Betroffenen fällt nicht immer auf, dass sie Opfer eines taktischen Kalküls geworden sind. Wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigten nicht entlassen können, kommen subtile Strategien zum Einsatz, um Arbeitnehmer selbst zu einer Kündigung zu bewegen.
Aber: Darf er das überhaupt?
Die gute Nachricht vorweg: Ohne triftigen Grund kann Dein Arbeitgeber grundsätzlich keine Kündigung aussprechen, sofern Du Dich nicht in der Probezeit befindest. Das ist im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt. Hinzu kommt, dass manipulative Methoden arbeitsrechtliche Konsequenzen für Arbeitgeber nach sich ziehen können, wobei die Beweislast beim Betroffenen liegt. Allerdings ändert der Umstand häufig nichts daran, dass er Dich loswerden möchte – und das spürst Du deutlich. Die Unzufriedenheit am Arbeitsplatz wächst.
Anzeichen, dass Dein Arbeitgeber Dich aufs Abstellgleis schieben will
Warum Dein Arbeitgeber Dich am liebsten vor die Bürotür setzen würde, wirst Du womöglich nie wirklich erfahren. Ob aus persönlichen oder machtpolitischen Gründen – die wahren Motive kommen nicht immer ans Licht. Was jedoch deutlich wird, ist die Art und Weise, wie Du aus dem Unternehmen gedrängt wirst, wenn Du auf folgende Anzeichen achtest.
1. Die unrealistischen Forderungen häufen sich
Deutlich kürzere Deadlines, unmögliche Aufgaben, die Deinen Kompetenzbereich überschreiten, überhöhte Ansprüche – wenn Arbeitgeber plötzlich unrealistische Forderungen stellen, handelt es sich oft um ein Warnsignal. Womöglich möchte die Firma Dich loswerden.
Übrigens: Dass Arbeitgeber sich eine „eierlegende Wollmilchsau“ wünschen, ist gar nicht so selten. Allerdings solltest Du Dir gezielt die Frage stellen, ob Du so beruflich gefördert werden sollst – oder ob es sich um ein schmutziges Spiel handelt, um Dich schlicht und ergreifend zu manipulieren.
2. Meckern auf Meister-Niveau
Konstruktive Kritik gehört zum Arbeitsalltag dazu. Sobald Beschäftigte jedoch häufiger und ohne nachvollziehbaren Grund oder für jede Kleinigkeit kritisiert werden, handelt es sich oft um ein Mittel zum Zweck. Die manipulative Taktik ist nicht nur besonders verletzend, sondern vor allem eine der erfolgreichsten Methoden, um Mitarbeiter zu vergraulen.
3. Das Boreout-Syndrom wird aktiv gefördert
Während einige Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer systematisch überlasten, entscheiden sich andere für das Gegenteil: Sie unterfordern ihre Mitarbeiter mit voller Absicht. Ein guter Arbeitgeber zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass Beschäftigte Eigenverantwortung tragen dürfen und sich selbst kreativ einbringen können. So werden Mitarbeiter ihren Kompetenzen entsprechend eingesetzt und vor allem gefördert. Wenn die Aufgaben jedoch unterfordern, keine Sinnhaftigkeit bieten und eintönig sind, fühlen sich Betroffene schnell demotiviert und gelangweilt.
Übrigens: Das Boreout-Syndrom fördert nicht nur Langeweile, sondern auch psychische Symptome. Dazu gehören unter anderem Unzufriedenheit, depressive Verstimmungen und Selbstwertzweifel.
4. Feedback bleibt aus – oder ist zermürbend
Laut Gallup sehnt sich ein Großteil der Arbeitnehmer nach einem ehrlichen Feedback. Die häufig wertvollen Gespräche zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern stärken nicht nur die emotionale Bindung, sondern steigern oft auch die Motivation der Mitarbeiter und fördern die Lust auf neue Herausforderungen. Ein ehrliches Feedbackgespräch hilft schließlich dabei, Stärken hervorzuheben, Verbesserungsbedarf anzusprechen und Geleistetes anzuerkennen.
Bleibt ehrliches und regelmäßiges Feedback aus, tappen Betroffene häufig im Dunkeln. Sie wissen nicht, ob und was sie richtig gut machen – oder was sie noch optimieren können. Die Ungewissheit fördert Unsicherheiten und Missverständnisse. Die perfekten Bedingungen, um einen Nährboden für Unzufriedenheit und Kündigungsgedanken zu schaffen.
Falls es doch zu Feedbackgesprächen kommt, sind diese häufig zermürbend, wenn Arbeitgeber Mitarbeiter gezielt loswerden wollen. Heißt: Kritik ist nicht nur konstruktiv, alles wird bis ins kleinste Detail bemängelt, Verbesserungsvorschläge und konkrete Arbeitgeberwünsche bleiben aus.
