Als Einzelkämpfer kommst du im (Berufs-) Leben meist nicht weit. Freundschaften sind nicht nur wichtig für unser Glück und Selbstbewusstsein, das berühmte Vitamin „B“ kann im Job schon einmal ungeahnte Chancen eröffnen. Zudem macht die Schufterei doch schlichtweg mehr Spaß, wenn du anstatt mit Kolleginnen und Kollegen jeden Tag mit deinen besten Freunden den arbeiten darfst, oder?

Freundschaften bei der Arbeit – ein Thema, das die Geister scheidet

Eigentlich ist Freundschaft doch ein Wort, das jedem warm um das Herz werden lässt.

Freunde machen unser Leben besser, sie schenken uns ein Lachen, unvergessliche Erinnerungen und eine Schulter zum Anlehnen, wenn sich das Leben wieder einmal von seiner scheußlichen Seite zeigt.

In unserer Ellenbogengesellschaft jedoch, verlieren Freundschaften zunehmend an Bedeutung. Vor allem im Job seien sie mit Vorsicht zu genießen, so Kritiker. Wer Privat- und Berufsleben mischt, läuft Gefahr als unprofessionell wahrgenommen zu werden oder durch einen privaten Fehltritt auch im Beruf von der Karriereleiter zu fallen.

Klar: Ein bisschen Wahrheit können wir dem nicht absprechen. Gewiss braucht dein Vorgesetzter nicht von deinem neuesten Techtelmechtel mit dem Kollegen aus Abteilung X zu erfahren und dass es dir gesundheitlich gerade nicht so gut geht, ist auch nicht das am besten geeignete Thema für den Kaffeeklatsch mit den Kollegen. Doch seien wir einmal ehrlich: Wenn du 35, 40 oder auch 50 Stunden pro Woche mit diesen Menschen verbringst, hättest du dann nicht gerne ein wenig mehr zu sagen als „Hallo“, „Bis nachher im Meeting“ und „Tschüss, schönen Feierabend“?

Das Arbeitsklima als wichtigstes Kriterium der Arbeitgeberwahl

Ja, sagen zumindest 57 Prozent der befragten Studenten in einer bei Statista veröffentlichten Studie und bugsieren das Arbeitsklima damit auf den Spitzenrang der wichtigsten Kriterien für die Wahl ihres zukünftigen Arbeitgebers.
Statistik: Wie wichtig sind die Kriterien bei der Wahl Ihres zukünftigen Arbeitgebers? | Statista
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Dass nette Kollegen, ja besser noch „Freunde“, der sogenannten Generation Y und Z mitunter wichtiger sind als ein hohes Gehalt oder die Arbeitsplatzsicherheit, ist eigentlich keine Überraschung. Den Trend weg von materiellen hin zu immateriellen Werten beobachten Experten schon seit mehreren Jahren. Bedingt durch den zunehmenden Fachkräftemangel stellen die hochqualifizierten „Jungen“ ganz neue Ansprüche an ihren Arbeitgeber, die da seien eine ausgewogenere Work-Life-Balance, flexible Arbeitszeitmodelle oder eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Der Ruf nach Freiheit, Selbstbestimmung und eben auch einem Sinn und gewissen Spaß in der Arbeit wird immer lauter. Wieso? Vielleicht, weil alles Geld der Welt am Ende ja nicht glücklich macht, wenn deine Gesundheit bereits ruiniert ist.

Genau das passiert nämlich, wenn du dauerhaft in einem schlechten Betriebsklima arbeitest. 55 Prozent der Befragten einer weiteren Studie jedenfalls gaben an, dass sich das Arbeitsklima direkt auf ihr Wohlbefinden auswirkt.
Statistik: Was beeinflusst ihr Wohlbefinden am Arbeitsplatz? | Statista
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Schockierend daran ist, dass das Arbeitsklima mit 37 Prozent aber direkt auf dem zweiten Platz der häufigsten Belastungen im Arbeitsalltag in Deutschland liegt.
Infografik: Die stärksten Belastungen im Arbeitsalltag | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Es scheint sich also um ein weit verbreitetes und zugleich schwerwiegendes Problem in deutschen Betrieben zu handeln. Alleine kannst du in einem tosenden Fluss natürlich nicht das Ruder herumreißen. Doch du kannst tatsächlich einige kleine Steps unternehmen, um zumindest deinen ganz persönlichen Arbeitsalltag zu versüßen, aus Kollegen Freunde zu machen und das Betriebsklima in deinem direkten Umfeld zu einem ruhig dahinplätschernden Bach werden zu lassen.

