Kollegin A fährt jetzt BMW, Kollege B hat „Senior“ im Titel. Und du? Vergleichst dich – und stehst dir damit selbst im Weg.
Vergleichen ist menschlich – und war früher überlebenswichtig
Ob in der Steinzeit beim Nahrungssammeln oder heute im Großraumbüro – wir vergleichen uns, seit es uns gibt. In der Evolutionspsychologie gilt der soziale Vergleich als überlebenswichtiger Mechanismus: Wer sich gut in der Gruppe einordnete, hatte bessere Überlebenschancen. Wer besser beim Jagen und Sammeln war, hatte mehr Ressourcen, Status – und Nachkommen.
Auch heute laufen diese Mechanismen unterbewusst ab. Vergleiche helfen uns, unseren Platz in der sozialen Hierarchie zu erkennen. Im Job kann das bedeuten: Wer verdient mehr Gehalt? Wer hat mehr Einfluss im Kollegenkreis? Wer wird häufiger vom Chef gelobt?
Der Impuls zum Vergleich ist also tief verankert. Das Problem: In einer komplexen, modernen Arbeitswelt wird er schnell toxisch, besonders, wenn wir den authentischen Blick auf uns selbst verlieren.
Der Karrierespiegel – Wie soziale Vergleiche unser Selbstbild verzerren
„Wenn der das kann, kann ich das auch“ – dieser Gedanke kann motivieren. Doch häufig kippt der Vergleich: Plötzlich erscheint das eigene Gehalt zu niedrig, die Position zu unbedeutend, der Karriereweg zu steinig.
Der Sozialpsychologe Leon Festinger prägte bereits 1954 die „Theorie des sozialen Vergleichs“. Kernaussage: Menschen bewerten sich selbst, indem sie sich mit anderen messen, besonders, wenn objektive Maßstäbe fehlen. Im Joballtag ist das oft der Fall: Wie „gut“ ein Job ist, ist schwer messbar. Also greifen wir zu relativen Maßstäben.
Und die verzerren unsere Wahrnehmung. Denn oft vergleichen wir uns aufwärts, mit denen, die scheinbar erfolgreicher, reicher, glücklicher sind. Die Folge: Unzufriedenheit, Selbstzweifel, innere Unruhe. Oftmals liegt der Grund dafür nicht in objektiven Kriterien, sondern im Vergleich zu anderen.
LinkedIn, Lunch & Lügen – Die neue Bühne des Vergleichs
Nie war es leichter, sich mit anderen zu vergleichen – und nie schwieriger, dabei realistisch zu bleiben. Auf LinkedIn lesen wir von Beförderungen, neuen Jobs und „exciting opportunities“. Beim Mittagessen prahlt der Kollege aus der anderen Abteilung mit seinem Firmenwagen. Die einen haben ein Netzwerk, die anderen ein Mentoring-Programm. Und wir?
Das Problem: Wir sehen nur die Schokoladenseiten. Was auf Social Media und im Büro erzählt wird, ist oft kuratiert – eine berufliche Schauseite. Die Tiefpunkte, die Zweifel, der Preis des Erfolgs? Kaum sichtbar.
Dauerhafter Vergleich mit idealisierten Bildern kann zu beruflichem Burnout führen – nicht wegen zu viel Arbeit, sondern wegen zu viel innerem Druck. Der Wunsch, mitzuhalten, kann krank machen.
Vergleich kann auch positiv wirken – wenn du ihn richtig steuerst
Vergleiche sind nicht per se schlecht. Richtig eingesetzt, können sie Orientierung geben. Wer sich mit anderen misst, erkennt Möglichkeiten: Was kann ich noch lernen? Welcher Karriereweg wäre auch für mich denkbar?
Wichtig ist: bewusster Umgang. Experten raten zu „funktionalen Vergleichen“ – also gezielten Vergleichen mit Menschen auf ähnlichem Niveau, in ähnlichen Situationen. So kann ein ehrliches Gespräch mit einem Kollegen mehr bringen als der Blick auf das LinkedIn-Profil eines Vorstands.
Und: Den Blick zurück nicht vergessen. Wo stand ich vor einem Jahr? Was hat sich verbessert? Wer immer nur nach oben schaut, verkennt oft den eigenen Fortschritt.
Karriere im Rückspiegel? Ständiger Vergleich kostet dich deinen Weg
Wer sich zu sehr nach anderen richtet, verliert schnell die Verbindung zu sich selbst. Eigene Werte, Interessen, Grenzen – sie verschwimmen, wenn Karriere nur noch heißt: schneller, höher, weiter.
Dabei ist der authentische Weg oft der nachhaltigere. Besonders jüngere Fachkräfte legen immer mehr Wert auf persönliche Sinnhaftigkeit im Job – wichtiger als Statussymbole oder Gehalt.