Führungskräfte brauchen neue Strategien, um qualifizierte Fachkräfte zu finden und vor allem langfristig an das Unternehmen zu binden. Eine gute Fachkraft hat heutzutage die freie Wahl aus zahlreichen attraktiven Jobangeboten. Dementsprechend hoch ist auch ihre Fluktuationsrate. Was also kannst du als Führungskraft tun, um eben diese Fluktuation dauerhaft zu senken, deine Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden und dich als attraktiven Arbeitgeber zu positionieren?

Das Dilemma um den sicheren Arbeitsplatz

Diverse Umfragen ergeben immer wieder, dass die Sicherheit eines Beschäftigungsverhältnisses für deutsche Arbeitnehmer immer noch an erster Stelle steht und die Angst vor einem Jobverlust den Alltag prägen. Erst dann folgen nette Teamkollegen, ein gutes Gehalt oder Purpose im Job.

Auf der anderen Seite stehen Arbeitgeber mittlerweile aber vor einem ganz anderen Dilemma: Sie haben wiederum Angst davor, ihre besten Mitarbeiter zu verlieren. In einer Umfrage gaben demnach 82 Prozent der befragten Finance-Manager an, dass sie befürchten, ihre besten Mitarbeiter nicht langfristig an das Unternehmen binden zu können. Kein Wunder, in den Zeiten des Jobhoppings verbleiben gut ausgebildete Fachkräfte immer kürzer bei ein und demselben Unternehmen und die Fluktuation ist dementsprechend hoch.

Woher kommt der Zwiespalt in der Gesellschaft?

Wie kann es aber sein, dass Mitarbeiter und Führungskräfte solch unterschiedliche Ängste haben, die sich eigentlich gegenseitig widersprechen? Experten führen dies auf die grundlegenden Veränderungen in der Wirtschaft zurück, die sich derzeit schleichend vollziehen. Schon lange wurde der Fachkräftemangel vorhergesehen, nun macht er sich in den ersten Branchen bemerkbar.

Gleichzeitig gibt es aber auch immer noch zahlreiche Berufe mit einem Überangebot an gut ausgebildeten Mitarbeitern. Die Verteilung auf dem Arbeitsmarkt ist daher momentan sehr unausgeglichen. Mit dem Voranschreiten des Fachkräftemangels durch die geringen Geburtenraten geht der Trend in Zukunft aber immer mehr zu einem wachsenden Selbstbewusstsein der Mitarbeiter. Klar, in vielen Bereichen werden Arbeitnehmer schon bald zwischen mehreren Jobangeboten wählen können, anstatt hunderte Bewerbungen erfolglos zu versenden.

Für die Unternehmen bedeutet das: Der Konkurrenzkampf um die besten Mitarbeiter hat begonnen. Sie müssen sich zunehmend aktiv um gute Fachkräfte bemühen und diese von sich überzeugen. Es bewirbt sich also das Unternehmen um den Mitarbeiter. Was noch ein wenig nach „verkehrter Welt“ klingt, ist in vielen Branchen bereits Realität…

Was bedeutet das für die Arbeitgeberseite?

Die Arbeitgeber müssen sich daher schon in Kürze vermehrt mit Themen, wie Employer Branding oder steigenden Fluktuationsraten auseinandersetzen. Es geht nicht mehr nur darum, hoch qualifizierte Mitarbeiter für das Unternehmen zu gewinnen, sondern TOP-Talente auch langfristig halten zu können. Doch wie funktioniert die Bindung an das Unternehmen eigentlich und wie kannst du als Führungskraft dauerhaft deine Fluktuationsraten bei den Top-Mitarbeitern senken?