Freunde sind das Salz in der Suppe des Lebens

Um einmal bei den Wasser-Metaphern zu bleiben: Wäre ein Leben ohne Freunde nicht so wässrig und fad wie eine Suppe ohne Salz? Freundschaft ist eigentlich das natürlichste Phänomen der Welt. Wir sind schließlich Sozialwesen und suchen daher stets die Bindung zu unserem Umfeld, der Familie zum Beispiel, aber auch den Gleichaltrigen. Das beginnt schon im Kindesalter und vor allem in der Pubertät nimmt die sogenannte „Peer Group“ in der Regel einen unverzichtbar wichtigen Stellenwert im Leben eines Menschen ein.

Doch dann scheiden sich die Lebenswege, der eine zieht weg zum Studieren, die andere setzt zwei Kinder in die Welt und hat einfach keine Zeit mehr für den allsonntäglichen Kaffeeklatsch unter Freundinnen. Plötzlich lichtet sich der einst dichte Freundeskreis und es bleiben – wenn überhaupt – nur noch wenige Bezugspersonen übrig.

Eine erschreckende Tendez: Anzahl der Freunde strebt gegen Null

Gleichzeitig fällt es mit zunehmendem Lebensalter irgendwie immer schwerer, neue (enge) Freundschaften aufzubauen. Ob dies nun am Zeitmangel neben dem Full-Time-Job liegen mag, daran, dass die eigene Familie mittlerweile höchste Priorität hat, oder an zu vielen schlechten Lebenserfahrungen und der Angst vor Verletzung und Zurückweisung – dies mag einmal dahingestellt sein und ist gewiss je nach individueller Situation und Persönlichkeit unterschiedlich. Fakt ist aber: Diese „normale“ Entwicklung ergibt in Kombination mit dem allgemeinen Trend zu weniger Freundschaften eine traurige Mischung.

„Freundesmangel“ ist tödlicher als Zigaretten

Wie sollen sich den bitte Freunde – beziehungsweise deren Nichtvorhandensein – auf deine Gesundheit auswirken? Wusstest du, dass fehlender sozialer Rückhalt tödlich enden kann? Das war schon vor tausenden von Jahren so, als unsere Vorfahren gemeinsam gegen den Säbelzahntiger kämpften oder sich gemeinschaftlich um Alte und Kranke kümmerten. Heute mag die Gefahr, dass dir im Wald plötzlich ein gefährliches Raubtier gegenübersteht, zwar gebannt sein, dennoch ist sozialer Rückhalt ein elementar wichtiger Bestandteil für ein erfülltes und gesundes Leben.

Die Psychologie-Professorin Julianne Holt-Lunstead der Brigham Young University nennt hierfür sogar konkrete Zahlen:

  • (Zu) wenig soziale Kontakte sind ebenso gesundheitsschädlich (eventuell sogar tödlich) wie 15 Zigaretten pro Tag.
  • Dadurch ist der „Freundesmangel“ sogar gefährlicher als Übergewicht.
  • Wichtig ist aber nicht nur wie viele, sondern auch welche Freunde du hast: Positive Menschen heben dein gefühltes Glück demnach um rund 15 Prozent an, während negative Freunde dir bis zu sieben Prozent deiner Fröhlichkeit kosten.
  • Jeder zusätzliche Freund lässt dich zwei Tage weniger pro Jahr einsam fühlen – egal, ob du ihn zu dieser Zeit überhaupt siehst oder nicht.
  • Ein wirklich guter Freund, den du beinahe täglich siehst, macht dich ebenso glücklich wie eine Gehaltserhöhung von 100.000 $ pro Jahr (~ 89.000 €).

Wäre es dann nicht vielleicht sinnvoller, in Zukunft mehr Zeit den engen oder auch neuen Freundschaften zu widmen als mit ausgefahrenen Ellengbogen der Gehaltserhöhung nachzujagen? Wenn du nämlich mindestens drei Freunde bei deiner Arbeit zählst, hast du eine 96 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, in deinem Leben glücklich, zufrieden und gesund zu sein – und zu bleiben.

96 Prozent glücklicher durch mindestens drei Freunde im Job

Möchtest du nicht auch ab sofort eine 96 Prozent höhere Chance auf Glück und Gesundheit im Leben? Dann ist es an der Zeit, dass du aus mindestens drei deiner Kollegen enge Freunde machst. Und verfalle bitte nicht dem Trugschluss, dass dein/r Ehepartner/in, die Familie oder auch die Kinder alleine als sozialer Rückhalt ausreichen. Nobelpreisträger Daniel Kahneman konnte durch seine Studien nämlich herausfinden, dass das erlebte Glück in Momenten, die mit Freunden verbracht werden, höher ist als in jenen mit den Ehepartnern oder Kindern. Familie und Freundschaft sollten daher in deinem Leben kein Entweder-oder mehr sein, sondern ein „Und“.

