Der Jobverlust ist für viele Menschen ein absolutes Horrorszenario. Ist der erste Schock überwunden, stellen sich viele Arbeitnehmer die Frage, ob ihnen nach der Kündigung eine Abfindung zusteht. Und wenn ja, in welcher Höhe, was bleibt nach Steuern am Ende überhaupt übrig und wie wird sie berechnet?
Inhalt
1. Was ist eine Abfindung?
2. Wer bekommt eine Abfindung?
3. Anrechnung auf das Arbeitslosengeld
4. Abfindung einfordern
5. Höhe der Abfindung berechnen
6. Abfindung versteuern
7. Fünftelregelung milder Steuerlast
Was ist eine Abfindung?
Bei der Abfindung handelt es sich um eine Entschädigungszahlung des Arbeitgebers an den gekündigten Arbeitnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis vorzeitig beendet wird. Ob dem Arbeitnehmer allerdings eine solche Abfindung zusteht und in welcher Höhe, hängt stark vom jeweiligen Einzelfall ab. Sie ist in Deutschland gesetzlich verankert. Solltest du vermuten, dass du bei einer arbeitnehmerseitigen Kündigung Anspruch auf eine Abfindung haben könntest, oder du möchtest dich über die dir zustehende Höhe informieren, suche am besten einen auf das Arbeits- und Kündigungsschutzrecht spezialisierten Anwalt.
Wer bekommt eine Abfindung?
Nicht immer erhältst du bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung automatisch eine angemessene oder überhaupt eine Abfindung. Im Gegenteil: Es handelt sich dabei sogar um einen absoluten Ausnahmefall.
Gesetzlich vorgeschrieben ist die Abfindung ausschließlich in folgenden fünf Fällen:
- In Ausnahmefällen hat der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag Regelungen zu einer eventuellen Abfindungszahlung festgehalten, im Sinne von: Wenn du aus diesem oder jenem Grund gekündigt werden solltest, erhältst du eine Abfindung in folgender Höhe…
- Häufiger ist allerdings der Fall eines Aufhebungsvertrages: Da der Arbeitgeber dich nicht einfach grundlos kündigen kann, offeriert er dir eventuell die freiwillige Auflösung deines Arbeitsvertrages gegen Zahlung einer entsprechenden Abfindung. (Achtung: Dies kann die Sperrung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben)
- Wirst du aufgrund eines Sozialplans oder einer Betriebsänderung entlassen, steht dir eine Abfindung als Ausgleich der dir dadurch entstandenen Nachteile zu. Du kannst dennoch Kündigungsschutzklage einreichen und so entweder die Wiedereinstellung erwirken oder sogar die Zahlung einer weiteren, noch höheren Abfindung.
- Eine Kündigungsschutzklage kannst du auch bei jeder anderen Art der Kündigung einreichen. Ziel ist prinzipiell die Wiedereinstellung. Ist diese jedoch für dich als Arbeitnehmer unzumutbar, wird eventuell die Zahlung einer Abfindung im Urteil festgelegt.
- Manchmal weist der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung aus betriebsbedingten Gründen darauf hin, dass du im Falle des Unterlassens einer solchen Kündigungsschutzklage eine Abfindung erhältst. Die Zahlung findet dann in der Regel nach drei Wochen statt, nachdem also deine Frist zur Klageeinreichung abgelaufen ist. Lese das Kündigungsschreiben daher genau und lasse dir Passagen, die dir unverständlich erscheinen, von einem Anwalt erläutern.
Anrechnung auf das Arbeitslosengeld
Eine Abfindung verkürzt deinen ALGI-Anspruch nicht und auch angerechnet wird sie nicht prinzipiell. Ausnahme: Solltest du durch einen Aufhebungsvertrag oder Tarifvertrag die Kündigungsfrist verkürzen und dadurch die im Arbeitsvertrag festgelegte Kündigungsfrist nicht einhalten, erhältst du das Arbeitslosengeld erst ab dem Zeitpunkt, an welchem die ordentliche Kündigung wirksam gewesen wäre. Du musst die Abfindung dann zur Überbrückung dieses Zeitraums nutzen. Zu diesem Zweck wird sie anteilig mit dem Arbeitslosengeld verrechnet.
Abhängig von den Jahren Ihrer Unternehmenszugehörigkeit und deinem Alter werden dabei 25 bis 60 Prozent deiner Abfindung berücksichtigt. Andersherum bedeutet das: Solange du die ordentliche Kündigungsfrist einhältst, wird die Abfindung in der Regel nicht mit dem Arbeitslosengeld verrechnet. Du solltest deinen Abfindungsanspruch daher unbedingt einfordern.
