Ist das Onboarding schlecht, kündigen Mitarbeiter in den ersten 100 Tagen. Defizite im Eingliederungsprozess sind für Unternehmen rufschädigend, ärgerlich und teuer.

Onboarding: Der Beginn einer langen Beziehung – oder eine Enttäuschung

Der Anfang einer beruflichen Beziehung sagt viel über den künftigen Verlauf aus. Sie kann glückliche Mitarbeiter hervorbringen, Leidenschaft entfachen und motivieren. Oder sie endet in einer Enttäuschung.

Die Umfrage Onboarding Reloaded 2022 von Softgarden belegt, dass ein mieser Eingliederungsprozess bei knapp 18 Prozent der neuen Mitarbeiter dazu geführt hat, dass diese ihren neuen Job bereits in den ersten 100 Tagen hingeschmissen haben. Die erste Phase der Mitarbeiterintegration ist damit oft ausschlaggebend für Unternehmen.

Und doch hat der Onboarding-Prozess in vielen Firmen nicht die Priorität, die er haben sollte. Schuld daran ist zum Beispiel der zeitliche Engpass vieler Firmen, aber auch, dass der Prozess hierzulande unterschätzt wird. Schon in der ersten Phase des neuen Jobs erleben Mitarbeiter, die schlecht eingegliedert werden, den Zustand der inneren Kündigung, bevor es zur tatsächlichen Kündigung kommt. Der Softgarden-Umfrage nach waren es 2018 noch 11,6 Prozent der neuen Mitarbeiter, die ihren neuen Arbeitsvertrag in der ersten Phase kündigten. Die Zahl ist angestiegen.

Was bedeutet „Onboarding“?

Das Onboarding sollte nicht mit dem Begriff der „Einarbeitung“ durcheinandergebracht werden. Denn die Einarbeitung ist lediglich ein Teil des gesamten Onboarding-Prozesses, bei dem neue Mitarbeiter „an Bord“ geholt werden. Onboarding meint vor allem:

  • das Näherbringen der Unternehmenskultur
  • die Einführung neuer Angestellter in ihre jeweiligen Arbeitsbereiche
  • die systematische Einarbeitung in das „daily business“, in Abläufe und Routinen
  • die Integration in das soziale Arbeitsumfeld
  • das Aufbauen einer vertrauensvollen Beziehung, um Mitarbeiterbindung, Motivation und Produktivität zu stärken

Phasen: Wie unterteilt sich das Onboarding?

Der klassische Onboarding-Prozess unterteilt sich in drei Phasen, wobei die konkrete Gestaltung von Arbeitgeber zu Arbeitgeber variieren kann:

  • Phase 1: Das Preboarding
  • Phase 2: Die Orientierungsphase
  • Phase 3: Die Integration

Phase 1: Das Preboarding

Schon vor dem Beginn des ersten Arbeitstages beginnt die erste Phase des Onboardings. Diese Vorbereitungsphase startet in aller Regel, sobald der Arbeitsvertrag in trockenen Tüchern ist. Organisatorische Angelegenheiten gehören in diese Phase, während die fachbezogenen Aspekte des Jobs in den nächsten Phasen folgen.

Nicht vergessen: Neben den administrativ zu erledigenden Tätigkeiten sollten neue Mitarbeiter nicht da Gefühl bekommen, lediglich als eine „weitere Nummer“ behandelt zu werden. Eine freundliche Willkommensnachricht oder ein Willkommenspaket können wahre Wunder bewirken. Zudem sollte zwischendurch nachgehakt werden, ob Unsicherheiten vorliegen oder Fragen zu klären sind.

Eine gute Vorbereitungsphase zeichnet sich zudem durch das Erledigen aller Formalitäten aus: Es werden vertragliche Details geklärt, Unterlagen besorgt sowie Fragen zum (technischen) Equipment abhekakt, damit neue Mitarbeiter bereits ab Tag eins problemlos durchstarten können. Es ist quasi der erste Eindruck der Zusammenarbeit zwischen neuen Arbeitnehmern, der Personalabteilung sowie Führungskräften.

Phase 2: Die Orientierungsphase

Die zweite Phase startet mit dem ersten Tag der neuen Mitarbeiter im Unternehmen und läuft üblicherweise für etwa drei Monate. Es ist aufregend – und zugleich oft verunsichernd für frische Angestellte. Eine feste Ansprechperson ist das A und O, um Unsicherheiten aufzulösen.

Direkte Gespräche mit Führungskräften und Team gehören in die Orientierungsphase und sorgen für die soziale Eingliederung und das gegenseitige „Beschnuppern“. Auch fachliche Zuständigkeiten werden geklärt, um neuen Mitarbeitern zu zeigen, an welchen Projekten sie beteiligt sein werden. Sie lernen Arbeitsabläufe kennen.

Darüber hinaus müssen Onboardees generell die Möglichkeit bekommen, sich – wie der Name es schon verrät – orientieren zu können. Räumlichkeiten, zu denen Büroplätze, Pausenräume und sonstige Räume gehören, werden vorgestellt.