4 wirksame Maßnahmen, um die Fluktuation dauerhaft zu senken

1. Ursachen und Gründe für die Fluktuation von Mitarbeitern identifizieren

Bevor du die Fluktuation reduzieren kannst, musst du natürlich deren Ursachen kennen. Diese können sehr vielfältig sein und spielen oftmals in Kombination eine Rolle, wenn sich ein Mitarbeiter dazu entschließt, dein Unternehmen zu verlassen. Gemeinhin werden die Ursachen für die Fluktuation unterteilt in:

  • emotionale Gründe, zum Beispiel das Image deines Unternehmens oder der „Sinn“ der eigenen Tätigkeit.
  • Alternativen, also bessere Jobangebote von der Konkurrenz.
  • rationale Gründe, wie kürzere Arbeitswege, flexiblere Arbeitszeiten oder ein höheres Gehalt.
  • fehlende Bindung, der Mitarbeiter hat also nicht das Gefühl, dass er deinem Unternehmen „etwas schuldet“.
  • zu hoher Druck, zum Beispiel durch die Arbeitszeiten oder das -pensum.
  • enttäuschte Erwartungen an die Stelle oder dein Unternehmen.
  • „Schocks“, die häufig zu Kurzschlussreaktionen und damit zur Kündigung führen können. Ob Auseinandersetzungen mit den Teamkollegen oder ein Konflikt mit dem Vorgesetzten, ein Schock kann in verschiedenen Formen, völlig unvorhergesehen und plötzlich eintreten.

Nun, da du die häufigsten Ursachen für die Fluktuation deiner Top-Mitarbeiter kennst, kannst du diese gezielt aus der Welt schaffen und so an einer langfristigen Kundenbindung arbeiten. Warte nicht, bis der Mitarbeiter bereits kündigen möchte. Denn ist der Entschluss erst einmal gefasst, ist er häufig nur schwer wieder auszuräumen.

2. Führung durch Motivation

Wer die Fluktuation senken will, muss dafür sorgen, dass die Mitarbeiter sich im Unternehmen wohlfühlen. Die Fluktuationsrate steht deshalb im direkten Zusammenhang mit der Motivation der Mitarbeiter. Wenn du nämlich nun denkst, du kannst deine Top-Mitarbeiter im Notfall einfach mit einem höheren Gehalt an das Unternehmen binden, hast du weit gefehlt. Eine Großstudie mit mehr als 18.000 befragten Fach- und Führungskräften von StepStone kam nämlich zu dem Ergebnis, dass das Gehalt nur ein kleiner Faktor für die Motivation der Mitarbeiter ist. Wichtiger sind demnach:

Der Schlüssel zur langfristigen Mitarbeiterbindung liegt für dich als Führungskraft deshalb auch direkt in einer guten Führung. 53 Prozent der Befragten wünschen sich demnach eine Führungskraft, welche sie nicht nur fair behandelt, sondern auch aktiv fördert. Doch was bedeutet „gute Führung“ eigentlich?

Gute Führung heißt…

…laut einer Studie von Prof. Dr. Badura an der Universität in Bielefeld, dass im Unternehmen eine mitarbeiterorientierte Kultur etabliert werden muss. Gemeinsame Werte, Regeln und Überzeugungen stehen demnach im Mittelpunkt. Führungskräfte haben zudem gerecht, uneigennützig und auch berechenbar zu sein. Fairness steht also an erster Stelle für eine gute Führungskraft. Es geht außerdem darum, die Stärken und Schwächen der Mitarbeiter zu erkennen und die Angestellten aktiv zu fördern. So ist zum Beispiel nachgewiesen, dass ein Mitarbeiter sich stärker an ein Unternehmen gebunden fühlt, wenn er kurz zuvor befördert wurde. Er „schuldet“ dem Unternehmen quasi seine Arbeitskraft und greift weniger schnell zur Kündigung.

3. Kommunikation ist das A und O

Zu guter Führung zählt natürlich auch gute Kommunikation. Wenn du deine Mitarbeiter halten möchtest, musst du mit diesen in den Dialog treten. Finde in Mitarbeitergesprächen heraus:

  • Welche wären die individuellen Kündigungsgründe für den jeweiligen Mitarbeiter?
  • Hat der Mitarbeiter eine ausgewogene Work-Life-Balance?
  • Welche Wünsche und Ziele hat dein Gegenüber?
  • Welche Sorgen oder Probleme treten in seinem Arbeitsalltag auf?