Abfindung einfordern
Der einzige Weg, eine Abfindung einzufordern, wenn sich diese nicht bereits aus Regelungen im Arbeits-, Aufhebungsvertrag oder der Kündigungserklärung ableitet, ist die sogenannte Kündigungsschutzklage.
Beachte: Für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage hast du ab Erhalt der Kündigung lediglich drei Wochen Zeit.
Wird die Kündigungsschutzklage also innerhalb dieser dreiwöchigen Frist eingereicht, befindest du dich entweder wieder mit dem Arbeitgeber in Verhandlung oder der Fall geht vor Gericht. Das Ziel einer Kündigungsschutzklage ist aber in erster Linie nicht die Abfindung, sondern stets die Wiedereinstellung. Hast du also „gewonnen“, kannst du prinzipiell an deine alte Arbeitsstelle zurückkehren. Dass dies für viele Arbeitnehmer allerdings nicht zumutbar ist, da sie offensichtlich unerwünscht sind oder sogar gemobbt wurden, ist auch dem Gericht klar. Kannst du diese Unzumutbarkeit also glaubhaft darlegen, wird im Urteil anstelle der Wiedereinstellung eventuell eine Abfindung bestimmt. Ansonsten wäre nach der Wiedereinstellung auch ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag mit entsprechender Abfindung zwischen dir und dem Arbeitgeber denkbar.
Höhe der Abfindung berechnen
Bei der Festlegung der Abfindungshöhe orientiert sich das Gericht in der Regel an folgenden Werten: Pro Beschäftigungsjahr bei dem Unternehmen erhältst du ein halbes bis ganzes Bruttomonatsgehalt. Eine gesetzliche Grundlage gibt es hierfür allerdings nicht. Die Abfindung ist daher stets Verhandlungssache.
Da das Gericht natürlich verhindern möchte, dass Unternehmen willkürlich Kündigungen aussprechen, wenn der Arbeitnehmer ohnehin noch nicht so lange beschäftigt war und die Abfindung dadurch „günstig“ wäre, sind Abfindungen bei kürzeren Beschäftigungsdauern im Vergleich höher als bei längerer Betriebszugehörigkeit.
Eine noch höhere Abfindung ist möglich, wenn du aufgrund einer Kündigung nach Sozialplan bereits eine Zahlung erhalten hast, aber dennoch gegen die Entlassung den Klageweg beschreitest. Es gilt also: Spiele deine Verhandlungsposition so gut wie möglich aus, hebe die dir aus der Kündigung entstandenen Nachteile hervor und teste dein Verhandlungsgeschick. Ein erfahrener Anwalt an deiner Seite ist bei der Kündigungsschutzklage Gold wert. Wie unterschiedlich die Abfindungshöhe sein kann, zeigt folgende auf Statista veröffentlichte Grafik:
Mehr Statistiken findest du bei Statista
Abfindung versteuern
Leider bleibt dir von deiner Abfindung nicht der gesamte Betrag erhalten. Sie wird vom Fiskus nämlich seit dem Jahr 2006 als übliche Lohnzahlung behandelt und entsprechend versteuert. Allerdings fällt sie unter die sogenannten außerordentlichen Einkünfte. Das bedeutet, dass du die Vorteile der sogenannten Fünftelregelung nutzen kannst.
Die Fünftelregelung milder Steuerlast
Bei der Fünftelregelung wird – wie der Name bereits vermuten lässt – die Abfindung durch Fünf geteilt. Das Fünftel wird anschließend auf das Jahresbruttogehalt angerechnet und daraus errechnet der Steuerbeamte den Steuersatz sowie den auf die Abfindung zu zahlenden Steuerbetrag. Dieser wird wieder mit Fünf multipliziert und schon ergibt sich die endgültige auf die gesamte Abfindung zu zahlende Steuer. Du hältst den Steuersatz dadurch also „künstlich“ niedriger als bei der Anrechnung der gesamten Abfindung auf ein Steuerjahr. Gerade bei hohen Abfindungen im fünf- oder sogar sechsstelligen Bereich sparst du dir hierdurch mehrere hundert bis tausend Euro.
Fazit
Die Abfindung ist ein solch komplexes Thema, dass du am besten direkt nach Erhalt der Kündigung die Beratung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt suchst. Selbst, wenn du bereits eine Abfindung erhalten hast, kann nämlich der Klageweg im Sinne einer Kündigungsschutzklage lohnenswert sein. Und solltest du schlussendlich doch keine Abfindung erhalten, so kannst du die kritische Zeit ja zumindest mit dem ALGI überbrücken.
