Der Fisch stinkt vom Kopf. Wer glaubt, dass nur schlechte Mitarbeiter den Erfolg eines Unternehmens gefährden, irrt. Noch gefährlicher sind schlechte Chefs, die diese Mitarbeiter einstellen. Doch warum rekrutieren unfähige Führungskräfte ungeeignete Mitarbeiter? Die Antwort ist ebenso einfach wie beunruhigend: Gleich und gleich gesellt sich gern.

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Schlechter Führungskräfte: Narzissmus und Unsicherheit als treibende Kräfte

Schlechte Chefs zeichnen sich durch eine Kombination aus Unsicherheit und narzisstischen Zügen aus. Diese Unsicherheit macht sie anfällig für ein Verhalten, das man als „Selbstschutz durch Schwächung anderer“ bezeichnen könnte. Anstatt fähige und ambitionierte Mitarbeiter einzustellen, die das Unternehmen voranbringen könnten, suchen sie nach Angestellten, die sie in ihrer eigenen Unsicherheit nicht bedrohen.

Narzisstische Chefs haben ein Bedürfnis nach ständiger Bestätigung und wählen daher Mitarbeiter aus, die ihnen das geben können – und das sind in der Regel die weniger fähigen und selbstbewussten. Diese „Ja-Sager“ sorgen dafür, dass die Führungskraft in ihrer Position bestätigt wird, ohne ihre Fehler oder Schwächen offenlegen zu müssen. Es ist ein perfides System, das sich selbst am Leben hält, weil es auf Angst und Selbstschutz basiert.

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Ein bekanntes Beispiel für dieses Phänomen ist das Peter-Prinzip, das beschreibt, wie Menschen in einer Hierarchie so lange aufsteigen, bis sie die Grenze ihrer eigenen Inkompetenz erreichen. Diese Führungskräfte neigen dazu, Mitarbeiter einzustellen, die noch weniger kompetent sind als sie selbst, um ihre eigene Position zu sichern. Anstatt nach Exzellenz zu streben, belohnen sie Mittelmäßigkeit, weil diese ihre eigene Inkompetenz nicht infrage stellt.

Fehlende Selbstreflexion: Der Dunning-Kruger-Effekt als Verstärker

Ein weiteres psychologisches Phänomen, das schlechte Führung verstärkt, ist der Dunning-Kruger-Effekt. Menschen mit Wissensdefiziten neigen dazu, ihre eigenen Kompetenzen massiv zu überschätzen und die Fähigkeiten anderer dagegen zu unterschätzen. Diese verzerrte Selbstwahrnehmung führt dazu, dass schlechte Chefs glauben, sie hätten großartige Personalentscheidungen getroffen, während sie in Wirklichkeit die Ursachen für das Scheitern des Unternehmens zementieren.

Ein eindrucksvolles Beispiel liefert die Forschung von Kruger und Dunning selbst, die zeigt, dass Menschen mit geringer Kompetenz tendenziell schlechtere Entscheidungen treffen und dennoch übermäßig selbstsicher sind. Ein Chef, der selbst nicht in der Lage ist, seine eigenen Defizite zu erkennen, wird auch keine Mitarbeiter einstellen können, die die nötigen Fähigkeiten besitzen, um das Unternehmen voranzubringen.

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Toxische Unternehmenskultur: Nährboden für Fehlentscheidungen

Ein schlechter Chef allein reicht nicht, um ein Unternehmen zu ruinieren – es braucht eine Kultur, die dieses Verhalten duldet oder sogar noch belohnt. Toxische Unternehmenskulturen entstehen oft in Umgebungen, in denen Kritik unerwünscht und Feedback ignoriert wird. Das Schweigen wird zum allerhöchsten Gut.

In einer solchen Kultur haben es talentierte und engagierte Mitarbeiter zwangsläufig schwer, ihr vollen Potenzial zu entfalten. Sie werden entweder durch veraltete und starre Strukturen ausgebremst oder verlassen das Unternehmen. Zurück bleiben diejenigen, die sich angepasst haben – die schlechten Mitarbeiter, die sich mit der Mittelmäßigkeit abgefunden haben.

Eine Studie belegt, dass die Mitarbeiterbindung mit der Qualität des direkten Vorgesetzten korreliert. Das zeigt: Menschen verlassen nicht Unternehmen, sie verlassen schlechte Chefs. Doch diejenigen, die bleiben, sind oft nicht die, die das Unternehmen braucht.

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Organisatorische Versäumnisse: Das Unternehmen als Komplize

Obwohl es verlockend ist, die Schuld für schlechte Personalentscheidungen allein bei den Chefs zu suchen, trägt das Unternehmen als Ganzes eine erhebliche Verantwortung. Viele Organisationen investieren zu wenig in die Entwicklung ihrer Führungskräfte und überlassen diese ohne ausreichende Schulung somit ihrem Schicksal. Intransparente Rekrutierungsprozesse, die persönliche Vorlieben und Unsicherheiten nicht filtern, verschärfen das Problem zusätzlich.

Ein weiteres strukturelles Problem liegt hier in der mangelhaften Leistungsbewertung. Ohne klare und objektive Leistungsindikatoren bleiben ineffiziente Mitarbeiter – und Chefs – im Unternehmen. Die mangelnde Rechenschaftspflicht ermöglicht es schlechten Führungskräften, ungehindert falsche Entscheidungen zu treffen, ohne dafür Verantwortung übernehmen zu müssen.

Wie Unternehmen die Abwärtsspirale stoppen

Was also kann ein Unternehmen tun, um diesen destruktiven Kreislauf zu durchbrechen? Der Wandel muss von der Spitze ausgehen, also vom Kopf, indem eine Kultur der Offenheit und Transparenz gefördert wird. Führungskräfte sollten regelmäßig an Schulungen teilnehmen, die ihre Fähigkeiten in den Bereichen Entscheidungsfindung, emotionale Intelligenz und Mitarbeiterführung stärken. Gleichzeitig sollten Feedback-Systeme implementiert werden, die es den Mitarbeitern ermöglichen, ihre Vorgesetzten zu bewerten. Nur so können blinde Flecken aufgedeckt und Fehlentscheidungen vermieden werden.

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Darüber hinaus müssen Unternehmen klare und objektive Kriterien für die Rekrutierung und Leistungsbewertung ihrer Mitarbeiter definieren. Diese Standards helfen, persönliche Vorurteile zu minimieren und sicherzustellen, dass nur die besten Talente eingestellt werden. Und schließlich sollten Führungskräfte für ihre Personalentscheidungen zur Rechenschaft gezogen werden – durch leistungsbasierte Anreize aber auch Sanktionen.

Schlussgedanke

Am Ende bleibt die Frage: Ist Dein Unternehmen bereit, den Mut aufzubringen, seine eigene Kultur und Führung kritisch zu hinterfragen? Nur wer bereit ist, die unangenehme Wahrheit zu akzeptieren, hat die Chance, wirkliche Veränderungen herbeizuführen. Schlechte Chefs und schlechte Mitarbeiter sind oft nur Symptome eines tieferliegenden Problems – der Unwilligkeit, Verantwortung zu übernehmen und sich ständig weiterzuentwickeln.

Bild: 35007/istockphoto.com

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