Es gibt Chefs aller Couleur: die Lauten, die Leisen, die Abgetauchten. Aber am schlimmsten sind die Kontrollfreaks. Die Chefs, die denken, ohne sie laufe nichts. Alles nervig, klar, aber meist noch erträglich. Doch es gibt einen Führungsfehler, der jede Beziehung zwischen Vorgesetzten und Team vergiftet: wenn Chefs ihre Mitarbeitenden wie unmündige Kinder behandeln.

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Das klingt erstmal hart. (Und ja, ich habe schon die ein oder andere Führungskraft sagen hören: „Man müsse das so machen.“) Passiert aber täglich. Nicht aus Bösartigkeit, oft nicht mal bewusst. Es schleicht sich ein. Der Chef, der jede Mail absegnen muss. Die Teamleiterin, die keine Aufgabe zu 100 Prozent abgibt. Der Abteilungsleiter, der Ideen schon im Keim erstickt, bevor sie überhaupt zu Ende gedacht werden können. Was bei Mitarbeitern hängen bleibt, ist das Gefühl: Ich werde hier nicht ernst genommen.

Kinder, ich mach das schon!

Mitarbeitende sind keine Kinder. Sie bringen Ausbildung, Erfahrung, Know-how mit. Sie verantworten Projekte, Kunden, manchmal riesige Budgets. Und trotzdem werden sie behandelt, als bräuchten sie Daueraufsicht. Mikromanagement nennt man das und fühlt sich wie ein stilles Misstrauensvotum an.

Die Folgen? Nicht nur gekränkte Egos. Wer ständig gegängelt wird, verliert das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Menschen, die gestalten wollen, werden zu Befehlsempfängern degradiert. Statt Ideen: Abwarten. Statt Verantwortung: Absichern. Aus Fachkräften werden Schüler, die für jede Entscheidung nach Erlaubnis fragen.

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Was fehlt, ist psychologische Sicherheit. Also das Vertrauen: Ich kann hier sagen, was ich denke. Ich darf Fehler machen. Ich werde gehört. Wo das fehlt, herrscht Stille. Menschen schweigen, weil sie gelernt haben: Es bringt eh ja nichts.

Misstrauen macht müde und lähmt

Niemand kündigt seinen Job nach dem ersten abgebügelten Vorschlag. Aber mit jeder schlechten Erfahrung wächst das Gefühl: Hier zählt meine Stimme nicht. Ideen versiegen, die Energie erlahmt – bis nur noch Dienst nach Vorschrift bleibt. Manche ziehen sich einfach zurück, andere reagieren trotzig: Sie blockieren, verzögern, stellen sich quer. Wie Kinder, die sich verweigern, weil sie sich nicht gehört fühlen.

Am Ende bleibt die innere Kündigung: Mitarbeiter sind zörperlich anwesend, innerlich aber längst auf Abstand gegangen. Und wie so oft trifft es die Falschen – die Neugierigen, die Mutigen, die Kreativen. Sie gehen dorthin, wo Vertrauen nicht delegiert, sondern vorausgesetzt wird. Wo Arbeitgeber nicht kontrollieren, sondern zutrauen. Zurück bleiben die Angepassten – also jene, die schon lange verstanden haben, dass man im Schatten der Kontrolle ungestört sitzen kann.

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Chefs in der Kontroll-Falle

Viele Chefs meinen es nicht böse. Sie handeln aus Unsicherheit. Oder weil sie es nicht anders gelernt haben. Wer in starren Kontrollkulturen groß wurde, denkt: So geht führen. Andere haben schlicht Angst, dass Fehler des Teams auf sie zurückfallen. Also kontrollieren sie alles doppelt.

Aber: Auch wenn das Motiv menschlich ist, bleibt die Wirkung. Die Botschaft, die ankommt, ist nicht: „Ich will das Beste aus euch herausholen.“ Sondern: „Ich traue dir nichts zu.“ Und diese Botschaft trifft. Selbst wenn sie nie laut ausgesprochen wird.

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Wer nicht loslässt, führt nicht

Gute Führung schafft Raum, damit andere wachsen. Sie hört zu, statt zu kommandieren. Sie fragt, statt stur anzuleiten. Sie vertraut. Und ja: Das ist ein Risiko. Es könnte was schiefgehen. Aber es könnte auch besser werden, als man selbst es gemacht hätte.

Vertrauen ist kein Freifahrtschein. Es ist ein Bekenntnis: Du zählst. Deine Ideen sind willkommen. Deine Entscheidungen haben Gewicht. Ein Chef, der sagt: „Ich vertraue dir, entscheide du in dem Punkt“, gewinnt ein Team, das Verantwortung übernimmt. Und das ist mehr wert als jeder sauber kontrollierte Arbeitsschritt.

Wer Mitarbeitende wie Kinder behandelt, bekommt kindliches Verhalten

Viele Führungsfehler lassen sich ausbügeln. Ein harscher Ton im Meeting, ein zu ambitioniert gestecktes Ziel – all das verzeihen Mitarbeitende, wenn sie spüren, dass es Ausrutscher sind. Aber, Mitarbeitende kleinzumachen, sie zu bevormunden, ihre Ideen und Sorgen nicht ernst zu nehmen – das bleibt hängen.

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Denn dieser Fehler verletzt die Würde von Menschen. Und wo diese Würde systematisch mit Füßen getreten wird, da hilft auch keine Gehaltserhöhung, kein Teamevent, keine Imagekampagne mehr.

Am Ende ist es doch recht simpel: Wer seine Mitarbeitenden wie Kinder behandelt, braucht sich über Trotz nicht wundern. Wer sie hingegen wie Erwachsene behandelt, wird erleben, wie Verantwortung, Kreativität und Motivation Hand in Hand gehen.

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