Bildnachweis: Andrey_Popov/Shutterstock.com








8 Kommentare
Ich war 17 Jahre in einer Firma beschäftigt. Von heute auf morgen sollte ich gehen, habe Abfindung verlangt. Wollten die nicht zahlen, weshalb ich es eingeklagt habe. Zum Schluss mussten die die Abfindung doch an mich zahlen. Lasst Euch nicht beirren und kämpft für das was euch zusteht! Mfg
ich kann nur zustimmen, schließt vor Allem eine Arbeitsrechtschutzversicherung ab (alternativ Gewerkschaftsmitgliedschaft). Wenn man den Job verliert weiß man nicht ob eine Klage Erfolg haben wird , aber die Klage kostet ab der 2. Instanz gutes Geld. Das scheut man in existentiell bedrohlicher Situaton aus Erspartem aufs Spiel zu setzen.
Ich weiß wovon ich rede, ich war froh eine zu haben sonst hätt ich nicht geklagt. UND ich hab zwar nicht den Bundesarbeitsgerichtsprozess (zu dem kam es nicht mehr) aber den Kampf gewonnen: Der Ex AG hat mir Gehaltsnachzahlugn + Abfindung gezahlt bei Akzeptanz der Kündigung vor dem höchstinstanzlichen Gerichtstermin. Ja kämpft !! Der Erfolg ist nicht garantiert aber es gibt gute chancen.
Hallo,
ich arbeite in einer Firma als Bäcker.
Würde mich ab den 01.01.2012 nach 11 Jahren kündigen, weil der Betrieb rote Zahlen schreibt. Allerdings hat mein Chef mir eine andere Tätigkeit vorgeschlagen und zwar als Gärtner. Muss ich diesen Job annehmen? Wenn nicht, bekomme ich dann noch Abfindung und wenn ja wie hoch?
Blöde Situation für mich diese Geschichte, brauch Infos, um das Richtige entscheiden zu können.
Lg
José
Hallo,
den Job musst du natürlich nicht annehmen. Man sollte nur Jobs annehmen, die der eigenen Qualifikation entsprechen und dementsprechend zumutbar sind. Zwischen einem Bäcker und einem Gärtner ist ein ziemlich großer Unterschied.
Was die Abfindung betrifft, hängt die nur von der Zugehörigkeit im Unternehmen und dem Bruttolohn ab und nicht von der Art des Berufes. Die Höhe muss das Gericht entscheiden, aber man sagt es ist immer ein halbes Brutto-Gehalt pro Jahr das man im Unternehmen gearbeitet hat. Ab 6 Monaten wird immer auf ein volles Jahr aufgerundet.
Viele Grüße
Habe da auch mal eine Frage. Arbeite seit 13 Jahren in meinem Betrieb und die Arbeit macht mir echt spass. Nun wird die jetzige Firma gesplittet. Ein Geschäftsbereicht (in dem ich arbeite) wird abgesplittet und dafür wird eine neue Firma gegründet. (Mein jetziger chef ist dann Geschäftsführer beider firmen). Wir bekommen lt. seiner mündlichen Aussage dann neue Arbeitsverträge. Was ist mit meiner Betriebszugehörigkeit. Verliere ich diese dann. Das will ich aber nicht. Kann man da was machen. Kann ich auf diese vertraglich bestehen ? Will auf den „neuen“ Arbeitsvertrag vorbereitet sein.
bekomme ich eine abfindung bei einem aufhebungsvertrag? bin 11 jahre im unternehmen, und wechsel jetzt aus gesundheitlichen gründen den job, kündigen konnt ich nicht, da meine kündigungsfrist 5 monate beträgt
Hallo,
Meine Mutter arbeitet seit 21 Jahren beim Tierarzt. Damals wurde kein Arbeitsvertrag abgeschlossen.
Nachdem sie im letzten Jahr wegen Umzug ihren Jahresurlaub genommen hat und kurz drauf eine Woche krankgeschrieben war, hat der AG noch jemanden für einen halben Tag die Woche eingestellt. Seit dem wirkt er unnahbar, so, dass vermutut werden kann dass die Kündigung droht. Ausserdem weigert er sich noch, den Mindestlohn zu zahlen, bzw versteckt die Abrechnungen die ja meiner Mutter zustehen. Steht ihr Trotz fehlendem Vertrag eine
Abfindung zu?
Hallo Tochter Kerstl,
ja, da ein Vertrag nicht nur schriftlich erfolgen muss. Ich gehe davon aus, dass deine Mutter monatlich Geld überwiesen bekommen hat. Wenn das so ist, zählt das auch schon als Vertrag. So ähnlich ist es bei Mieten. Ein schriftlicher Vertrag ist nicht zwingend notwendig. Wende dich aber an einen Anwalt mit Fokus auf Arbeitsrecht und lass dich beraten.
Viel Glück und Grüße
Gast