5. Der Ton ändert sich
Dein Chef hat Humor und ist oft auch für lustige Bemerkungen und Späße zu haben. Doch plötzlich ändern sich der Ton? Nicht immer muss das veränderte Verhalten etwas mit den Mitarbeitern zu tun haben. Ein schlechter Tag, persönliche Probleme, Stress, Misserfolg – alles ist möglich. Falls der raue oder kalte Ton jedoch dauerhaft bleibt, steckt womöglich doch mehr dahinter. Eine Möglichkeit wäre, dass Dein Arbeitgeber Dich nicht kündigen kann, sich aber wünscht, dass Du von selbst gehst.
Tipp: Vor allem solltest Du darauf achten, ob sich das Verhalten nur Dir gegenüber geändert hat. Falls das der Fall ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass etwas nicht stimmt.
6. Chef wird plötzlich zum Mikromanager
Bisher durftest Du Aufgaben erledigen, ohne ständig Rückmeldung zu geben. Doch jetzt ist Dein Vorgesetzter zum Mikromanager mutiert. Auch das kann andere Gründe haben – denn nicht selten hat ein starkes Kontrollbedürfnis mit den eigenen Ängsten und Erfahrungen der ausübenden Person zu tun.
Andererseits könnte es sich auch um Taktik handeln, damit Du schlichtweg die Biege machst. Typische Anzeichen sind, dass Du ständig und über alles berichten musst, jeder Schritt von Dir strengstens dokumentiert wird und Du kaum noch eigenverantwortlich handeln darfst. Dein Chef wird quasi zu Deinem Schatten.
Wie sollte ich jetzt reagieren?
Klar, eine Kündigung ist oft naheliegend. Womöglich schaust Du Dich bereits nach neuen Stellen um. Wenn Du Dir allerdings gar nicht sicher bist, ob Dein Arbeitgeber Dich wirklich auf seiner Abschussliste hat, solltest Du zunächst herausfinden, was Sache ist. Unsere Tipps:
- Halte alles schriftlich fest: Auffälligkeiten solltest Du unbedingt festhalten. Eine Dokumentation hilft im Zweifel nicht nur im Streitfall, sondern strukturiert Deine Gedanken. So schaffst Du Dir eine Übersicht darüber, wann etwas passiert und ob ein Muster zu erkennen ist.
- Vertraue Dich jemandem an: Unser Gehirn ist darauf trainiert, negative Situationen besonders stark wahrzunehmen und zu bewerten. Es handelt sich um eine Schutzreaktion. Deshalb ist es wichtig, dass Du Dich unbedingt jemandem anvertraust – idealerweise einem guten Freund außerhalb der Arbeit. Auch vertrauensvolle Kollegen sind eine Option. Vertrauenspersonen können die Situation aus ihrer Perspektive reflektieren, neue Impulse geben und Dir so dabei helfen, das Verhalten des Arbeitgebers besser einzuordnen.
- Sei mutig – und sprich Deinen Vorgesetzten an: Suche aktiv nach einer ruhigen Minute mit Deinem Chef. Am besten bittest Du um ein Gespräch unter vier Augen, um Deine Gedanken und Befürchtungen anzusprechen. Vielleicht klärt sich die Situation auf. Die Suche nach einem persönlichen Gespräch ist übrigens eine echte Möglichkeit, um direkt herauszufinden, ob man Dich aus der Firma drängen will. Wird Dir ein Termin angeboten? Super – das ist ein gutes Zeichen. Wirst Du andauernd vertröstet – ohne nachvollziehbare Begründung? Das ist eher ein Alarmsignal.
Die Situation spitzt sich weiter zu? Das ist zu tun
Wenn Du unglücklich bist und alle Bemühungen erfolglos bleiben, ist es wichtig, dass Du Dir Deiner weiteren Möglichkeiten bewusst wirst und die Notbremse ziehst. Dazu zählt – so hart dieser Schritt zunächst auch erscheinen mag – ein neuer Arbeitsplatz. Denn: Manipulation, Abwertung und Überlastung setzen vielen Beschäftigten psychisch zu. Umso wichtiger ist es, sich selbst zu schützen.
Aus einer belastenden Situation heraus, wie Du sie gerade erlebst, kannst Du mit der Suche nach neuen Möglichkeiten auch neue Kraft und Hoffnung schöpfen.
Tipp: Wer sich wirklich unfair behandelt fühlt, sollte übrigens nicht davor zurückschrecken, sich juristischen Rat zu holen. Auch wenn Arbeitgeber sich häufig in einer machtvollen Position befinden, sollten Mitarbeiter ihre Rechte kennen und sie nutzen.