Ruhe dich nicht auf Freundschaften aus, denn sie werden vergehen

Nein, wir möchten dir deine Freundschaften nun nicht madig machen. Doch wie bereits angesprochen, gehen Freundschaften im Laufe des Lebens häufig verloren. Auch hierzu gibt es exakte Zahlen: Alle sieben Jahre haben wir rund die Hälfte unseres Freundeskreises aus den Augen verloren. Es bringt also nichts, sich auf deinen Freundschaften aus Kindergartenzeiten auszuruhen und sich neuen Freunden zu verschließen. Ansonsten sind aus deinen drei Freunden bei der Arbeit sieben Jahre später nur noch zwei geworden, einer oder vielleicht auch garkeiner mehr.

Wie also kannst du neue Freunde finden, um dein Glück und deine Gesundheit auch in sieben, 14 oder 21 Jahren noch zu bewahren? Wir verraten dir, wie du aus Kolleginnen und Kollegen neue Freundinnen und Freunde machst:

In 10 Schritten von Kollegen zu Freunden

  1. Auf Menschen zugehen: Der erste Schritt zu einer neuen Freundschaft besteht natürlich darin, auf den jeweiligen Menschen zuzugehen. Wenn du nur an deinem Schreibtisch sitzt und darauf hoffst, dass deine Kollegen irgendwann von selbst zu dir kommen werden, wartest du vergeblich. Vergiss also deinen Groll, die Vorurteile oder auch die Angst vor Zurückweisung, fasse dir ein Herz und mache einen Schritt auf deine Kollegen oder auch den „Neuen“ zu. Du wirst sehen: Es lohnt sich, hin und wieder einmal über den eigenen Schatten zu springen.
  2. Lächeln: Du solltest so oft wie möglich lächeln. Lächeln macht nämlich nicht nur glücklicher und gesünder, sondern auch beliebter. Mit einem strahlenden Lächeln hast du fortan im Vorstellungsgespräch bessere Chancen, beim Flirt mit der hübschen Sekretärin aus Abteilung XXX sowie eben auch bei deinen „Hoffentlich-bald-Freunden“. Also: Hoch mit den Mundwinkeln!
  3. Augenkontakt: Wenn du deinem Gegenüber nun auch noch offen in die Augen blickst, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. So wirkst du nämlich ehrlicher, sympathischer und „nahbarer“. Achte auf eine zugängliche Körpersprache und unterstreiche deine Worte durch Gestik und Mimik. Wenn dein Gesprächspartner dich als authentisch und unverfälscht erlebt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch er sich dir öffnet und statt dem üblichen „Büro-Bla-Bla“ hin und wieder einmal etwas Persönlicheres erzählt.
  4. Fragen stellen: Wenn du die Gespräche mit dem aktuellen Wetter füllst oder beherzt stundenlang von dir erzählst, steht es um deine neue Freundschaft schlecht. Zeige Interesse an deinem Gegenüber und stelle Fragen. Du musst ja nicht gleich in den Tiefen des Privatlebens wühlen und in Erfahrung bringen, wie der Kollege seine Scheidung überstanden hat, doch wie wäre es mit einer Erkundigung nach den Hobbys, dem Wohlbefinden der Kinder oder auch dem Reiseziel im Urlaub?
  5. Zuhören lernen: Nachdem du eine Frage gestellt hast, lautet die Devise natürlich: zuhören! Viele Menschen machen hierbei den Fehler, dass sie sich während der Antwort ihres Gesprächspartners bereits darauf konzentrieren, was sie selbst als Nächstes sagen möchten. Konzentriere dich stattdessen darauf, was dein Gegenüber wirklich antwortet, hole anschließend kurz Luft, um das Gehörte zu verarbeiten, und reagiere erst dann darauf, zum Beispiel mit einer weiteren Frage. Gerne kannst du auch noch einmal kurz das Gesagte wiederholen – aber bitte ohne dabei zum seltsamen Papagei zu mutieren – und dann deine Antwort oder die Folgefrage darauf aufbauen.
  6. Nicht werten: Viele Menschen neigen außerdem dazu, in Gesprächen ihr eigenes Ego aufbauen und vor ihrem Gegenüber „glänzen“ zu wollen. Sie plaudern daher gerne aus ihrem persönlichen Nähkästchen, werfen mit klugen Ratschlägen um sich oder stellen ihre Erfolge in den Vordergrund. Fakt ist aber: Die meisten Menschen möchten einfach nur gehört werden, sind aber gar nicht auf deinen Rat oder deine Meinung zu dem Thema aus. Versuche daher, ab sofort nicht mehr zu urteilen oder die Aussagen deiner Kollegen und Freunde zu bewerten, sondern entwickele stattdessen eine gewisse Neugierde auf alle Ansichten, die von deinen eigenen abweichen. Auch hier gilt: Höre zu und stellen lieber Fragen als immer deine Meinung breittreten zu wollen. Selbst, wenn du denkst, du wüsstest es besser. Behalte deinen Rat für dich, bis man dich danach fragt. Ratschläge sind schließlich auch „Schläge“!