Ob Urlaubsplanung, laufende Projekte, Mittagspausenregelung oder interne Ansprechpersonen: Alle Details zur konkreten Zusammenarbeit zwischen neuen Arbeitnehmern und ihren Arbeitgebern werden in der Orientierungsphase erläutert.

Ein besonders wichtiger Punkt in der Orientierungsphase ist außerdem das Näherbringen der Unternehmenskultur – denn diese Phase ist die berühmte 100-Tage-Phase, während derer einige Mitarbeiter aufgrund von schlechter Eingliederung manchmal wieder abspringen. Wissen Mitarbeiter, welche Werte im Unternehmen gelebt werden, was von ihnen erwartet wird und an welchen Maßstäben sie sich bei Entscheidungen orientieren können, ist ein wichtiger Grundstein für die künftige Zusammenarbeit gelegt worden.

Phase 3: Die Integration

Die letzte Phase des Onboardings findet ab dem dritten Monat des Prozesses statt und hat die Intention, neue Mitarbeiter vollends in alle Bereiche des Unternehmens erfolgreich zu integrieren. Workshops, Veranstaltungen und Teamevents stehen, wie oft auch schon in der Orientierungsphase, auf dem Plan.

Eine wichtige Rolle spielt die Vertiefung des fachlichen Wissens sowie die Übertragung von Aufgaben und größeren Verantwortlichkeiten auf die neuen Mitarbeiter. Eigeninitiative von neuen Arbeitnehmern ist ebenfalls gefragt, um die fachliche und soziale Zusammenarbeit zu konkretisieren und einzuordnen.

Gängige Fehler im Onboarding: Was sollten Unternehmen vermeiden?

1. Fehlender Eingliederungsplan und fehlende Zuständigkeiten

Ist das Onboarding wenig durchdacht, fühlen sich neue Arbeitnehmer oft hilflos. Wenn kein konkreter Eingliederungsplan mit konkreten Zuständigkeiten und Ansprechpersonen vorliegt und der gesamte Ablauf orientierungs- und planlos zusammengewürfelt wirkt, ist eine Frühfluktuation vorprogrammiert. Unternehmen können solche vermeintlichen Kleinigkeiten viel Geld kosten und einen Imageschaden herbeiführen.

Tipp: Am ersten Tag sollten Mitarbeiter unbedingt persönlich in Empfang genommen werden. Eine herzliche Begrüßung kann das Eis brechen. Stehen sie hingegen wie bestellt und nicht abgeholt in der Eingangshalle herum, ist dies ein eindeutiges Signal für die Kultur im Unternehmen. Daraus ließe sich (oft zum Nachteil der Unternehmen) schließen, dass Mitarbeiter in wichtigen Situationen keine Unterstützung bekommen.

2. Führungskräfte leiden unter Zeitmangel und wissen nicht, was sie zu tun haben:

Die Rolle der Führungskraft spielt bei der Arbeitsplatzwahl heute eine herausragende Rolle. Denn viele Untersuchungen zeigen, dass Fachkräfte abspringen, wenn die Beziehung zum Chef oder die Führungskultur nicht stimmen. Einen Fehler, den Unternehmen vermeiden sollten: Führungskräfte nicht schulen und sie auch nicht zum wichtigen Teil des gesamten Onboardings werden zu lassen.

3. Neue Mitarbeiter werden wie unerfahrene „Frischlinge“ behandelt:

Eine fehlende Willkommenskultur ist keine Seltenheit in Unternehmen. Neue Mitarbeiter werden von Kollegen kritisch beäugt und oft auch unterschätzt, weil sie in die Schublade der Frischlinge abgeschoben werden. Auch hier spielen Führungskräfte prinzipiell eine wichtige Rolle. Sie haben Entscheidungsmacht und können eine Richtung vorgeben. Deshalb sollten sie ein besonderes Augenmerk auf die soziale Integration und die Stärkung des Teamgefühls legen.

4. Erwartungen werden nicht ausgesprochen oder undeutlich kommuniziert

Zu Missverständnissen während des Onboardings führt eine mangelhafte Kommunikation. Sie kann dafür sorgen, dass neue Mitarbeiter während der Probezeit kündigen. Umso wichtiger ist die transparente, deutliche Kommunikation in Bezug auf das, was Unternehmen von Mitarbeitern erwarten. Nur so wissen neue Arbeitnehmer, welche Ziele sie vor Augen haben müssen und wohin die gemeinsame Reise sie führt.

Übrigens: Eine überhöhte Erwartungshaltung kann auch abschreckend wirken, obwohl einige Unternehmen annehmen, damit die Motivation der Mitarbeiter herauszufordern. Dem ist in der Praxis nicht immer so. Werden Erwartungen kommuniziert, sollten diese vor allem realistisch sein und nicht dazu führen, neue Arbeitskräfte in Windeseile in die Flucht zu schlagen. Wer Mitarbeiter binden möchte, achtet deshalb vor allem auf die Machbarkeit des Jobs während des Onboardings, unter Berücksichtigung des Eingliederungsprozesses mit seinen Fallstricken und Herausforderungen.

Bild: AzmanJaka/istockphoto.com