Stell dir vor, du sitzt in einem wichtigen Meeting. Wochenlang hast du an diesem Pitch gearbeitet, jede Zahl doppelt und dreifach geprüft, jede Folie perfektioniert. Jetzt soll alles zusammenlaufen. Du teilst deinen Bildschirm. Du klickst auf „Start“.

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Und dann: Statt der Umsatzprognosen erscheinen deine Hochzeitsfotos. Selfies mit Sonnenbrille. Tanzvideos vom Abend danach. Kurz herrscht Stille, dann fangen die ersten an zu kichern. Und du? Du möchtest am liebsten einfach nur verschwinden. Fehler wie diese passieren. Viel öfter, als man denkt. Und sie verfolgen uns. Noch Wochen später wachst du nachts auf und denkst an genau diesen Moment zurück.

Doch die eigentliche Frage ist: Was bleibt davon? Nur die Peinlichkeit? Oder nehmen wir wirklich etwas mit – jenseits von Anekdoten für die nächste Weihnachtsfeier? Denn so sehr wir auch sagen: „Aus Fehlern lernt man“ – die Wissenschaft ist da eher skeptisch.

Warum wir aus Fehlern selten von allein klüger werden

„Fehler sind Lernchancen“ – so heißt es in unzähligen Karriere- und Erfolgsratgebern. Nur leider zeigt die Forschung immer wieder: Ganz so einfach ist es nicht. Studien belegen, dass Menschen dazu neigen, ihre eigenen Fehltritte kleinzureden oder zu verdrängen. Warum? Weil es unangenehm ist, sich einzugestehen, dass man danebenlag. Unser Gehirn liebt Konsistenz – und Fehler stören das Bild, das wir von uns selbst haben: kompetent, schlau, professionell.

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Ergebnis: Wir ignorieren den Patzer lieber, suchen Ausreden oder deuten ihn um („War halt Pech“). Und so machen wir denselben Fehler irgendwann wieder. Was also tun?

Schritt eins: Den Fehler wirklich zulassen

Klingt banal, ist aber oft der Knackpunkt. Die meisten von uns gehen innerlich sofort in Verteidigungshaltung. Wir rechtfertigen uns. Schieben den Fehler auf die Technik, den Stress, die Kollegen. Dabei wäre der erste, mutigste Schritt: sagen „Ja. Das war mein Fehler.“ Ohne Relativierung. Ohne Schutzschild. Und genau da beginnt dann auch der Teil, der wirklich weiterbringt.

Schritt zwei: Analyse statt Ausrede

Nimm deinen Fehler auseinander. Wie ist es dazu gekommen? Welche Entscheidung war falsch? Welcher Moment hätte anders laufen können? Hier lohnt sich die berühmte „5-Why-Methode“: Frag dich fünfmal hintereinander „Warum?“ – bis du an der Wurzel angekommen bist.

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Beispiel:

  • Warum lief die Präsentation schief?
    Weil ich die Dateien verwechselt habe.
  • Warum habe ich die Dateien verwechselt?
    Weil ich im Stress war.
  • Warum war ich im Stress?
    Weil ich das Projekt zu spät begonnen habe.
  • Warum habe ich es zu spät begonnen?
    Weil ich dachte, es wäre weniger aufwendig.
  • Warum habe ich das gedacht?
    Weil ich die Aufgaben falsch eingeschätzt habe.

Und schon bist du bei der eigentlichen Lektion: Beim nächsten Mal realistischer planen – und früher anfangen.

Schritt drei: Darüber reden

Und zwar offen. Ja, das kostet Überwindung. Aber wenn wir unsere Fehler teilen – mit Freunden, Bekannten, Kollegen, machen wir uns nicht kleiner. Im Gegenteil: Wir schaffen Vertrauen. Gerade Führungskräfte sollten hier vorangehen. Wer als Chef nie eigene Fehler zugibt, erzeugt in erster Linie nur eines – Angst vor Fehlern. Da, wo Fehler vertuscht werden müssen, entstehen keine Innovationen. Mut zum Risiko? Lieber nicht. Unternehmen, die das verstanden haben, investieren längst in Formate wie „Failure Nights“, regelmäßige Retrospektiven oder Workshops, in denen offen über das gesprochen wird, was schiefgelaufen ist. Nicht, um die Schuldigen zu finden. Sondern um als Team besser zu werden.

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Und was ist mit Humor?

Der gehört dazu. Denn, mal ehrlich: Was wäre die Alternative? Sich wochenlang selbst gedanklich zu zerfleischen? Irgendwann ist der Moment gekommen, in dem du deinen Fauxpas in eine Geschichte verwandelst. Die du erzählen kannst. Die zeigt: Ich bin auch nur ein Mensch. Der erste Arbeitstag, an dem du dir Kaffee über den Laptop gekippt hast. Der peinliche Zahlendreher in der Pressemitteilung. Der Moment, als du dachtest, dein Mikro sei aus – und es war natürlich an. All das gehört zu deiner Job-Biografie. Und je mehr du darüber lachen kannst, desto weniger lähmt dich die Angst vor dem nächsten Fehler.

Nur Fehler, über die wir sprechen, bringen uns weiter

Denn das ist der Punkt: Fehler, die wir totschweigen, bleiben Fehler. Sie nisten sich ein, wiederholen sich, blockieren uns. Fehler, über die wir reden – mit uns selbst und anderen –, können dagegen etwas Neues in Gang setzen: Erkenntnis, Veränderung, Fortschritt. Und vielleicht, mit ein bisschen Abstand, sogar Freude. Weil wir merken: Perfekt ist hier niemand. Und das ist auch gut so. Und jetzt du: Wann hast du dich das letzte Mal im Job so richtig blamiert? Was hast du daraus gelernt – oder eben auch nicht?

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Hinweis in eigener Sache:  Du fühlst dich im Job frustriert und brauchst einen klaren Plan für deinen Neustart? In unserem Guide „Die Exit-Strategie“ erfährst du, wie du deinen Absprung sicher meisterst – von der Kündigung bis zur Jobsuche. Hier geht’s zum Guide!
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