Je genauer du den Mitarbeiter kennst, den du an das Unternehmen binden möchtest, desto exakter kannst du auf seine individuellen Bedürfnisse eingehen. Denn wer sich wohlfühlt, bleibt lieber in der „Comfort Zone“ als den Job zu wechseln.

4. Checkliste für die Mitarbeiterbindung

Aber gute Führung alleine reicht natürlich nicht aus, um die Fluktuationsrate dauerhaft zu senken. Es handelt sich vielmehr um ein sehr komplexes Thema, das einer Kombination vielerlei verschiedener Maßnahmen bedarf. Wenn du diese Checkliste durchweg mit „Ja“ beantworten kannst, bietest du deinen Mitarbeitern viele Gründe zu bleiben. Sollte dies nicht der Fall sein, wird es jetzt Zeit zu handeln, damit du morgen, wenn der Fachkräftemangel weiter voranschreitet, nicht plötzlich ohne kompetente Mitarbeiter dastehst:

  • Führe regelmäßig Mitarbeitergespräche (Feedbackgespräche)?
  • Hat das Unternehmen klare Werte?
  • Sind diese Werte sowie die Visionen, Ziele und Strategien für alle Mitarbeiter klar ersichtlich?
  • Sind die Verantwortlichkeiten im Unternehmen klar geregelt?
  • Ist dein Führungsverhalten fair, transparent und vorbildlich?
  • Erhalten die Mitarbeiter Rückmeldungen zu ihrer Arbeit?
  • Werden Fachkräfte gezielt gefördert?
  • Herrscht im Unternehmen eine offene Kommunikation?
  • Funktionieren die zusammengestellten Teams?
  • Werden Mitarbeiter regelmäßig gelobt und erhalten wertschätzendes Feedback?
  • Sorgst du für eine ausreichende Work-Life-Balance deiner Arbeitnehmer?

Was, wenn der Mitarbeiter bereits gekündigt hat?

Natürlich kannst du dennoch nicht verhindern, dass der ein oder andere Mitarbeiter sein Arbeitsverhältnis mit dir kündigt. Allerdings kannst du selbst jetzt noch einen letzten Versuch starten, die Fachkraft trotzdem im Unternehmen zu halten. Führe ein sogenanntes „Exit-Gespräch“. Finde dabei die genauen Gründe für den Wechsel des Mitarbeiters heraus. So kannst du entweder doch noch einen gemeinsamen Nenner finden oder du hast zumindest wichtige Informationen erhalten, um die Fluktuationsrate in Zukunft weiter zu senken.

Wiedersehen macht Freude: Boomerang-Mitarbeiter als Schlüssel zur Mitarbeiterbindung

Die sogenannten Boomerang-Mitarbeiter stellen ein oft unterschätztes Potenzial für dein Unternehmen dar. Diese EX-Angestellten kennen bereits die Unternehmenskultur und Arbeitsabläufe, was eine erneute Einarbeitungszeit drastisch verkürzt. Ihre Rückkehr signalisiert darüber hinaus eine starke Unternehmenskultur und kann die Fluktuation anderer Mitarbeiter signifikant senken. Getreu dem Motto: Wenn einer zurückkommt, kann es hier nicht so schlecht sein. Zu viele Leute denken immer noch, dass das Gras woanders grüner ist. Das kann, muss aber nicht sein.

In Zeiten, in denen Fachkräfte genügend Jobalternativen und Möglichkeiten zur Umorientierung haben, ist die Wiedereinstellung von Boomerang-Mitarbeitern nicht nur eine effiziente Strategie, um Top-Talente zurückzugewinnen, sondern auch ein kluger Schachzug, um sich als attraktiver Arbeitgeber mit einem positiven Image zu positionieren. Im Gegensatz dazu, vergrault ein negatives Unternehmensimage weitere Mitarbeiter und auch zukünftige Bewerber.

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