„Was stimmt nicht mit der Person?“ denkt man manchmal nach dem Lesen einer E-Mail. Kurz angebunden, keine Grußformel, kein einziger weicher Ton. Nur Fakten, Deadlines und Forderungen. Und dann sitzt man dieser Person in einem Meeting gegenüber – und siehe da: Sie ist freundlich, zugewandt, sogar witzig.

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Die Diskrepanz ist frappierend. Zwischenmenschlich top, schriftlich ein Totalausfall. Aber woran liegt das? Und wie lässt sich diese kalte, technische Kommunikationsmaske ablegen?

Das Problem mit digitaler Kommunikation: Kein Ton, kein Kontext, kein Gefühl

E-Mails, DMs und Chatnachrichten haben ein grundsätzliches Handicap: Sie transportieren keine Mimik, keine Betonung, keine Stimmung. Und genau darin liegt die Crux. Denn unser Gehirn ist sozial verdrahtet – es sucht nach Zwischentönen, nach kleinen Signalen, die zeigen: „Das war nicht böse gemeint.“ Wenn diese fehlen, füllt der Empfänger die Lücken – oft mit Misstrauen.

Besonders im beruflichen Kontext kommt dann zusammen, was nicht zusammengehört: Stress, Unsicherheit, Leistungsdruck – alles Dinge, die uns tendenziell nüchtern und sachlich schreiben lassen. Leider wird genau das beim Lesen oft als kühl, arrogant oder sogar herablassend empfunden.

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Dabei zeigen Untersuchung: Texte ohne nonverbale Hinweise werden systematisch negativer interpretiert, als sie gemeint waren. Besonders dann, wenn zwischen Sender und Empfänger kein Vertrauensverhältnis besteht – also bei Kollegen aus anderen Abteilungen, externen Partnern oder Führungskräften.

Wie Sympathie in Schriftform funktioniert

Es geht nicht darum, mit jedem Satz einen Blumenstrauß zu überreichen. Freundlich zu schreiben bedeutet nicht, sich zu verkünsteln. Es bedeutet: den anderen mitzudenken. Ihn als Menschen wahrzunehmen, nicht nur als Empfänger einer Anweisung.

Wer schreibt, schreibt zwischen den Zeilen immer auch mit – ob er will oder nicht: Persönlichkeitsmerkmale, Respekt, Nähe oder Distanz. Der Ton einer Nachricht ist wie das Parfum bei einem Bewerbungsgespräch – niemand erwähnt es, aber jeder riecht es.

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Digital netter rüberkommen – ohne Emojis, Kosenamen und Kaffeetassen

  • Erstens: Rede nicht im Takt eines Druckers
    Formulierungen wie „Anbei erhalten Sie die Unterlagen zur Durchsicht“ klingen nach Bürokratie und Bleiweste. Warum nicht einfach: „Hier kommen die Unterlagen – sag gern Bescheid, wenn was unklar ist.“ Klingt nach Mensch. Und das ist schon die halbe Miete.
  • Zweitens: Schreib kleine Einleitungen
    Ein kurzer Satz wie „Ich hoffe, du bist gut in die Woche gestartet“ zeigt: Hier schreibt kein Bot, sondern jemand, der den anderen wahrnimmt.
  • Drittens: Höflichkeit braucht keine plumpen Floskeln
    „Bitte um Rückmeldung“ ist nicht höflich, sondern steril, wie eine Bürotoilette „Freu mich auf dein Feedback“ oder „Was meinst du – passt das für dich?“ erzeugen Verbindung statt Distanz.
  • Viertens: Frag dich, wie’s klingen würde
    Lies deine Nachricht laut. Wenn du dabei klingst wie ein entnervter Abteilungsleiter auf Espresso-Entzug, schreib sie um.
  • Fünftens: Nutze Emojis, aber sparsam
    Ein lächelnder Emoji kann Tonlagen retten. Aber drei Zwinker-Emojis, ein Daumen hoch und ein tanzendes Einhorn zerstören jede Ernsthaftigkeit. Weniger ist wie so oft mehr.

Warum der Sympathie-Faktor in Nachrichten entscheidend ist

In Zeiten von Remote Work, hybriden Teams und internationalen Projekten verlagert sich Kommunikation abseits von Videochats zunehmend ins Schriftliche. Der kurze Flurplausch? Gibt’s nicht mehr. Die spontane Rückversicherung im Büro? Fehlanzeige. Was bleibt, sind Mails, Slack-Nachrichten und Teams-Chats – also genau die Orte, an denen Ton und Zwischenmenschlichkeit besonders leicht verloren gehen.

Das Ergebnis: Missverständnisse, unnötige Reibung, sinkendes Vertrauen. Gerade in komplexen Projektstrukturen kann das schon dramatisch sein – wenn Kollegen sich übergangen, überrumpelt oder schlicht nicht wahrgenommen fühlen.

Wer dagegen digital empathisch kommuniziert, gewinnt. Denn sympathische Kommunikation ist die Grundlage für funktionierende Zusammenarbeit. Und: Sie sorgt ganz nebenbei für besseren Teamspirit, schnellere Absprachen und auch weniger Konflikte.

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Ein paar klassische Negativbeispiele – damit du sie nie mehr schreibst:

  • Wie bereits mehrfach mitgeteilt…  – passiv-aggressiver Klassiker mit Unterton: Du bist zu blöd zum Zuhören.
  • Bitte um zeitnahe Rückmeldung.  – klingt wie ein Behördenbrief mit Fristsetzung.
  • Erledigen Sie das bis morgen.“ – kein Bitte, kein Danke, keine Beziehung.
  • Gerne zur Kenntnisnahme.“  – was soll man darauf antworten? „Danke für nichts“?

Schreibstil ist auch ein Stück weit Kulturarbeit

Man muss nicht gleich zum Poeten werden. Es reicht schon, bewusster zu schreiben. Denn jeder Satz ist eine kleine Geste. Und jeder Geste wohnt eine Haltung inne. Teams, in denen Menschen sich digital mit Respekt und einer Prise Wärme begegnen, sind produktiver. Und zufriedener. Sie vermeiden nicht nur Konflikte – sie arbeiten einfach lieber zusammen.

Deine digitale Stimme entscheidet, wie du wahrgenommen wirst

Schreibst du wie ein abgewetzter Aktenvermerk, wirst du auch so gelesen. Wer sich aber traut, einen Funken Menschlichkeit, Humor oder Wärme einfließen zu lassen, baut im wahrsten Sinne des Wortes Brücken – auch durch den Bildschirm. Digitale Kommunikation ist kein rein technischer Vorgang. Sie ist vor allem ein menschlicher. Und du entscheidest, wie menschlich du dabei rüberkommst.

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