  7. Zeit nehmen: Zeit ist das kostbarste Gut, das du hast. Wenn du pro Woche schon 35, 40, 50 oder 60 Stunden arbeitest und dann vielleicht noch eine Familie oder Kinder hast – wann sollst du noch Zeit für Freunde finden? Ganz einfach: Keine Zeit bedeutet keine Priorität. Wenn dir deine Freunde wichtig sind, findest du ein paar Minuten oder auch einmal ein bis zwei Stunden, um dich bei ihnen zu melden, um gemeinsam Mittagessen zu gehen, eine Runde mit dem Fahrrad zu drehen oder vielleicht am Wochenende anzustoßen. Nur, wer Zeit miteinander verbringt, wird sich auch über die kritische Zeitspanne von sieben Jahren hinweg noch freundschaftlich verbunden fühlen.
  8. Tolerant sein: Nein, auch deine Freunde sind nicht einmal annähernd perfekt. Manchmal jammern sie, sind übel gelaunt, trinken einen über den Durst oder entfachen einen lautstarken Streit. Wichtig ist, dass du deine Freunde trotz allem genau so schätzen lernst, wie sie eben sind. Du selbst möchtest ja auch authentisch sein und vor deinen Freunden nicht auf jedes Wort achten müssen, oder? Dennoch hast du aber natürlich auch das Recht, eine Freundschaft zu beenden, wenn diese für dich dauerhaft zur Belastung wird. Du hast ja bereits gelernt: Negative Freunde können dein erlebtes Glück um bis zu sieben Prozent mindern.
  9. Unterstützung bieten: Freunde machen das Leben leichter, denn fortan musst du all die Probleme und Herausforderungen nicht mehr alleine meistern. Gegenseitige Unterstützung ist das A und O einer jeden engen Freundschaft. Das heißt aber natürlich nicht, dass du ab sofort all deinen Freunden Geld leihen solltest, sie im Krankheitsfall zum Arzt bringen und wieder holen oder die Bewerbung für sie schreiben musst. Viel wichtiger sind die moralische Unterstützung, die gegenseitige Wertschätzung und Bestärkung. Gib deinen Freunden ein gutes Gefühl, ermutige diese hinsichtlich ihrer Pläne und Ziele und sei ihr größter Fan. So ein Cheerleader an der Seite baut nämlich das Selbstbewusstsein auf und kann dann schon beflügelnd genug sein, die Dinge schlussendlich selbst anzupacken.
  10. Sei du selbst dein/e beste/r Freund/in: Die beste Freundschaft solltest du schlussendlich zu dir selbst pflegen. So, wie du dich wahrnimmst, nimmt dich nämlich auch dein Gegenüber wahr – bewusst oder unbewusst. Wenn du also davon überzeugt bist, dass deine Kollegen ohnehin nichts mit dir zu tun haben möchten, so wird das auch geschehen. Und andersherum: Wenn du davon überzeugt bist, dass du eine echte Bereicherung für das Leben deiner Freunde bist und die Freundschaft mit dir das Beste ist, was deinen Kollegen jemals passieren wird, wirst du das auch ausstrahlen und erfahren. Wir meinen damit aber ein gesundes Selbstbewusstsein und ein positives Selbstbild – keine Arroganz. Davon findest du nämlich bei all den Narzissten in den Führungsetagen bereits mehr als genug.

Freundschaften im Beruf machen glücklicher, gesünder – und manchmal auch erfolgreicher

Apropos Narzissten: Bei der hohen Anzahl an Psychopathen in den Führungsetagen liegt die Vermutung nahe, dass die Einzelkämpfer mit ausgefahrenen Ellenbogen schlussendlich doch weiter kommen im Beruf als ihre „befreundeten“ Kolleginnen und Kollegen. Gleichzeitig werden auf dem Stellenmarkt aber rund 70 Prozent aller vakanten Jobs über Kontakte vergeben. Was dich also schlussendlich wirklich erfolgreicher macht, ist so pauschal nicht zu beantworten. Freundschaften machen dich aber zumindest gesünder und glücklicher. Denn du weißt ja: So hoch kann deine Gehaltserhöhung nur schwerlich sein, dass sie ein Leben ohne Freunde wieder wett machen würde.

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