor allem wachstumsorientierten Unternehmen.

Was der Abschied mit dem Team macht

Wenn eine Kollegin oder ein Kollege das Unternehmen verlässt, betrifft das nicht nur die Führungsebene. Auch das Team muss den Weggang verarbeiten – und das ist nicht immer leicht. Besonders dann, wenn akute Personalnot herrscht, eine enge Arbeitsbeziehung bestand oder die Person eine tragende Rolle im Team hatte. Plötzlich ist da Unruhe im Team:

Anzeige
  • Wer übernimmt jetzt die Aufgaben?
  • Folgen weitere Kündigungen?
  • Müssen die anderen Mehrarbeit leisten?

Führungskräfte sollten diese Dynamik nicht unterschätzen. Ein abrupter Personalverlust kann das Vertrauen und Zusammenspiel des Team erschüttern – vor allem, wenn unklar bleibt, warum jemand gegangen ist, wie die Aufgaben neu verteilt werden und was das fürs Arbeitspensum bedeutet.

Wie ein Abschied fair gestaltet werden kann

Ein kluger Personalmanager weiß, dass es keinen Sinn hat, jemanden um jeden Preis zu halten. Stattdessen lohnt es sich, den Abschied konstruktiv zu gestalten. Dazu gehören ein wertschätzendes Exit-Gespräch, eine offene Kommunikation mit dem Team und im besten Fall sogar eine spätere Rückkehroption.

Denn nicht jeder Abschied ist endgültig: Viele Fachkräfte kehren nach einigen Jahren in ihre alten Unternehmen zurück – mit neuen Erfahrungen, frischer Motivation und einem erweiterten Blick auf die Branche oder das eigene Wirken. Unternehmen, die ehemalige Mitarbeitende willkommen heißen, profitieren also nicht nur von deren Know-how, sondern senden auch ein klares Signal: Wer geht, ist nicht automatisch ein Verräter – sondern vielleicht ein künftiger – willkommener –  Rückkehrer.

Anzeige
Anzeige
Anzeige